0124 - Wir entrissen den Raubtieren ihr Opfer
dem Kind sagen wollte, das ich erwartete. Dann erwischte Dad mich wieder und wollte mich in eine Besserungsanstalt stecken. Kurz, ich schaffte es, wegzukommen, und schlug mich so lange durch, wie ich konnte. Dann ging ich ins Krankenhaus. Dass ich das Kind nicht wollte, können sie sich vielleicht vorstellen. Damals hasste ich Jimmy, und als Stephanie, die das wohl gemerkt hatte, mir vorschlug, den Jungen als den ihrigen auszugeben, war ich damit einverstanden. Als sie sich dann verlobt hatte und wir uns trennten, bekam ich bereits Reue, aber was sollte ich denn mit einem Kind tun? Ich hatte ja für mich selbst nicht genug. Ich war Gesellschaftsdame, wie man das so nennt, in verschiedenen Lokalen. Mit der Zeit lernte ich den Dreh und schaffte mir reiche Freunde an. Das ging so lange weiter, bis ich Jeff kennenlernte und mich in ihn verliebte. Ich weiß ganz genau, wer er ist. Aber das ist mir gleichgültig. Er war immer gut zu mir. Dann dachte ich oft an Jimmy und bekam die fixe Idee, ich müsste ihn zurückhaben. Ich machte Stephanie ausfindig. Zuerst bat ich sie, und als sie sich weigerte, drohte ich ihr. Das Gericht konnte ich ja nicht in Bewegung setzen. Man hätte mich eingesperrt, und ich hätte den Jungen doch nicht bekommen. Zuletzt, vor ein paar Wochen mietete ich ein paar Männer, die Jimmy holen sollten, aber sie schafften es nicht. Als ich wieder anrief, erklärte Stephanie mir, sie hätte Jimmy an einem sicheren Ort versteckt, ich könnte mir alle weitere Mühe sparen. Ich gab aber nicht auf, und dann hörte ich mit Schrecken, dass die Frau, bei der Jimmy gewesen war, ermordet und das Kind entführt, worden war. Ich glaubte ihr das nicht. Ich hielt es für Lüge.«
»Und wie war das mit der Ermordung des Geigers Geoffrey, dem Sie 54 doch am gleichen Abend im Anchor & Crown begegneten und erkannten?«
»Damit habe ich bestimmt nichts zu tun. Im Gegenteil, als ich sah, wie heruntergekommen er war, bekam ich Mitleid mit ihm und schenkte ihm zwanzig Dollar.«
»Sind Sie jemals in Männerkleidern ausgegangen?«, fragte ich.
»Ich? Warum sollte ich das tun? Dazu habe ich keine Veranlassung.«
»Davon reden wir später«, meinte ich. Aber jetzt kommen wir zur Hauptsache. Vor zwei Tagen telefonierten Sie wieder mit Mrs. Bliss, und bei dieser Gelegenheit sagte Ihnen diese, sie hätte einen Erpresserbrief bekommen, in dem hunderttausend Dollar für die Rückgabe Jimmys gefordert wurden. Sie gab Ihnen auch die Adresse des Hauses in der Marion Avenue, wo sie sich um neun Uhr abends einfinden sollte.
»Als Mrs. Bliss und auch ich dort ankamen, war die Frau, die die Erpressung versucht hatte, erschossen. In ihrem Haus hatte jemand offensichtlich nach dem Kind gesucht. Die dort gefundenen Fingerabdrücke sind die Ihrigen, und ich bin sicher, dass auch die Fußspuren, die wir festgelegt haben, zu Ihren Schuhen passen. Diese Frau, eine gewisse Sylvia Long, wurde mit derselben 32er Pistole erschossen, mit der auch Geoffrey ermordet wurde. Was haben Sie dazu zu sagen?«
»Stephanie hatte mir alles gesagt, und es war selbstverständlich, dass ich versuchen wollte, ihr zuvorzukommen. Ich fuhr nach der Marion Avenue, aber als ich dort ankam, fand ich nur eine Tote. Im ersten Schreck kniete ich neben ihr nieder, aber dann sah ich, dass nichts mehr zu machen war. Ich hatte die Hoffnung, Jimmy dennoch zu finden, und durchsuchte das Haus. Als auch das umsonst war, flüchtete ich.«
»Wissen Sie, dass auch Ihr Vater nach Jimmy suchen ließ und dass auch er von der gleichen Person einen Erpresserbrief bekommen hat?«
»Dann weiß ich nicht, warum Sie mich verdächtigen. Halten Sie sich an meinen Vater. Er wird wohl wissen, wo der Junge steckt.«
»Ihr Vater ist ein schwerkranker Mann und vollkommen verzweifelt, dass Jimmy verschwunden ist. Da irren Sie sich.«
Sie zuckte ungläubig die Achseln.
»Ich habe Ihnen alles gesagt, was ich zu sagen habe. Ich kann sie nicht daran hindern, mich einzusperren, aber Sie werden das bereuen. Suchen Sie den wirklichen Mörder und vor allem das Kind. Wenn Jimmy etwas zugestoßen ist, so werden Sie mir das büßen.«
Ihre Augen blitzten vor Wut, und ihre Fäuste waren geballt. So sah wirklich keine Frau aus, die zwei Morde auf dem Gewissen hat und des einen fast überführt ist.
»Wann sind Sie in der Marion Avenue angekommen?«, fragte ich.
»Es war fast halb neun. Stephanie hatte mir, als ich sie um acht Uhr anrief, die Wahrheit gesagt, und ich fuhr so schnell ich konnte.«
Mir
Weitere Kostenlose Bücher