0125 - Wir stutzten ihm die Krallen
nicht?«
»Die Beleuchtung des Zimmers ist zu schlecht. Ich habe es ja gesehen, als ich hier noch bei Licht saß.«
»Das wird umgehend geändert werden.«
»Mir fehlen meine Farben, meine Pinsel, mein ganzes Handwerkszeug.«
»Sie werden mit den beiden Männern, von denen Sie gebracht wurden, noch einmal nach Hause fahren und alles holen.«
»Außerdem bin ich ein starker Raucher. Ohne Zigaretten kann ich mich einfach nicht auf meine Arbeit konzentrieren.«
»Ich habe Ihnen schon fünf Packungen Zigaretten auf den Tisch gelegt. Sobald diese fünf Päckchen leer sind, bekommen Sie neue. Es soll Ihnen an nichts fehlen. Sie dürfen nur diesen Raum nicht verlassen, bis Sie Ihre Arbeit vollendet haben.«
»Dann kann’s von mir aus mit der Arbeit losgehen«, sagte Johnny. »Von dem Geld kann ich hinterher gut ein halbes Jahr leben. Auf so einen Auftrag habe ich schon immer gewartet…«
»Sie sind sehr vernünftig, mein Lieber. Das ist gut für Sie«, näselte die fremde Stimme in der Dunkelheit. »Man wird Sie jetzt noch einmal nach Hause bringen, damit Sie alles Notwendige holen können. Ich wäre Ihnen verbunden, wenn Sie Ihren Auftrag so sorgfältig und so schnell wie möglich erfüllen könnten, ohne dass durch Tempo die Qualität der verlangten Skizzen zu leiden hat.«
Johnny versprach auch dies. Ohne dass noch ein weiteres Wort gesprochen wurde, klappte die Tür und das Licht flammte gleich darauf wieder auf. Offenbar hatte man einfach eine Sicherung herausgeschraubt, als man ihm die Stromzufuhr abschnitt.
Mit einer gewissen Genugtuung sah Johnny die fünf Zigarettenpackungen auf dem Tisch liegen. Die oberste muss er doch wenigstens berührt haben, dachte Johnny. Vielleicht kann das FBI etwas mit seinen Fingerabdrücken anfangen…
***
Ich klopfte gegen Johnnys Tür.
»Es brennt kein Licht«, sagte Phil, der durchs Schlüsselloch blinzelte.
»Vielleicht liegt er im Dunkeln auf seiner alten Couch«, sagte ich.
Ich klopfte noch einmal. Es kam keine Antwort.
»Sagtest du nicht, dass du ihm von dir aus einen Vorschuss auf seine Skizzen gegeben hättest? Vielleicht sitzt er damit in einer Kneipe und feiert seinen unerwarteten Reichtum.«
»Das wäre natürlich möglich, Phil. Hoffentlich ist es nichts Schlimmeres.«
Ich klopfte noch einmal laut und vernehmlich gegen die Tür. Nichts rührte sich.
»Er wird es uns wohl nicht übel nehmen, wenn wir mal nachsehen«, sagte ich zu Phil. »Johnny schließt nämlich nie ab. Er glaubt, dass bei ihm nichts zu holen wäre. Künstlernatur, nichts zu machen.«
Ich schob die Tür auf und suchte den Lichtschalter. Offengestanden, ich wäre nicht überrascht gewesen, wenn wir Johnny mit einem Messer in der Brust auf dem Fußboden vorgefunden hätten. Dass es nicht der Fall war, beruhigte mich ein wenig, denn ich hatte mir schon während der ganzen Herfahrt Vorwürfe gemacht, weil ich nicht selbst auf den Gedanken gekommen war, dass Johnny in Lebensgefahr schwebte.
»Das mit der Kneipe scheint zu stimmen«, sagte ich erleichtert, als wir uns umgesehen und die Reste einer kleinen Mahlzeit sowie eine halb volle Whiskyflasche gefunden hatten. »Wenn er die halbe Flasche’allein ausgetrunken hat, müsste er mindestens einen Schwips haben. Da erwacht oft das Bedürfnis nach Geselligkeit. Komm, sehen wir uns mal in der Umgebung um.«
Wir verließen Johnnys kleine Wohnung, die aus einem einzigen großen Raum bestand, der Atelier, Wohn-, Schlaf- und Badezimmer gleichzeitig darzustellen hatte. Eine Etage tiefer erkundigten wir uns bei einem jungen Bildhauer; ob er vielleicht eine Ahnung habe, wo man Johnny treffen könne.
»Um die Zeit?«, sagte der junge Mann mit dem Vollbart nachdenklich. »Wenn ein Wunder geschehen ist und Johnny zu Geld gekommen ist, könnte er im Mayland’s Inn sein. Dort ist eine Serviererin, die’s ihm angetan hat.«
»Und wo finden wir Mayland’s Inn?«, wollte Phil wissen.
»In der 87sten.«
»Okay. Vielen Dank für die Auskunft.«
»Nichts zu danken.«
Wir stiegen die Treppen wieder hinab. Johnny wohnte in einem Haus, das mir vorkam, als wäre es noch vor dem Bürgerkrieg gebaut worden. Jedenfalls war von einem Fahrstuhl keine Rede und hübsch war die Bude auch nicht. Dafür durfte man annehmen, dass die Mieten niedrig lagen, was für junge Künstler vermutlich das Wichtigste an einer Wohnung ist.
Mit meinem Jaguar fuhren wir in die 87. Straße. Unterwegs telefonierte Phil über Sprechfunk mit Mr. High. Er hatte den Lautsprecher des
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