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0125 - Der Leichenbrunnen

0125 - Der Leichenbrunnen

Titel: 0125 - Der Leichenbrunnen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jason Dark
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Fahrbahn heran. Oft begegneten ihm Reiter, die dicht am Straßenrand entlangritten.
    Dann überholte er einen Trecker. Später einen Gemüsewagen.
    Von den Stimmen hörte er nichts.
    Die Straße beschrieb eine lange Kurve. Jetzt war es nur noch eine Meile bis zum Ziel. Horse Lodge mußte hinter der Kurve schon zu sehen sein.
    Lionel schaltete zurück, drehte am Lenkrad und zog den Cherry in die Kurve.
    Die Straße tauchte ein in den Wald, der durch das Unterholz so dicht war, daß kaum Helligkeit bis auf den Boden fiel.
    Richtig unheimlich, dachte Lionel Finch.
    Und plötzlich hörte er die Stimmen wieder. Sie waren wie starke Schmerzen, so daß er sich kaum auf das Fahren konzentrieren konnte.
    Es ist schön, daß du gekommen bist. Wir erwarten dich schon…
    »Wer erwartet mich?« stöhnte der Fahrer.
    Sieh nach vorn…
    Lionel Finch gehorchte. Er fuhr jetzt nur im Schrittempo, schaute durch die Frontscheibe – und sah die Gestalt.
    Ein Skelett!
    Es stand mitten auf der Fahrbahn, trug einen langen dunklen Umhang, der einer Mönchskutte glich, und hatte beide Arme ausgebreitet. Der Totenschädel unter der Kapuze grinste den Fahrer hämisch an.
    Lionel schluckte.
    Dann tat er das einzig Richtige in dieser Situation. Sein Fuß wechselte auf das Gaspedal, trat es voll durch.
    Der Motor heulte übertourig auf. Gleichzeitig machte der kleine Datsun einen regelrechten Bocksprung nach vorn und raste auf das Skelett zu.
    Die Räder radierten über den Asphalt, ließen Gummispuren zurück, und einen Atemzug später spürte Lionel den Aufprall.
    Mit der Kühlerschnauze prallte der Wagen gegen das auf der Straße stehende Skelett, schleuderte es zurück, so daß es auf die Fahrbahn fiel und alle vier Räder über die Knochen malmten.
    Sie zerbrachen die Gebeine. Es knirschte häßlich, dann war der Datsun darüber hinweg.
    Lionel Finch atmete auf. Er war in Schweiß gebadet, die letzten Sekunden hatten ihn geschlaucht. Er begriff überhaupt nicht richtig, was er getan hatte, bis er die Stimmen vernahm.
    Du hast einen von uns getötet. Es wird dir noch leidtun. Du hast dort angefangen, wo dein Ahnherr aufgehört hat. Ihr habt euch nicht geändert, ihr Finchs…
    »Nein!« schrie Lionel. »Verdammt, hört auf, ich…« Er spürte den stechenden Schmerz im Schädel und faßte sich mit beiden Händen an den Kopf, wobei er zwangsläufig das Lenkrad loslassen müßte.
    Das wurde ihm zum Verhängnis.
    Noch stand der Wagen nicht. Ohne Stützhilfe am Lenkrad, driftete er nach rechts, die Räder schlugen ein, und der Cherry fuhr auf den Straßengraben zu.
    Lionel konnte ihn auch nicht vorher stoppen. Er hörte einen dumpfen Schlag unter dem Wagen, etwas brach, und dann wurde er selbst gegen das Lenkrad geschleudert. Der Aufprall war hart.
    Die viel zu engen Gurte hielten ihn kaum. Sein Kopf knallte wieder zurück und schlug gegen die Nackenstütze. Sie war dem Druck nicht gewachsen und brach.
    Dann wurde es still. Auch der Motor lief nicht mehr. Lionel hatte ihn abgewürgt.
    Sekundenlang blieb er im Wagen sitzen. Er tastete seinen Körper ab und atmete beruhigt auf, als er feststellte, daß doch nichts gebrochen war. Nur beim Atmen stach etwas in der Rippengegend.
    Die Tür ließ sich zum Glück öffnen, sie war nicht verklemmt.
    Zweimal warf sich Lionel dagegen, dann sprang sie so heftig auf, daß er fast aus dem Wagen gefallen wäre, wenn der Gurt ihn nicht gehalten hätte. Er löste ihn und stieg aus.
    Mit beiden Füßen stand er im Straßengraben. Restfeuchtigkeit hatte einen schmierigen Film hinterlassen, der seine Schuhe bedeckte. Den Wagen konnte er wegwerfen. Da war nichts mehr heil. Die Frontseite glich einer eingedrückten Ziehharmonika. Auch die Scheiben waren zersplittert. An der Stellung der Vorderräder erkannte er, daß die Achse gebrochen war.
    Pech auf der ganzen Linie.
    Fluchend kletterte Lionel Finch aus dem Graben. Er stand auf der Straße und schaute sich um.
    Links von ihm – ein paar Yards entfernt – lagen die bleichen Gebeine auf dem grauen Asphalt. Sie hoben sich sehr deutlich von der Unterlage ab. Ein Schauer rann über Lionels Rücken, als er die Knochen sah. Die dunkle Kutte war bis an den Rand der Straße geweht worden.
    Eingebildet hatte er sich das Ganze also nicht. Aber in was rutschte er da hinein? Ein Skelett, das lebte, Stimmen in seinem Hirn – das war der reinste Horror. Bisher war er noch nie in seinem Leben mit solchen Dingen in Berührung gekommen, zwar kannte er die alten englischen

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