0140 - Mörder auf freiem Fuß
Gefängnisstrafen verurteilt wurden.
Ich sah mir die Bilder dieser Leute an. Eine der Fotografien zeigte einen Mann mit eckigem Gesicht, niedriger Stirn und schwarzen Haaren, die ihm in kurzen Locken in die Stirn fielen Das Gesicht fiel mir auf. Hatte Eleonor Truster nicht so den Mann beschrieben, der in den Garten der Villa eingedrungen war und mit einer Pistole gespielt hatte?
Ich las die Körperbeschreibung. Gedrungen und mittelgroß, las ich. Die Beschreibung paßte genau.
Der Mann hieß Sandro Bertuc und war jener Bursche, der gestanden hatte, am Einbruch beteiligt gewesen zu sein. Mit vier Jahren war er billig davongekommen. Wahrscheinlich hatte ihm das Gericht sein Geständnis mildernd angerechnet.
Und dieser Bertuc sollte nun auf die ehemalige Frau seines ehemaligen Chefs geschossen haben, und das noch im Dienste dieses Chefs? Ich konnte mir da einiges nicht zusammenreimen. Eher hätte ich erwartet, daß Standwich, wenn er sein ehemaliges Bandenmitglied wirklich getroffen hatte, versucht hätte, den Jungen eigenhändig zu erwürgen. Ich steckte das Bild in die Tasche, um es Eleonor Truster vorzulegen.
Am anderen Morgen traf ich Carrol Bender im Büro.
»Hast du gestern noch Schutzengel bei Eleonor Truster gespielt?« fragte ich nach der Begrüßung.
»Ja«, antwortete er einsilbig.
»Okay, du kannst gleich wieder damit anfangen. Ich muß die Dame sprechen.«
Im Jaguar fragte er:
»Hast du etwas dagegen, daß ich mich um Eleonor Truster kümmere?«
»Nicht die Bohne«, antwortete ich lachend. »Auch ein G-man hat Anspruch auf ein Privatleben. Wo sollte der Nachwuchs für unseren Beruf herkommen, wenn nicht die FBI.-Beamten heirateten und Väter würden. Aber ich warne dich. Unser Chef hat eine Neigung, G-men mit Frau und Kind in den Innendienst zu versetzen.«
»Soweit ist es noch nicht«, brummte Carrol, »Mein Junge, ich habe selten einen Mann gesehen, der so prompt Feuer gefangen hätte wie du.«
Zum Henker — ich konnte es verstehen, daß Carrol bei Eleonor Truster Feuer gefangen hatte. Auf irgendeine vertrackte Weise sah sie jedesmal, wenn man sie wiedersah, noch schöner aus als beim vorigen Mal.
»Himmel«, rief sie bei unserem Anblick aus. »Ich fürchte, ich werde die G-men nie wieder los.«
»In drei Sekunden, wenn Sie uns eine Frage beantworten«, sagte ich und zog das Bild aus der Tasche. »Kennen Sie diesen Mann?«
Sie nahm mir das Bild aus der Hand.
»Es könnte der Mann sein, der… Ja, ich glaube, das ist er.«
»Haben Sie ihn nie vorher gesehen?«
»Nein, ich glaube nicht.«
»Sie müssen ihn schon in San Francisco gesehen haben. Er gehörte zur Bande Alec Standwichs, und er trat in dem Prozeß auch als Zeuge auf.«
»Oh ja, jetzt erinnere ich mich. Verzeihen Sie, daß ich nicht gleich darauf kam. Heißt er nicht Berlog oder so ähnlich.«
»Sandro Bertuc. Haben Sie nicht gewußt, daß er sich in New York befindet?«
»Nein, ich hatte keine Ahnung.«
»Vielen Dank. Wir brauchen Sie nicht länger zu stören.«
Noch bevor wir wieder im Hauptquartier waren, fragte Carrol:
»Hast du eigentlich Eleonor in irgendeinem Verdacht, Jerry?«
»Wie kommst du auf diesen Gedanken?«
»Du fragst sie eine Menge Dinge nach allen möglichen alten Geschichten. Dabei ist die ganze Sache doch sehr einfach. Sie hat sieb mit einem Gangster verheiratet, ohne zu wissen, daß es ein Gangster war. Als sie es erfuhr, hat sie sich scheiden lassen, und sie hat nichts getan, um ihren ehemaligen Mann der Gerechtigkeit zu entziehen. Das vergißt er nicht und versucht, sich an ihr zu rächen. Ich finde, alles was du zu tun hättest, wäre, dafür zu sorgen, daß Alec Standwich wieder hinter Gitter gebracht wird.«
»Es scheint, als hätte sie dich schon hübsch eingewickelt«, knurrte ich.
Carrol machte eine heftige Bewegung, sagte aber zunächst nichts. Erst als ich den Jaguar vor dem Aufgang zum Hauptquartier stoppte, äußerte er:
»Ich möchte nicht, daß du dich in irgendeiner Form abfällig über Eleonor äußerst, Jerry. Ich würde es ein zweites Mal nicht durchgehen lassen.«
Ich blickte den Jungen an. Er hatte die Lippen zusammengepreßt und sah aus, als wäre er bereit, sich für Eleonor Truster nicht nur mit der ganzen Welt, sondern auch mit seinen eigenen Kollegen zu prügeln. Einen Augenblick dachte ich daran, Mr. High zu bitten, ihn abzulösen und einem anderen G-man als »Lehrling« zuzuteilen, aber dann schob ich diesen Gedanken zurück.
»Entschuldige«, sagte ich. »Tut mir
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