0128 - Der Seelenwald
etwas warnte Murthoom, der Wesenheit zu glauben. Der Ton war viel zu offensichtlich… Trotzdem …
»Du tust gut daran, Asmodina als Herrin anzuerkennen!« erklärte er.
Er hatte sich gefangen. Jetzt erfüllte ihn wilder Triumph. Alles in ihm jubelte. Geschafft! Er hatte es geschafft!
Die Wald-Intelligenz kicherte. »Ich werde ihr dienen, so, wie sie es erwartet und verdient. Jene Seelen, die ich fresse, werden zu dämonischer Energie umgewandelt und ihr zugute kommen!«
»Sehr gut! Sehr gut!«
Ein nervenzerfetzendes Hecheln wurde laut. Murthoom spürte eine eisige Kälte, die seinen Geist umflirrte. Abrupt blockte er ab.
Gefahr! gellte es in ihm.
»Du wirst mir in Zukunft mehr vertrauen müssen, Priester!« spottete die Geist-Stimme des Seelenwaldes. »Schließlich bin ich doch dein Werk – dein Geschöpf. Ab jetzt sind wir Gefährten. Brüder des Grauens. Und unsere Macht wird grenzenlos werden…«
Murthoom wollte widersprechen, wollte der Wald-Intelligenz sagen, daß Asmodina die Herrin war, daß ihr allein die Macht gehörte, aber er kam nicht dazu.
Die eisige Kälte durchdrang ihn, und er vergaß, was er hatte sagen wollen. Auch die frevlerischen Worte der Wald-Intelligenz verschwanden aus seinem Gedächtnis.
»Ich werde mir meine Nahrung holen« , meldete sich der Seelenwald schließlich wieder. »Aber ich erwarte auch von dir und deinen Gefährten Zuwendungen… Das blonde Mädchen, das du mir vorhin vorenthalten hast … Ich will es haben! Ich will ihre Seele! Hörst du, Murthoom – ich will ihre Seele! Sie gehört mir! Mir allein!«
»Du wirst sie bekommen!« versprach Murthoom automatisch.
»Gut! Sehr gut, Schöpfer!«
Mit einem wilden, kreischenden Gelächter verstummte die Gedankenstimme.
Murthoom erwachte aus seiner Trance. Er war noch benommen, aber das störte ihn herzlich wenig. Sieg! hämmerte es in seinem Schädel. Immer wieder: Das ist der Sieg des Bösen!
***
Die Zeit schien stillzustehen!
Das ist das Ende, durchzuckte es mich. Jetzt ist es aus, endgültig!
Das Entsetzen nagelte mich förmlich auf der Stelle fest. Ich konnte mich nicht mehr bewegen! Und ein tonnenschweres Trümmerstück raste auf mich herunter! Es würde mich zerquetschen wie eine Laus!
Mein Herz hämmerte in einem irren Tempo.
Und dann mußte der Aufprall kommen!
Unwillkürlich schloß ich meine Augen. Schmerzhaft spannten sich meine Muskeln an.
Jetzt…
Irgendwann begriff ich, daß ich noch lebte, daß das, was ich gerade noch als Realität angesehen hatte, nur ein Traum, ein verdammter Alptraum gewesen war.
Ja, ich lebte, und ich war in Sicherheit.
Wenigstens nahm ich das an. Wohlige Wärme hüllte mich ein. In meinem Mund spürte ich einen ekelhaften, pelzigen Geschmack, und auf meinen Schädel mußte mindestens der Himmel gefallen sein, so dröhnte und brummte es da. Davon abgesehen hatte ich allerdings keine Schmerzen.
Dann kehrten meine fünf Sinne langsam zurück.
Ich hörte eine Stimme. Ich hatte sie schon oft gehört. Sie war sympathisch, klang fremdländisch und doch ungemein vertraut.
Ich hörte einfach zu, bewegte mich nicht, ließ meine Augen geschlossen. Der Zustand, in dem ich mich momentan befand, ließ sich am besten als träge bezeichnen. Ich wollte nur so daliegen. Jede Bewegung, und sei es auch nur das Krümmen des kleinen Fingers, erschien mir als unzumutbare Anstrengung.
»… klar, Sir. Ich werde versuchen, ihm das schonend beizubringen. Ja, natürlich. Aber Sie wissen ja, wie er ist … Er hat einen typisch britischen Dickschädel. Und wenn es dazuhin noch um Jane geht …«
Pause.
Dann: »Ich könnte allein hinfahren. Mit dem Begriff ›Seelenwald‹ kann ich zwar nicht viel anfangen, aber wenn Jane in Schwierigkeiten steckt…« Die Stimme schwieg kurz, dann sagte sie: »Ich habe immerhin die Dämonenpeitsche.«
Schlagartig setzte meine Erinnerung ein. Plötzlich wußte ich, wem die Stimme gehörte: Suko!
Und ich wußte, um was es ging!
Sukos Stimme klang ernst und nervös. Diese Nervosität übertrug sich auch auf mich.
Bilder und Satzfetzen überschwemmten mich förmlich. Die Erinnerung an die Opferzeremonie in der Wohnhausruine. Die Priesterin, die ich im letzten Augenblick vom Vollzug des Opfers abgehalten hatte. Glenda Perkins auf dem schwarzen Katafalk. Und der monotone Singsang.
Da war es auch um den Seelenwald gegangen!
Wieder sagte Suko etwas, aber das bekam ich gar nicht mit. Nur den Klang seiner Stimme vernahm ich. Meine Gedanken überschlugen sich noch
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