013 - Draculas Liebesbiss
Journalisten ins Wort. Callaghan nickte mechanisch.
»Spätestens morgen früh werden Sie anders denken. Die Dunkelheit ist Draculas
Metier, nachts geht er um, um sich seine Opfer zu holen. Wer weiß, in welchen
Hals er gerade in diesem Moment seine langen, scharfen Zähne bohrt …«
●
Eine Farbensymphonie bot sich den
Augen der männlichen Zuschauer. Rote, blaue, grüne und gelbe Lichtflecke
tanzten über die Bühne, aus versteckten Lautsprechern ertönten Musik und
menschliche Stimmen, der stereophonische Effekt übergoß die Anwesenden wie ein
Schauer.
Die Männer konnten ihre Blicke
nicht von der Bühne nehmen.
Sieben Girls tanzten dort,
splitternackt. Selbst ihre Eheringe hatten sie abgelegt.
Was die Tänzerinnen darstellten,
spielte sich im Innern eines Käfigs ab. Sechs Raubkatzen, eine Dompteuse. Bis
vor wenigen Minuten noch war das die Dompteuse darstellende Girl noch mit einem
Flitteranzug bekleidet gewesen. Im Kampf mit den anderen sechs Raubkatzen war
dieser Anzug Stück für Stück förmlich von ihrem Körper geschält worden. Die
dunkelhäutige Dompteuse bewegte sich mit Grazie und Eleganz. Bei jeder Bewegung
war das Muskelspiel unter der samtschimmernden Haut zu sehen.
Wie ein Kreis lagen die anderen
sechs Mädchen um die entblätterte Dompteuse.
Ein Striptease mit Niveau! So
etwas fand man in Soho nur selten. Die meisten Striptease-Lokale boten die
üblichen Shows, einfach, mit wenig Aufwand und Phantasie und überhaupt keiner
Choreographie.
Bekannt für guten,
anspruchsvollen Striptease war in Soho vor allen Dingen der Nell Gwynne Club
und Harrigan’s Club. Sie hatten die besten und attraktivsten Girls, die
Darbietung hatte Schmiß, zeigte Einfühlungsvermögen und das Format einer
geschickten Gesamtleitung.
Hier wurde nichts dem Zufall
überlassen, jedes Kostüm war – selbst wenn es die auftretenden Mädchen nur für
wenige Minuten trugen – mit Geschmack und Phantasie gearbeitet. So erstaunlich
es klingen mag: je weniger Stoff für die Kostüme gebraucht wurde, desto teurer
waren sie.
Larry Brent alias X-RAY-3 genoß
die Show mit allen Sinnen. Ein Freund in London, der Mitglied des Harrigans
Club war, hatte ihn eingeladen.
Larry war am Spätnachmittag auf
dem Londoner Airport eingetroffen. Er sollte einem Gerücht nachgehen. Seit
Wochen schon war von verschiedenen Seiten geäußert worden, daß es in London
einen Antiquitätenhändler namens Richmond gibt, der angeblich Draculas Umhang
besaß. Ein sehr seltener Fall war eingetreten: Die PSA wurde tätig aufgrund
eines noch nicht bestätigten Vorganges. Die Computer in der Zentrale in New
York hatten auf Grund der von privater Seite eingegangenen Meldungen
entschieden, so rasch wie möglich festzustellen, was es nun wirklich mit diesem
Gerücht auf sich hatte.
Larry lehnte sich zurück und ließ
eines der nackten Mädchen durch, das sich an der ersten Sitzreihe
vorbeidrängelte und einem Stammkunden, der heute zum 50. Mal die Show sah,
einen großen Blumenstrauß und einen Kuß zu geben.
Alles klatschte. Die Stimmung in
dieser dämmrigen Umgebung, mit Sex angereichert, befand sich auf dem Höhepunkt.
X-RAY-3 war zufrieden mit diesem
Abend. Noch wußte der sympathische Amerikaner nichts von dem Tod Albert
Richmonds. Larry war zu spät hier eingetroffen, um gleich seine Recherchen
aufzunehmen. Er hatte sich diesen Tag, nach der anstrengenden Flugreise, zum
Vergnügen auserkoren. Daß George, sein Freund, ausgerechnet für diesen Abend
noch einen Besuch der Show ermöglicht und arrangiert hatte, fand er umso
angenehmer.
»Wollen wir unterbrechen und uns
an der Bar mit einem Drink stärken?« fragte George leise, zu Larry gewandt.
X-RAY-3 nickte. Sie warteten ab,
bis die sieben Girls den verdienten Beifall entgegengenommen hatten, und
verließen dann den kleinen, etwa fünfzig Personen fassenden Vorführraum, der an
das luxuriös eingerichtete Privatbüro eines Millionärs erinnerte.
An der Bar bestellten sie sich
einen Drink. Darling Betty bediente. So nannten sie das blondgelockte, immer
lächelnde Geschöpf hinter der Theke. Betty trug außer einem minikurzen, wie
gehäkelt wirkenden Kleidchen nichts. Wenn sie sich gelegentlich bückte, um aus
einem tiefer gelegenen Fach was zu entnehmen, konnte man deutlich feststellen,
daß sie offenbar auch etwas gegen Strumpfhosen und Schlüpfer hatte.
Larry und George tranken einen
Whisky pur.
»Ich bin öfters hier«, meinte der
langaufgeschossene Engländer. »Die Show läuft
Weitere Kostenlose Bücher