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0135 - Der Rummelplatz-Boß

0135 - Der Rummelplatz-Boß

Titel: 0135 - Der Rummelplatz-Boß Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Der Rummelplatz-Boß
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Nacht.
    Ungefähr in anderthalb Mannshöhe hingen der Kopf und beide Arme eines Mannes aus dem Luftschacht. Der Schacht war so eng, daß er von dem Körper des Mannes völlig ausgefüllt wurde. Der Kopf und die Arme hingen schlaff herab wie bei einer Puppe. Das Gesicht konnten wir nicht sehen. Am grausigsten aber war das Geräusch: ein stetes, nicht lautes Tropfen, aber es übertönte den Lärm des ganzen Rummelplatzes.
    Ich ließ den Schein der Taschenlampe vom Körper abwärtsgleiten. Eine purpurne Lache schimmerte auf dem schmutzigen Boden. Vom Kopf des Mannes fielen rote Tropfen in die Lache.
    ***
    Ich ging nicht näher heran, um keine Spuren zu zerstören.
    »Alarmiere unsere Mordkommission«, sagte ich zu Phil. »Und dann komm mit dem Wirt her.«
    Ich blieb bei dem Ermordeten. Phil kam nach fünf Minuten mit dem Catcher. Ich ließ den Schein der Taschenlampe auf den Toten fallen.
    »Kennen Sie den Mann?«
    Der Wirt schob den Unterkiefer vor. Ich hörte, daß er schluckte, aber dann knurrte er trotzig:
    »Weiß ich nicht. Ich kann sein Gesicht nicht sehen.«
    »Okay«, sagte ich zwischen den Zähnen. »Du wirst sein Gesicht sehen. Phil, bleibe du hier, bis die Kommission kommt. Ich werde versuchen, ob ich inzwischen aus den Leuten in der Inn etwas erfahren kann.«
    Es war ziemlich einfach. Die Matrosen mochten rauhe Burschen sein, aber mit einem Mord hatten sie nichts zu schaffen. Ein langer Engländer meldete sich freiwillig.
    »Vor einer halben Stunde kamen zwei Bursphen herein«, sagte er. »Sie sahen sich suchend um. Das wäre mir nicht aufgefallen, aber ich sah, daß ein Mann, der bisher an der Bar gestanden hatte, sich blitzschnell davonmachte. Er verschwand irgendwo im Hintergrund. Ich habe nicht darauf geachtet, weil mein Kamerad gerade mit mir anstoßen wollte. Na ja, ich nahm einen ordentlichen Schluck, und als ich das Glas abgesetzt hatte, waren die beiden Männer schon mitten im Raum. Plötzlich stieß der eine den anderen an und zeigte in Richtung auf die Toiletten. Sie beeilten sich, um hinzukommen, aber plötzlich waren sie wieder da und rannten zum Ausgang. Ich dachte noch, daß sie es verdammt eilig zu haben schienen, aber dann machte ich mir keine Gedanken darüber.«
    »Wie sahen die Männer aus?«
    Der Engländer kratzte sich den Kopf. »Ich glaube nicht, daß ich es Ihnen sagen kann, G.-man. Ich meine, sie wären beide ziemlich groß gewesen, aber der eine kam mir eher dünn vor, während der andere ’ne Kleiderschrankfigur hatte. Aber über ihre Gesichter kann ich gar nichts äußern. Sie hatten auch die Hüte tief ins Gesicht gezogen, und außerdem ist die Luft in dieser Kneipe so dick, daß man vor Tabaksqualm nicht richtig sehen kann.«
    Es fanden sich noch ein paar Leute, die ähnliche Beobachtungen wie der Engländer gemacht hatten, aber die Beschreibungen, die sie uns lieferten, unterschieden sich gewaltig voneinander. Übrigens bekamen wir Aussagen nur von den Matronen. Die Fellner, der Wirt, die zwei Schankgehilfen und die Gäste, die aus New Jersey stammten, taten die Zähne nicht auseinander. Sie hatten nichts gesehen, nichts gehört und nichts bemerkt. Inspektor Harding fischte sich unter diesen Typen vier Ganoven heraus, von denen zwei wegen Einbruchs, einer wegen Diebstahls und einer wegen einer Körperverletzung gesucht wurden.
    Unterdessen war unsere Mordkommission längst eingetroffen und arbeitete am Tatort. Erst gegen elf Uhr kam John Collidge, der diese Gruppe leitete, herein. Ungefähr zur selben Zeit war ich’mit dem letzten Verhör zu Ende.
    »Wir sind soweit fertig, Jerry«, sagte Coolidge.
    »Und?«
    Coolidge, der hartgesottene Coolidge, zündete sich eine Zigarette an. Ich sah, daß seine Hand ein wenig zitterte.
    »Ich habe selten einen Mann gesehen, der auf so scheußliche Weise umgebracht worden ist«, sagte er und bemühte sich, seine Stimme in der Gewalt zu halten. »Wie kommt der Mann überhaupt in den Luftschacht?«
    »Er versuchte, seinen Verfolgern zu entgehen, versteckte sich auf den Toiletten, aber von dort gab es keinen Fluchtweg. Er versuchte es durch den Schacht, aber sie inüssen es gemerkt haben und erwarteten ihn am anderen Ende.«
    »Ja, das erklärt alles«, stimmte Coolidge zu. »Er muß in dem engen Schacht langsam vorwärtsgekommen sein. Er ist höllisch eng. Der Tote stak so fest darin, daß wir ihn kaum herauszubekommen wußten. Der Mann muß sieh, als er noch lebte, enorm abgeschunden haben, um ins Freie zu gelangen, und als er endlich die

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