0140 - Mörder auf freiem Fuß
Dollars investiert hatte.
»Troll dich«, bellte er mich an.
»Sei lieber still«, entgegnete ich lächelnd.
Er stand auf. Ich stieß ihn mit der flachen Hand vor die Brust. Er plumpste in seinen Sessel zurück.
Er stand wieder auf. Ich stieß wieder zu und jetzt purzelte er mit dem Sessel nach hinten.
»Siehst du«, sagte ich zu Lil. »Er verzichtet.«
Frallows Sturz erregte nur mäßiges Aufsehen. Ereignisse dieser Art kamen in den »Thousand Things« nicht gerade selten vor. Miß Lil ergriff ihr Täschchen, und wir waren auf der Tanzfläche, bevor Leon Frallow sich hochgerappelt hatte.
Ich erwartete, daß er mich angre fen würde, aber zwei Kellner und der Geschäftsführer stürzten sich auf ihn, redeten ihm gut zu und schoben ihn ab. Wie gesagt, man war hier solche Vorkommnisse gewöhnt.
Ich stolperte mit der blonden Lil auf der Tanzfläche herum.
»Hören Sie«, schlug ich vor. »Lassen wir die Freiübungen und trinken wir noch einen Schluck.«
Auf diese Weise lotste ich sie an unseren Tisch. Carrol stand artig auf, und Lil begrüßte ihn mit einem rasanten Lächeln.
Ich sah mir das Mädchen näher an. Sie hatte ’ne Filmstarfigur, eine Stupsnase, einen Schmollmund und Wimpern von annähernd der Länge meines kleinen Fingers. Alles in allem war sie verdammt hübsch, aber ihr Gesicht war so leer wie eine Maske. Ich schätzte, daß die blonde Lil wesentlich weniger Gehirn als Figur besaß.
»Sie sind aber mächtig stark«, flötete sie, als sie es sich bequem gemacht hatte. »Wie Sie den Schwarzen umgeworfen haben, das war eine Wuchtl«
Sie sprach einen Bronx-Slang, der einem die Haare in die Höhe treiben konnte.
»Dabei hat der Schwarze ganz groß angegeben, was für ein gefährlicher Bursche er wäre«, fuhr sie fort und suckelte das erste Glas Sekt leer.
»Er hat schon gewußt, warum er nicht mit mir anhand«, antwortete ich geheimnisvoll.
Lil sah mich aus ihren dummen Augen an.
»Sind Sie so gefährlich?«
Ich entgegnete nichts, aber Carrol lachte und knurrte im besten Gorilla-Stil:
»Möchte den Burschen sehen, der es wagt, mit meinem Boß anzubinden.«
»Oh, Sie sind ein Boß?« fragte sie, wobei ganz eindeutig war, daß sie nicht glaubte, ich sei der Boß einer Seifenfabrik oder eines sonstigen ehrsamen Unternehmens.
Ich schob den Unterkiefer vor und brummte:
»Reden wir nicht von Geschäften. Ich bin gekommen, um mich zu amüsieren.«
Später redeten wir doch von Geschäften, aber nicht von meinen, sondern von den Geschäften der »Thousand Things« im allgemeinen und den Lils im besonderen. Zu diesem Zeitpunkt hatte sie schon mehr als einen Schwips und war zu jeder Auskunft bereit.
»Ich mache ’ne Menge Geld«, sagte sie. »Nur wenn er Champagner bestellt, setze ich mich zu einem Gast an den Tisch. Der Manager sagt, ich wäre sein bestes Pferd im Stall.«
Ich hielt den Zeitpunkt für gekommen, den eigentlichen Zweck unseres Besuches anzupeilen.
»Paß mal auf, Lil«, sagte ich. »Ich suche noch ein paar gute Jungens für meinen Verein. Ich hörte, daß ein alter Freund von mir in der Stadt sei, aber es ist mir nicht gelungen, ihn zu finden. Vielleicht kannst du mir helfen. Er hat eine Schwäche für deinen Typ, und ich könnte mir vorstellen, daß er früher oder später bei dir auftaucht.«
»Wie heißt er denn?«
»Der Name ist uninteressant. Er hat eine ganze Menge davon, aber er ist leicht zu erkennen. Er ist ein Riesenkerl mit einem ganz beachtlichen Bauch. Viel Haare hat er nicht mehr auf dem ' Kopf, und seine Nase ist nicht viel größer als deine.«
»Heißt er Butch?« fragte Lil. Ich konnte kaum meine Überraschung verbergen.
»Den Namen hat er auch schon einmal benutzt«, antwortete ich gedehnt. »Er spricht ein komisches, singendes Englisch.« (Butch Donald sprach den Akzent des mittleren Westens, in dem er geboren war.)
Lil hieb mir ihre Hand auf die Schulter und lachte viel zu heftig und zu laut für eine Dame.
»Siehst du, Junge bei mir bist du immer an der richtigen Adresse. Das ist ja zu komisch, daß ich deinen alten Freund Butch kenne. Hübsch ist er nicht, der Dicke, aber 'ne Menge Dollarscheine schleppt er mit sich herum.«
»War er schon einmal hier?«
»Vor zwei Tagen. Er steuerte gleich meinen Tisch an und sagte, ich sei die hübscheste Puppe, die er je gesehen habe. Er trank den Sekt schneller, als die Kellner ihn herbeischaffen konnten. Ich sah seine Brieftasche. Sie platzte vor Dollar, Butchie . war der beste Kunde, den ich je erlebt
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