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013 - Das Milliarden-Heer

013 - Das Milliarden-Heer

Titel: 013 - Das Milliarden-Heer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Timothy Stahl
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ihrer »Reichweite« sein.
    Die Tiere reagierten entsprechend. Sie gingen nicht mehr die beiden Reiter an, sondern deren Reittier. Wenn sie den Frekkeuscher verletzten oder töteten, war den menschlichen Opfern ihr Fluchtmittel genommen.
    Eine Klaue aus Chitin stieß nach dem Tier.
    »Dein Schwert!«, verlangte Matt. Aruula reichte ihm die Waffe nach hinten und konzentrierte sich selbst darauf, den Frekkeuscher mit den Zügeln sowie dem Druck ihrer Schenkel zu lenken. Aufmerksam spähte sie nach Stellen, wo das Insektenschwarz weniger dicht schien, wo die Bäume weit genug auseinander standen, und dorthin trieb sie das Tier. Matt schwang das Schwert und hieb nach der Klaue, die sich in die Seite des Frekkeuschers gekrallt hatte. Mit dem ersten Schlag trennte er die Verbindung der »Hand« zum Rest des »Körpers«, dann zerstörte er den verbliebenen Verbund der winzigen Leiber. Wie schwarzer Schnee zerstob die Klaue aus Insektenkörpern.
    »Yippie-ah-hey!«, knurrte Matt unlustig und drosch mit dem Schwert nach einem weiteren Gebilde, das dem Frekkeuscher gefährlich nahe kam.
    Doch die Insekten ließen nicht von ihrer Absicht ab. Sie reagierten auf Matts Angriff und verfielen auf eine andere Taktik. Nach wie vor »griffen« sie nach dem Frekkeuscher, doch diesmal verteilten sie sich über die Unterseite des Tieres, blitzschnell und wimmelnd.
    Der Frekkeuscher brüllte auf, so hoch und schrill, dass Matt meinte, ihm müssten die Trommelfelle platzen.
    Die Insekten fraßen den Frekkeuscher bei lebendigem Leibe. Als sei das arme Tier in ein Piranha-Becken geworfen worden.
    Als Matt sich zur Seite beugte, konnte er sehen, wie sich der Bauch des Frekkeuschers auflöste. Blut floss und verschwand wie im Zeitraffer.
    »Da vorne!«, schrie Aruula. »Unsere einzige Chance!«
    Gleichzeitig bemühte sie sich, den angeschlagenen Frekkeuscher zu einem weiteren Sprung anzutreiben.
    Matts Blick folgte dem ausgestreckten Arm seiner Gefährtin.
    Sie hatten den Wald inzwischen hinter sich gelassen. Vor ihnen lag eine leicht hügelige Fläche, karg bewachsen, und zwischen den Erhebungen schlängelte sich ein Band, das in der Nacht silbern schimmerte.
    Ein Fluss, eigentlich nur ein Bach, kaum breiter als zwei Mannslängen.
    Matt verstand, was Aruula meinte.
    Wenn sie es schafften, das Wasser zu erreichen, konnten ihnen die Insekten nicht folgen. Schwimmen konnten sie sicher nicht!
    Hoffentlich nicht…
    Allerdings schien es, als würden sie den Wasserlauf ohnedies nicht erreichen.
    Der Frekkeuscher drohte unter ihnen zusammen zu brechen. Es hatte kaum noch Kraft, sich auf den Beinen zu halten, vollführte nur mehr unbeholfene Bewegungen.
    Matt tat, was er tun musste, obwohl es ihm zutiefst zuwider war. Er holte mit dem Schwert aus und schlug zu. Die Klinge drang dem Frekkeuscher in die Hinterflanke.
    Das Brüllen des Tieres schraubte sich in ohrenbetäubende Höhen. Und der Schmerz zwang es reflexhaft zu einem allerletzten Sprung, auf das Bachufer zu.
    Aruula ließ sich zur Seite fallen, tauchte ins Wasser ein und schoss wie Pfeil dicht unter Oberfläche in Strömungsrichtung davon.
    Matt wollte ihrem Beispiel folgen. Und hatte Pech. Er landete in Ufernähe, und in, dem Moment, da das Wasser über ihm zusammenschlug, erinnerte er sich schmerzhaft an eine Weisheit seiner Kindheit: nicht kopfüber in unbekannte Gewässer zu springen.
    Ein kluger Rat. Und Matts letzter Gedanke.
    Hart war er mit dem Schädel gegen ein Stein im Bachbett geprallt.
    Er merkte noch, wie ihm kaltes, erstaunlich klar schmeckendes Wasser zwischen die Lippen drang. Und dann nichts mehr.
    ***
    Aachen, im Frühling 2024
    Carl Ranseier war ihr erstes Opfer gewesen. Das erste jedenfalls, das Gunnar Hallstein zu Gesicht bekommen hatte, und der erste Mensch, den sie sich geholt hatten.
    Obgleich Hallstein in den nächsten Jahren noch viele, noch sehr viele ihrer Opfer gesehen hatte, von denen die allermeisten sogar übler zugerichtet gewesen waren als Ranseier damals, erschien ihm dessen Anblick immer noch als der schlimmste von allen.
    Weil er es gewusst hatte. Weil ihm in dem Augenblick, da er Carl Ranseier tot aufgefunden hatte, klar gewesen war, wer oder was den armen Kerl umgebracht hatte. So klar, als hätte er es mit eigenen Augen gesehen.
    Was de facto jedoch bis heute nicht vorgekommen war.
    In den sechs Jahren, die seither vergangen waren, hatte Professor-Hallstein nie selbst gesehen, wie sie einen Menschen getötet hatten. Er fand nur die Toten. Oder das

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