0135 - Der Moloch
die hatte sie nicht. Shao hob beide Arme und schlug zu.
Sie schloß dabei die Augen, es kostete sie Überwindung auf diesen Mann zu schlagen, doch der schien geahnt zu haben, was ihm bevorstand. Urplötzlich ließ er Jane Collins los und kreiselte auf der Stelle herum.
In diesem Augenblick sauste der Wagenheber nach unten. Er hätte das Gesicht des Mannes getroffen, doch der hob blitzschnell seinen linken Arm und blockte den Schlag ab.
Mit ungeheurer Wucht prallten Shaos Handgelenke gegen den Unterarm der Gestalt. Obwohl Shao den Heber mit beiden Händen festhielt, konnte sie ihn nicht mehr halten. Der zweckentfremdete Gegenstand flog ihr aus den Fingern.
Röchelnd holte der Mann vor ihr Atem. Dann schüttelte er den Kopf, als hätte man ihn mit Wasser übergossen. Wieder drang ein Knurren aus seiner Kehle.
Gefährlich hörte es sich an.
Und gefährlich war der ganze Mann, wie er Schritt für Schritt, auf Shao zuschlich.
Die Chinesin wankte zurück. Sie wußte, daß sie ihm nicht entkommen konnte. Er war immer schneller als sie.
Ein Sprung.
Shao schrie auf. Im nächsten Moment hatte sie das Gefühl, ihr Kopf wäre in einen Schraubstock geraten, so hart hatte der Kerl zugepackt. Sie bekam keine Luft mehr, dann verschwand der Druck von ihren Lippen, und plötzlich sah sie die Faust.
Riesengroß und schier ins Unendliche gewachsen tauchte sie vor ihren Augen auf.
Einen Lidschlag später hatte sie das Gefühl, ihr Kopf müßte platzen. Sie spürte den wuchtigen Aufprall, etwas blitzte vor ihren Augen, dann fiel sie in den alles fressenden Schacht der Bewußtlosigkeit. Schwer sackte Shao zu Boden.
Der Mann starrte auf die Chinesin. »Du bist nicht blond«, flüsterte er, »du bist nicht blond. Der Moloch will dich nicht, deshalb brauchst du auch nicht mehr zu leben.« Er griff in die Tasche und holte ein Messer hervor. Mit zwei Fingern zog der Mann die Klinge aus dem Schaft und näherte sich Shaos Kehle…
***
Jane Collins und Shao blieben verschwunden. Mit Sheila hatten wir zum drittenmal telefoniert. Sie wußte ebenso wie wir keinen Rat.
Was war zu tun?
Die Fahndung lief, wir mußten das Ergebnis abwarten. Zwischendurch betrat Sir James Powell, mein Chef, das Büro. An der Tür blieb er stehen und blinzelte uns durch die Gläser der dicken Brille zu. »Sind Sie immer noch hier?«
Ich nickte. »Ja, Sir.«
»Gibt es dafür einen Grund? Wie ich hörte, war Ihre Idee mit der Computerberechnung ein Schuß ins Leere.«
»Ein wenig, Sir!«
»Habe ich Ihnen ja sofort gesagt, John. Das wird nichts. Sie sollten sich wieder auf Ihre alten Methoden besinnen.«
»Können Sie etwas deutlicher werden?«
»Ja, wenn Sie wollen.«
»Ich bitte sogar darum!«
»Wie war das denn damals? Da konnten Sie stolz sein, eine Aufklärungsquote von fast 100 Prozent zu haben. Und heute? Was ist daraus geworden? Ein Trauerspiel, sage ich Ihnen, John. Ein wirkliches Trauerspiel. Ich habe Ihre letzten Berichte gelesen und muß sagen, daß sich das gesamte Sinclair-Team wirklich kein Ruhmesblatt an die Weste genäht hat. Die Existenz des Todesnebels ist noch immer nicht geklärt, und wir können davon ausgehen, daß er weiterhin unsere Welt bedroht und damit auch Menschen tötet. Haben Sie in dieser Richtung etwas unternommen?«
»Nein.«
»Warum nicht?«
Langsam stieg in mir die Wut hoch. »Weil mir die verdammte Asmodina und der Grönland-Fall in die Quere gekommen sind. Deshalb!« schrie ich zurück. »Und dieser Test hier, der sollte nur ein Versuch sein. Ich werde in Zukunft andere Versuche starten, wenn Sie nichts dagegen haben.«
»Nein, nein. Nur hoffe ich, daß Ihre Bilanz dann besser aussieht. Ich las gerade Ihren letzten Bericht über Vampiro-del-mar. Sieht nicht gut aus. Die ganze Aktion hat viel Geld gekostet. Herausgekommen ist nichts.«
»Moment!« Meine Stimme wurde ätzend wie Säure. »Das ist immer eine jeweilige Sache des Standpunkts. Und für mich ist etwas herausgekommen. Der Nebel ist zumindest verschwunden. Das bezeichne ich auch als einen Erfolg.«
»Sie sind bescheiden geworden, John. Das ist schlecht«, erwiderte mein Chef spöttisch.
»Sollen wir tauschen?« fragte ich. »Wollen Sie meine Aufgaben übernehmen?«
»Werden Sie nicht unsachlich.«
»Es war nur ein Vorschlag.«
Sir James nickte. »Den ich zur Kenntnis genommen habe. Halten wir mal fest. Sie haben also den Todesnebel nicht vernichten können und auch nicht die Aufstockung der Mordliga. Ist es so?«
»Ja.«
»Was sagen Sie denn
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