0127 - Die Eisvampire
murmelte er. »Tot…«
Berger zuckte zusammen. »Wer ist tot? Mein Vater? Rede doch, Jo. Sag es…«
»Tot – er will mich töten. Ich… ich sah ihn. Vampir … Zähne. Vorsicht, er ist …«
Der Verletzte schwieg wieder, aber jeder von uns hatte seine Worte vernommen.
Vampir!
Da hatten wir es. Er mußte auf die Vampire getroffen sein. Also war es höchste Zeit, etwas zu unternehmen. Doch Spengler hatte es geschafft und war den Blutsaugern entkommen. Wie, das hätte ich auch gern gewußt.
»Wo ist mein Vater?« Max Berger ließ nicht locker. »Hast du ihn gesehen?«
Jo Spengler quälte sich ein »Ja« über die Lippen, verzog aber sofort das Gesicht. »Seilbahn, wir waren in der Seilbahn. Er… er wollte mich töten …«
Max erschrak. »Mein Vater?«
»Ja. Er ist kein Mensch mehr. Vampir… Vorsicht. Gefährlich. Ich … ich hatte Angst. Gesprungen …«
Mehr sagte er nicht. Er bäumte sich noch einmal auf und wurde wieder bewußtlos.
Max Berger hob in einer hilflosen Geste beide Schultern. Er konnte es nicht fassen und begriff die Worte des Schwerverletzten einfach nicht. Das ging über seinen Horizont.
»Der redet im Fieber«, murmelte er.
Da war ich gar nicht so sicher, sagte jedoch nichts. Auch ich hatte mir die Worte sehr gemerkt. Demnach mußte Max Bergers Vater ein Vampir sein. Wie wurde man das? Ganz einfach. Man mußte auf andere Vampire treffen und sich von ihnen beißen lassen, dann setzte automatisch die Verwandlung ein. Als Ergebnis war das Geschöpf der Nacht geboren.
Die Sirene des Krankenwagens jaulte auf. Der Wagen kam vom Ort hoch. Er wurde hart gefahren und ging mit radierenden Reifen in die Kurve.
Die Masse der Neugierigen war größer geworden. Spaziergänger blieben stehen und schauten zu, wie der Krankenwagen über den Parkplatz fuhr und hart abgebremst wurde.
Die Türen sprangen auf, und die Sanitäter spritzten aus dem Fahrzeug.
Ein Arzt folgte. Er trug einen weißen Kittel, nickte den Männern aus Hallstadt kurz zu und beugte sich über den Verletzten.
»Können Sie jetzt schon etwas sagen, Doktor?« fragte der junge Berger.
»Schwerlich, aber der Mann hat Glück gehabt. Meiner Schätzung nach wird er durchkommen.« Der Arzt erhob sich und gab den Sanitätern einen Wink.
Sie hatten bereits die Trage aus dem Wagen geholt. Der Verletzte wurde darauf gebettet.
Wenig später fuhr der Wagen ab. Der Arzt war hinten mit eingestiegen.
Wir schauten dem Fahrzeug nach, bis es verschwunden war. Ich warf Max Berger einen Blick zu. Sein Gesicht wirkte wie aus Stein gemeißelt. Er hatte die Lippen fest zusammengepreßt. Sicherlich dachte er an seinen Vater.
Ich auch. Nur drehten sich meine Gedanken um eine andere Sache. Während Max Berger die Worte des Verletzten wohl für Fantastereien hielt, ging ich davon aus, daß Jo Spengler recht hatte. Es war durchaus möglich, daß Berger sich in einen Vampir verwandelt hatte. Wahrscheinlich war er auf die Blutsauger aus dem Eis getroffen, und die kannten kein Pardon. So wie Berger, der neue Vampir, kein Pardon kennen würde.
Er brauchte Blut.
Eine uralte Regel, die auch heute noch ihre Gültigkeit besaß. Max Berger wußte das sicherlich nicht, ich mußte es ihm begreiflich machen.
»Kann ich Sie einen Augenblick sprechen?« fragte ich.
»Natürlich.«
Wir gingen zur Seite. Ich schaute den jungen Mann an. Er war blaß geworden. Seine Lippen zuckten. Kalter Schweiß glänzte auf seinem Gesicht.
»Was halten Sie von den Worten des Verletzten?« fragte ich ihn.
»Nicht viel.«
»Sie glauben also, daß es eine Lüge ist?«
Er nickte.
»Ich würde diese Worte nicht so einfach abtun«, sagte ich leise.
»In seinem Zustand lügt man nicht, Herr Berger.«
»Wieso?«
Ich wählte die nächsten Worte sorgfältig. »Es könnte sein, daß er wirklich einen Vampir gesehen hat.«
»Mein Vater ein Vampir?« flüsterte der junge Berger. »Sie… Sie wissen nicht, was Sie da sagen.«
»Doch, das weiß ich.«
»Nein, Herr Sinclair. Vampire, die gibt es doch gar nicht. Das sind Erfindungen von Horror-Autoren und Filmemachern. Hören Sie mir damit auf.«
Ich ließ nicht locker. »Gibt es hier nicht eine Geschichte, die sich mit Vampiren beschäftigt? Ich meine davon gehört zu haben.«
»Wie kommen Sie darauf?«
»Ich hatte Sie gefragt.«
»Ja, es gibt so etwas. Die Alten haben früher mal etwas von Eisvampiren erzählt.« Jetzt lächelte er spöttisch. »Sie glauben doch nicht, daß diese Dinge den Tatsachen entsprechen? Das ist eine
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