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0131 - Das Versteck in der Zukunft

Titel: 0131 - Das Versteck in der Zukunft Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Unbekannt
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wenigstens die Flucht ergriffen. Die Granate fand es bedauerlich, daß sie die Mentalität der Organischen nicht kannte. Diesen Einwand machte ihre mechanische Logik. Der Rest ihres Bewußtseins war davon überzeugt, daß man die Mentalität eines Organischen in gewissen Fällen gar nicht zu kennen brauchte, um seine Verhaltensweise vorherzusagen. Seine Feigheit zum Beispiel war so groß, daß er nach dem, was er unter dem Feuer der Geschütze erlebt hatte, bis in den hintersten Winkel des Weltalls flüchten und sich nie mehr hervortrauen würde. Das Versteck war verraten, memorierte die Granate. Aber der, dem es nun bekannt war, schloß sie, würde von seinem Wissen keinen Gebrauch machen. Ein Wesen mit mächtigem Selbsterhaltungstrieb würde froh sein, daß es mit heiler Haut davongekommen war. Die Granate nahm keine Notiz davon, daß ihr mechanisches Bewußtsein gegen diesen Schluß heftig revoltierte. Es hielt ihn für übereilt und nicht genügend fundiert. Es versuchte, eine Warnung auszusprechen. Aber die Granate hörte die Warnung nicht. Schon in den Minuten vor dem Gefecht hatte sich das emotionelle Bewußtsein nur mit Mühe unterdrücken lassen. Mittlerweile hatte es die Herrschaft völlig an sich gerissen. An Bord des Fragmentschiffes ging man wieder zum üblichen Tagesablauf über. Dazu gehörte die Reinigung des Ganges C-121-0011, in dem der Kampf gegen den organischen Eindringling vielerlei Spuren hinterlassen hatte, darunter die Leichen vieler Verwandter. Dazu gehörte auch die Beobachtung des galaktischen Nebels 00-101101-01 (in der Nomenklatur der Granate). Denn gerade zu diesem Zweck befand sich das Fragmentschiff überhaupt hier, in den sternenlosen Abgründen zwischen den Galaxien. Der Zwischenfall mit den beiden von Organischen bemannten Schiffen wurde im Erinnerungszentrum gespeichert und aus dem Bewußtsein gelöscht.
    In dem Augenblick, in dem sie den Eingang fanden und die Spannung der Suche nachließ, wurde Ron Landry sich zum erstenmal der Tatsache bewußt, daß sie eigentlich so gut wie gar keine Chance hatten. Wo waren sie? An Bord eines feindlichen Raumschiffes. Man hätte es ebensogut einen künstlichen Planeten nennen können. Es war riesig groß. Ohne Zweifel barg es Hunderttausende jener seltsamen Wesen, die alles Organische mit größter Intensität haßten. Ihnen gegenüber standen zwei Terraner, Organische also, die hierher gekommen waren, weil ihnen keine andere Wahl blieb. Die Anlage des künstlichen Planeten, des Riesenschiffes, war ihnen alles andere als vertraut. Wenn sie ein Schott öffneten, wußten sie nicht, ob dahinter eine Todesfalle lag oder ein ungefährlicher Raum. Sie wußten nicht, ob man jeden ihrer Schritte beobachtete oder nicht. Sie verstanden die Denkweise der Fremden nicht. Sie hatten nicht einmal eine Ahnung, ob man sie automatisch als Feinde betrachten würde.
    Aber sie nahmen das an, um für alle Fälle gewappnet zu sein. Und noch schlimmer: Sie wußten eigentlich gar nicht, was sie hier wollten. Natürlich würden sie die Augen offenhalten und so viel wie möglich zu erfahren versuchen. Die terranische Kriegsmaschine würde in ihren Vorbereitungen zur Verteidigung einen großen Schritt vorwärtskommen, wenn sie jemals erfuhr, was Ron Landry und Lofty Patterson an Bord des feindlichen Riesenschiffes beobachtet hatten. Aber würden sie es erfahren? Das setzte voraus, daß die beiden Eindringlinge den künstlichen Planeten irgendwann einmal in wenigstens vernehmungsfähigem Zustand verließen und daß draußen ein terranisches Schiff auf sie wartete, das sie aufnahm. Und beides lag außerhalb aller vernünftigen Wahrscheinlichkeit. Ron erkannte das, als er den endlos weiten Gang vor sich liegen sah, der schräg unten im Halbdunkel der trüben Beleuchtung verschwand. Bevor sie noch zehn Schritte getan hatten, würde der Gegner über ihnen sein. Und ein offener Kampf mit robotischer Übermacht war so ungefähr das letzte, worin sie jemals Erfolg haben würden. „Was jetzt?" fragte Lofty.
    Das Innenschott der Schleuse hatte sich hinter ihnen geschlossen.
    Hinter ihnen lag die stählerne Landschaft der Raumschiffswand mit ihren Türmen, Kuppeln, Antennen, Gräben und Senken. Vor ihnen lag das Innere des Kolosses, unbekannt und fremdartig. „Dort hinunter", antwortete Ron und zeigte den Gang entlang. Er setzte sich in Bewegung. Die Schwerkraft im Innern des künstlichen Planeten war wesentlich höher als draußen auf der Hülle, höher sogar als die irdische

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