0140 - Der Dybbuk
ahnte, warum das Amulett nicht ansprach. Es war auf Nicole eingespielt, verhielt sich ihr gegenüber neutral. Er entsann sich, daß Amulett und Flammenschwert zusammengewirkt hatten, damals, als die Meeghs sie auf die Sklavenwelt verschleppt hatten. Dort war Nicole durch den Einfluß des Amuletts zum Flammenschwert geworden. Das Amulett war mit ihr eine enge parapsychische Verbindung eingegangen, wie sie in weitaus stärkerer Form bei Zamorra existierte. Es konnte Nicole gegenüber nur positiv reagieren, niemals negativ, und deshalb war jener, der sie besaß, vor dem Amulett sicher. [2]
Nicole war besessen.
»Gib es ruhig zu«, sagte er. »Ramon Loew, der Ermordete. Du hast auch Pete Caster getötet, nicht wahr? Es war Rache. Er hat dich ermordet. Du bist der Dybbuk.«
»Du verstehst nichts«, kam es über ihre Lippen. »Absolut nichts.«
»Doch«, erwiderte er betroffen. »Gib Nicole frei. Ramon Loew, du darfst ihren Körper nicht haben. Es ist unnatürlich. Gib sie frei.«
»Ich kann es nicht«, erwiderte der Dybbuk. »Ich würde sterben.«
Zamorra wich etwas zurück. Er ahnte das Dilemma, in dem Ramon Loew sich befand. Dennoch… es mußte eine Möglichkeit geben.
»Ich werde etwas für dich finden«, sagte er. »Bestimmt. Du mußt Nicole freigeben, Ramon Loew!«
»Den Körper eines Idioten, nicht wahr?« sagte Nicole/Loew bitter. Sie starrte Zamorra aus halbgeschlossenen Augen an. »Es wäre die einfachste Lösung, nicht? Er würde als geheilt gelten, und ich… Doch es ist nicht so einfach, wie du denkst, Zamorra. Es war Zufall, daß ich diesen Körper übernehmen konnte, als der meine starb. Ein Zufall, wie es ihn vielleicht einmal in tausend Jahren gibt. Wenn ich den Körper wieder verlasse, so sterbe ich. Kannst du das verantworten? Wenn du mich zwingst, wirst du zum Mörder!«
»Ich könnte dich zwingen?« fragte er, doch es war mehr eine Feststellung als eine Frage. »Ja, ich könnte es. Mit dem Amulett. Aber…« Er zögerte. »Es gäbe eine Möglichkeit. Ich könnte dich in das Amulett integrieren, bis eine Möglichkeit geschaffen wird, daß du einen leeren Körper übernimmst!«
»Du Narr!« schrie der Dybbuk. Nicole sprang auf, stand neben Zamorra. Aus ihren Augen funkelte es. Auch Zamorra sprang auf, sah sie an. Für ihn war sie in diesem Augenblick nicht mehr Nicole, obwohl sie wie Nicole aussah, sondern der Dybbuk Ramon Loew, der ihren Körper in Besitz genommen hatte. »Du hoffnungsloser Narr! Das Amulett! Was glaubst du denn, wer ich bin? Ein Dämon! Ein Dämon!«
Zamorras Augen weiteten sich. Er hatte Loew für einen Magier gehalten, für einen weißen Magier womöglich. Die Erkenntnis, es mit einem Angehörigen der Schwarzen Familie zu tun zu haben, traf ihn wie ein Schock.
Seine Gedanken rasten. Ein Dämon in Nicoles Körper! Er durfte jetzt keine Rücksichten mehr kennen. Er mußte den Dybbuk aus ihrem Körper vertreiben. Unbedingt, koste es, was es wolle. Nicole war verloren, wenn der Dämon in ihr blieb. Und gleichzeitig wurde ihm bewußt, wie stark ihre Aura dennoch sein konnte, wie eng die Affinität zu seinem Amulett, daß es den Dämon nicht geortet hatte.
Im nächsten Moment handelte der Professor.
Abermals nahm er das Amulett ab. An der Silberkette wirbelte es durch die Luft wie ein Morgenstern. Er wollte es abermals einsetzen, den Körper damit berühren und niederstrecken. Dann mußte er kraft seines Geistes und mit dem Amulett als Verstärker den Dybbuk, den Dämon, aus Nicoles Körper vertreiben.
Doch es blieb bei der Absicht.
Das Amulett berührte Nicole nicht.
Der Dybbuk war schneller. Seine -Nicoles - Hand flog hoch, zwei Finger übereinander gekreuzt wie beim Hexenstrahl. Ein blauer Blitz raste auf Zamorra zu.
Sie tötet! schrie es in ihm.
Er wollte sich zur Seite werfen, schaffte es aber nicht mehr. Er war nicht schnell genug. Schnell genug war gerade noch das Amulett, aber in der Schnelligkeit nicht stark genug, alles zu verhindern.
Noch an der Kette kreisend, baute es blitzschnell den Sperrschirm auf. Ein grünliches Leuchten umgab den Professor plötzlich, baute sich rasend schnell auf, wurde intensiver und damit stärker. Doch es war nicht rasch genug. Der blaue Blitz schlug in das grünlich wabernde Leuchten ein, grelle Entladungen zuckten auf und hüllten das Zimmer in ein entsetzliches Wetterleuchten. Zamorra taumelte. Er spürte, daß eine unglaubliche Kraft nach ihm griff, sein Ego aus dem Körper zwingen und ins Nichts des Todes schleudern wollte.
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