0127 - Die Eisvampire
hatte, da mußte man noch Kerzen anzünden, wenn es in den Keller ging. Inzwischen jedoch gab es elektrisches Licht.
Clara Berger drehte den Schalter herum, bevor sie die breite Holztreppe nach unten schritt. Sofort merkte sie die Kühle, auf ihren nackten Armen bildete sich eine Gänsehaut.
Am Ende des Kellergangs lag noch eine Waschküche. Dort gab es auch eine Tür, die nach draußen führte. Über eine außen am Haus entlangführende Steintreppe gelangte man in den Garten.
Die Waschküche war nicht ihr Ziel. Sie wollte in den Weinkeller, wo die Schätze aufbewahrt wurden.
Er lag gleich rechts.
Die Türen waren nicht abgeschlossen.
Bei den Bergers stahl man nicht. Soviel Vertrauen gab es noch in diesem Ort.
Clara öffnete und machte auch hier Licht.
In bis an die Decke reichenden Regalen lagerte der selbst gekelterte Wein. Die Flaschen trugen keine Etikette, aber Clara wußte genau, wo sie hinzugreifen hatte. Der Wein wurde hier nach Jahrgängen gelagert. Das hatte sich Toni, ihr Mann, ausgedacht.
Überlegend blieb Clara vor dem Regal stehen. Sollte sie eine oder zwei Flaschen herausnehmen?
Sie entschied sich für zwei.
Eine nahm sie in die rechte, die andere in die linke Hand. Dann verließ sie den Kellerraum.
Als sie im Gang die Tür schließen wollte, mußte sie eine Flasche unter den Arm klemmen, um die linke Hand freizuhaben.
Plötzlich hörte sie ein Geräusch.
Sofort blieb Clara Berger steif stehen. Unwillkürlich stellte sie eine Flasche auf den Boden, die andere behielt sie in der Hand. Die Frau lauschte, ob sich das Geräusch vielleicht wiederholen würde, doch vorerst tat sich nichts.
Wird wohl eine Täuschung gewesen sein, dachte sie und bückte sich, um die Flasche aufzuheben, da jedoch wiederholte sich das Geräusch. Diesmal lauter, und nun wußte sie genau, wo es aufgeklungen war.
In der Waschküche!
Es hatte sich angehört, als wäre jemand gegen den großen Kessel gestoßen.
Aber wer?
Fremde kamen nicht in dieses Haus. Wenigstens hatte sie das bis heute noch nicht erlebt. Und ein Mitglied der Familie? Vielleicht Toni, Max oder schon Hanni?
Unsinn, die gingen nicht auf diesen Schleichwegen ins Haus, sondern nahmen den normalen Eingang.
Unwillkürlich dachte sie an einen Einbrecher.
Das waren höchstens Touristen, die sich so etwas erlaubten.
Clara atmete tief ein. Wenn das stimmte, sollte der oder die Einbrecher etwas erleben.
Clara Berger drehte sich, behielt die Weinflasche weiterhin in der Hand und schlich auf die Waschküchentür zu. Der Kerl sollte sie kennenlernen. So weit kam es noch, einfach bei den Bergers einzubrechen. Wo gab es denn so etwas?
Angst verspürte Clara Berger kaum, nur eine gewisse Neugierde, wer so frech sein konnte und sich diese Tat erlaubte.
Noch war die Tür zur Waschküche verschlossen. Als Clara die Hälfte der Strecke hinter sich hatte, wurde sie aufgestoßen.
Die Frau blieb stehen.
Ihr Herz schlug schneller, als sie auf die Tür starrte. Ein Arm erschien in dem Spalt. Die Hand fuhr an der Wand entlang und fand zielsicher den Lichtschalter.
Es wurde dunkel.
Unwillkürlich schrie Clara Berger auf, als die Finsternis sie einhüllte und sie nichts mehr sehen konnte. Clara mußte erst warten, bis sich ihre Augen an die Dunkelheit gewöhnt hatten, dann erkannte sie die Tür als einen etwas helleren Umriß.
Und sie wurde geöffnet.
Stück für Stück glitt sie weiter auf. Jemand drückte von innen langsam dagegen. Wie immer quietschte sie in den Angeln. Normalerweise machte der Frau das Geräusch nichts aus, jetzt aber erzeugte es auf ihrem Rücken eine Gänsehaut.
Clara Berger bekam Angst.
Sie wußte mit einemmal, daß in diesem Hause eine Gefahr lauerte. Jemand war da, jemand, der sich nicht zeigen wollte und der etwas zu verbergen hatte.
Dann stieß die Tür mit der Klinke gegen die Wand. Sie blieb fast dort und schwang nur ein kleines Stück zurück.
Auf der Schwelle stand eine Gestalt!
Clara Berger konnte sie erkennen, denn durch das Fenster in der Waschküche fiel Licht, so daß sich der Eindringling wie ein Scherenschnitt abhob.
Clara erstarrte.
Ihr Herz klopfte hoch oben im Hals, das Blut rauschte durch ihre Adern, und trotz der Dämmerung erkannte sie plötzlich, wer da aufgetaucht war.
Toni, ihr Mann!
Ja, er war es.
Plötzlich begann sich alles vor Claras Augen zu drehen. Es war die Erleichterung, doch keinen Fremden oder einen gefährlichen Einbrecher vor sich zu sehen.
Toni war da.
Clara öffnete den Mund und
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