014 - Planet der Götter
von sich abzuschütteln. Der Aufenthalt, der für zwei Wochen geplant war, kostete ihn nichts. Jede Dienstleistung, die er beanspruchte, wurde direkt mit dem Konzern abgerechnet. Haiko Chan konnte im Luxus schwelgen und er nutzte diesen Luxus weidlich aus.
Wenn man ihm schon mal die Möglichkeit gab, warum sollte er dann darauf verzichten? Er nahm alles mit, was sich ihm bot.
Die niedrige Schwerkraft auf Luna sorgte für ein euphorisches Hochgefühl. Jede Bewegung war leichter als auf der Erde, benötigte keine Kraftanstrengung. Inwieweit der Luftmischung noch Zusätze beigefügt waren, die die lockere Euphorie noch verstärkten, konnte Chan nicht sagen, aber es hätte ihn gewundert, wenn man hier im Hotelbereich darauf verzichtet hätte, den Urlaubern und Gästen den Aufenthalt so angenehm zu machen wie möglich. Wer gute Erinnerungen mit zurück zur Erde nahm, der kam auch wieder.
Auch, wenn alles sündhaft teuer war. Denn alles, was es hier oben gab, vom Sauerstoff bis zum Kaviar, musste von der Erde mit Raumschiffen heraufgeholt werden. Und das kostete naturgemäß Geld. Eine Flasche Wein, für die auf der Erde eine Verrechnungseinheit zu zahlen war, kostete hier wenigstens achtzig, meistens hundert Einheiten.
Chan hatte sich rasch an diese Preise gewöhnt – zumal er sie ja nicht selbst zu begleichen brauchte. Seine persönliche Kreditkarte hatte er noch nicht ein einziges Mal einsetzen müssen. Der Konzern hatte ihn mit einer Sonderkarte ausgestattet.
Und dem Konzern taten diese Unsummen nicht weh. Mechanics Inc. verdiente an Luna schon jetzt genug, um allein davon existieren zu können, was an technischen Dingen zum Mond exportiert wurde. Und es waren meist Mechanics-Raumer, die Versorgungsgüter aller Art von der Erde nach Luna flogen.
Chan entspannte sich. Er glitt durch das Schwimmbecken, schoss aus dem Wasser heraus und flog durch die Luft, um in elegantem Schwung am Rand des Beckens zu landen. Er federte sich gekonnt ab und stellte fest, dass seine Körperbeherrschung nicht gelitten hatte. Jemand klatschte Beifall.
Chan drehte den Kopf. Das dunkelhaarige Mädchen, das ihm vor einigen Minuten schon aufgefallen war, lächelte und winkte ihm zu. Haiko nickte zurück, dann entschloss er sich, das unausgesprochene Angebot anzunehmen.
Mit einem freundlichen »Hallo« ließ er sich neben der Dunkelhaarigen nieder.
Sie war hübsch und ihr schlanker Körper von jener nahtlosen Bräune, wie sie nur Mütterchen Natur, aber kein Solarium zustande bekommt. Natürlich, wer sich im Luna-Star entspannen konnte, gehörte bestimmt nicht zur arbeitenden Bevölkerung, sondern zu den superreichen Müßiggängern.
»Wo haben Sie diesen Sprung eigentlich gelernt?«, fragte die Dunkelhaarige. Wie zufällig berührte sie Chan, als sie sich auf die Seite drehte. Es durchfuhr ihn wie ein Stromstoß. Das Mädchen war heiß.
»Etwa zweihundertfünfzig Jahre lang täglich siebzehn Stunden geübt«, gab er mit todernster Miene zurück.
Das Mädchen lachte. Mit einer fließenden Bewegung strich sie sich eine Haarsträhne aus der Stirn. »Sie sind einer der sagenumwobenen Spezialisten, nicht wahr? Geben Sie es ruhig zu.«
Chan schüttelte den Kopf. »Ich habe mich nicht hierher gesetzt, um über meinen Beruf zu reden«, sagte er abweisend. Er wollte nicht daran erinnert werden, erst recht nicht in dieser Situation. Das Mädchen gefiel ihm. »Ich bin Chan«, sagte er.
»Ich bin Mareise«, gab sie zurück. »Und ich würde es bedauern, wenn du den heutigen Abend schon mit einer anderen Frau verplant hättest.«
»Bis jetzt noch nicht.«
Über ihnen spannte sich in hundert Metern Höhe die Kuppeldecke der Mondstadt. Der Freizeitbereich des Luna-Star lag im ›Freien‹ – in einem Gelände, in dem nichts daran erinnerte, dass man sich nicht auf der Erde befand – mit zwei Ausnahmen: Die Sonne, die am ›Himmel‹ hing, war künstlich – und der Horizont war sehr nahe.
Unten gab es Rasen, Büsche, Sträucher, Bäume, den riesigen Pool-Bereich, in dem unter der verminderten Schwerkraft das Schwimmen eine besondere, aber besonders entspannende und anregende Kunst darstellte und es gab sogar Tiere. Ein paar Vögel schwirrten zwischen den Bäumen hin und her und irgendwo zirpten Grillen.
Man hatte keine Kosten und Mühen gescheut, das Innere der Kuppel zu einem kleinen Paradies zu machen.
Außer dem Luna-Star gab es den weit verzweigten Wohnbereich – eine richtige kleine Stadt –, in dem die Menschen untergebracht
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