0140 - Mörder auf freiem Fuß
großen, umzäunten Hofes gehalten hatte. Einige Bretterstapel deuteten darauf hin, daß es sich um eine Sägemühle oder ein Holzlager handeln mußte. Es war zu dunkel, als daß Bender mehr als Umrisse hätte unterscheiden können.
An der nördlichen Seite des Zaunes lag eine überraschend große Holzhütte. In einem Fenster brannte Licht. Als Carrol hineingeführt wurde, sah er einen neuen Mann. Es war ein krummer Kerl mit einem spitzen, fuchsigen Gesicht. Er sah aus wie ein alter zerrupfter Schakal. Als er Kid Holback sah, duckte er sich wie ein Hund beim Anblick seines brutalen Herrn.
»Scher dich in die Küche, Moory«, fauchte ihn der ›Stier‹ an. »Ich will Kaffee und Whisky. Unsere Gäste können auch einen Schluck vertragen. Wir mußten sie etwas nachdrücklich einladen, und ich möchte, daß sie fit werden, sonst wird nichts aus unserer Party. Vorzeitige Ohnmacht könnte stören.«
»Hat auch niemand den Lastwagen bemerkt, Kid«, wimmerte Moorie. »Ich bin erledigt, wenn der Wagen erkannt worden ist. Ich…«
»Mann, wir haben die Nummer geändert, und von diesem Modell laufen Zehntausende in New York.«
»Trotzdem, Kid, trotzdem. Ich bin ruiniert, wenn herauskommt…«
Holback trat tatsächlich nach ihm wie nach einem Hund.
»Raus, Feigling!« brüllte er. Der Mann wischte jammernd aus der Tür.
Der Raum war mit zwei Pritschen, einem Tisch und ein paar Stühlen notdürftig eingerichtet. Ein Regal an der Wand enthielt einiges Geschirr.
Standwich hatte seine ehemalige Frau zu einem Stuhl geführt. Dort saß sie und sah der Reihe nach die Männer an.
Holback schien die Frau jetzt zum erstenmal richtig anzublicken.
»Hübsch«, lachte er. »Viel ist nie mit dir los gewesen, Alec, aber einen guten Geschmack hast du gehabt. Das muß ich zugeben«
»Was soll ich mit dem G-man machen?« fragte Driver, der es leid war, Bender die Arme zu verdrehen.
Holback drehte den schweren Schädel. Carrol sah den Blick aus den kalten Augen des Mannes und wußte, daß er verdammt wenig Aussichten hatte, alt zu werden und seine Enkel heranwachsen zu sehen.
»Pflanze ihn auf einen Stuhl!« befahl der ,Stier'. »Jo, du nimmst die Kanone nicht weiter als eine Daumenbreite von seinem Kopf weg.«
Remaro folgte dem Befehl bereitwillig.
Der »Stier« baute sich vor Carrol auf.
»Bis der Kaffee kommt, kannst du mir vielleicht ein paar Fragen beantworten, G-man«, sagte er. »Weißt du, wer ich bin?«
»Ja«, antwortete Carrol.
»Kennst du auch die anderen?«
»Alle, bis auf den Mann, der den Kaffee kocht.« Carrol bekam ein kleines Lächeln fertig.
Holback lachte laut. »Moorie ist der einzige, mit dem man sich einen Spaß erlauben kann. Ihm gehört diese Bude hier, und er war nicht schlecht erschrocken, als wir uns bei ihm einquartierten. Aber wenn du uns kennst, G-man, so weißt du, daß man sich mit uns keinen Spaß erlauben kann. — Was wißt ihr von uns?«
»Ihr seid Ausbrecher aus Kalifornien. Ihr habt das Waffengeschäft in der 18, Straße ausgeräumt. Das ist alles.«
Holback nickte zufrieden.
»Kann's mir denken, G-man. Ich glaube nicht, daß ihr mehr über uns erfahren werdet. Wir sind nur gekommen, um hier ein bißchen abzusahnen. Dann verlassen wir euer schönes New York wieder, und dann will ich kein verdammtes Bullen-Gesicht mehr sehen. — Warum warst du bei der Frau? Bist du ihr augenblicklicher Liebhaber?«
Alec Standwich gab einen undefinierbaren Laut von sich. Holback drehte ihm den Kopf zu.
»Glaubst du, sie brächte es nicht fertig, sich einem G-man zum Freund zu nehmen, deine Taube?«
Es dauerte nicht lange, bis Carrol begriff, daß Alec Standwich weit davon entfernt war, der Anführer dieser Meute zu sein. Dei Anführer war Kid Holback, und jeder der anderen wog schwerer als der ehemalige Spieler.
»Also!« wiederholte der ›Stier‹. »Beantworte meine Frage!«
Carrol wußte, daß es ganz sinnlos war, zu schweigen Holback würde ihn schlagen odei Schlimmeres mit ihm tun, und jeder Schlag, den er jetzt abbekam, raubte ihm etwas von der Kraft, die er brauchte, wenn der richtige Augenblick kommen würde. Solange seine Antworten dem Gangsterführer nicht halfen, sich der Gerechtigkeit zu entziehen, konnte er reden.
»Wir wußten, daß Standwich versuchen würde, sich an ihr zu rächen«, sagte er. »Wir wollten verhindern, daß er sie ermordet.«
Der ›Stier‹ lachte dröhnend.
»Da habt ihr euch einer verdammt unnützen Aufgabe unterzogen. Dafür, daß Alec dem Täubchen nicht
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