0140 - Ein Toter soll nicht sterben
Konzentration. Sie überwachten telepathisch Ellerts Gedanken. Rhodan betrachtete das Gesicht seines Freundes. Es schien jetzt entspannt zu sein, gab aber immer noch Lebenszeichen von sich. Es war für Ellert immer schwerer geworden, in seinen Körper zurückzufinden. Sollte es nun auch schwerer geworden sein, ihn zu verlassen? Ließ seine Fähigkeit nach, körperlos auf die Reise zu gehen? Kule-Tats trat neben Rhodan. „Sein Geist hat den Körper bereits verlassen", flüsterte er. „Die scheinbar erschlafften Züge täuschen. Der Körper ist schon steif. überzeugen Sie sich." Rhodan strich vorsichtig mit den Fingerspitzen über Ellerts Gesicht. Es fühlte sich kalt und hart an wie das eines Toten. „Er ist drüben im Schiff", sagte Gucky. „Ich kann ihn verfolgen, aber der Kontakt ist nur schwach. Ich werde ihn verlieren, wenn er erst einmal zu einem Posbi geworden ist."
„Die Lage?" fragte Rhodan den Kommandanten. Claudrin berichtete in kurzen, abgehackten Sätzen: „Annähernd Lichtgeschwindigkeit. Vier Fragmenter folgen unbeirrt. Kein Beschuß. Schiff ist außer Geschützreichweite."
„Danke", sagte Rhodan und sah wieder auf Ellert hinab. Der bisher so ruhige Körper begann zu zucken, als verspüre der Parapoler unbewußte Schmerzen. Einmal öffneten sich sogar die Augen und blickten Rhodan leer und zeitlos an. Dann schlossen sie sich wieder. Die linke Hand Ellerts ballte sich zur Faust. Er zog die Knie an und streckte sie dann wieder. Der ganze Körper war in Aufruhr.
„Es ist schrecklich anzusehen", flüsterte Rhodan Kule-Tats zu, der stumm neben ihm stand und die Kontrollgeräte nicht aus den Augen ließ. „Ich fürchte, ich habe ihm zuviel zugemutet. Ich hätte es vielleicht nicht tun dürfen."
„Es wird schwer sein, die Posbis zu überlisten", gab der Ara zurück, ohne sich von seiner Aufgabe ablenken zu lassen. „Wir müssen Geduld haben." Claudrin meldete sich wieder: „Das vordere Fragmentschiff ist leicht vom Kurs abgewichen, Sir. Die anderen drei verfolgen uns gradlinig."
„Abstand?"
„Drei Lichtminuten, Sir."
„Abstand halten, Claudrin!"
Rhodan beugte sich zu Ellert hinab und legte ihm die Hand auf die Stirn. Sie war kalt und hart wie aus Stein. Aber dann, plötzlich, bäumte sich der Parapoler erneut auf. Seine Augen waren weit aufgerissen, und er sah Rhodan an. Aus seinem fest zusammengepreßten Mund kamen Laute, kaum verständlich und nur zögernd. Dann wurden sie deutlicher. „Habe Kontakt gehabt, Perry ... schwer ... wehren sich." Der Körper zuckte. „Sechs Plasmagehirne in der Steuerzentrale... pole mich ein. Stelle parapsychischen Kontakt her ... melde mich wieder, wenn ich kann..." Der Körper sackte zurück in die Polster. Die Augen schlossen sich, und die Glieder wurden steif. Vom naturwissenschaftlichen Standpunkt aus gesehen war Ernst Ellert jetzt gestorben. Die Instrumentenzeiger zitterten, sanken und hielten dann beim untersten Punkt an. Ellerts Körper gab kein Lebenszeichen mehr von sich. Rhodan kniff die Lippen zusammen.
Zwischen seinen Augenbrauen entstand eine steile Falte. Dann raffte er sich auf und fragte: „Gucky – noch Verbindung?"
„Schlechte, mehr nicht. Gedankenfetzen, die von einer ungeheuren Anstrengung zeugen. Dazu Schmerzen und Qualen. Ein wenig Angst – aber ich weiß nicht, ob die Angst von Ellert oder dem Posbi kommt."
„Melde mir sofort, wenn sich etwas ändert." Gucky nickte und konzentrierte sich erneut. Kule- Tats kniete neben Ellerts Körper nieder und untersuchte ihn. Als er sich aufrichtete, war sein Gesicht ernst und zugleich verwundert. „Bei jedem anderen Menschen würde ich jetzt ohne zu zögern den Totenschein ausstellen", sagte er irritiert. „Aber bei Ellert ist das anders. Sein Körper muß wohl tot sein, wenn er mit dem Geist etwas erreichen will." Rhodan gab keine Antwort. Er fragte Claudrin: „Etwas Neues, Kommodore?"
„Alle vier Fragmenter folgen uns, wobei die Kursabweichung des einen minimal bestehenbleibt. Wurde geringfügig korrigiert. Kein Angriff bisher.
Geschwindigkeit null Komma neunneun Licht." Er zögerte. „Haben Sie Anordnungen, Sir?"
„Keine neuen. Weiterflug wie bisher.
Abstand halten. Das ist alles." Nun konnte man nur warten.
Rhodan sah wieder hinab in Ellerts Gesicht. Es war ein totes Gesicht, aber Ellert lebte. Rhodan hätte jetzt viel darum gegeben, zu wissen, was Ellert fühlte, dachte und erlebte.
Es war so wie immer. Ernst Ellert sah Rhodan, Kule-Tats und alles andere vor seinen
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