0141 - Mein Todesurteil
mit dem Blut zu trinken gebe. Es schmeckt süß. Alle meine Freunde hier haben davon getrunken, und jeder empfand das Blut als eine wahre Köstlichkeit. Auch du wirst so empfinden.«
Er trat zurück.
Ich konnte meinen Kopf tatsächlich besser bewegen und ihn auch ein wenig zur Seite drehen.
Rechts von mir lag Bill Conolly. Steif und starr, er rührte sich nicht. Noch niemand hatte bemerkt, daß es ihm gelungen war, einen Arm aus der Fesselung zu befreien.
Zwei Meter weiter wartete Will Mallmann auf sein Schicksal.
Denn auch er sollte ein Opfer der Vampire werden. Sie würden sein Blut trinken, bis kein Tropfen mehr durch seine Adern rann.
Nur Suko und Jane Collins lebten noch. Jane befand sich vielleicht hier im Schloß oder holte Hilfe.
Und Suko?
Bis der Chinese aus London hergeflogen war, hatte ich längst alle Chancen verspielt und war zu einem Vampir geworden. Man konnte es drehen und wenden, die Chancen blieben gleich Null.
Fariac trat zurück, dafür kam sein Bruder. Er wurde vom blanken Haß geschüttelt, umkrallte meine Schultern und rüttelte mich durch. Dabei riß er sein Maul auf, aus dem mir Fäulnis und Moder entgegenwehten.
Ich sah auch die beiden Vampirzähne, die dicht vor meinem Gesicht zitterten. Es kostete ihn eine ungeheure Beherrschung, sie nicht in meinen Hals zu schlagen. Ich merkte die Gier, sah den Haß, und dann stieß er einen röchelnden Laut aus und warf sich über mich.
Ich spürte seine kalten Lippen an meinem Hals und wartete auf den Biß des Vampirs.
Da griff Gordon Fariac ein.
An der Schulter riß er seinen Bruder zurück. Er schleuderte ihn so heftig herum, daß der Graf gegen die Platte krachte, auf der Bill Conolly lag.
»Hör auf!« brüllte Gordon. »Jetzt noch nicht. Er soll das Blut trinken. Die anderen beiden sind für euch!«
Der wiedererweckte Graf schüttelte sich. Seine Augen glühten, er war furchtbar aufgeregt, hatte noch kein Blut getrunken, aber er führte sich auf wie ein Süchtiger ohne Stoff.
Sein Bruder stieß ihn zurück. »Willst du das Ritual stören?« fauchte er ihn an.
»Nein, nein!« kreischte der Graf. »Ich – ich…«
»Halte Ruhe!«
Der Graf nickte.
Gordon Fariac wandte sich wieder um und damit an mich. »Du hast Glück gehabt, John Sinclair. Sehr viel Glück sogar. Mein Bruder will Blut, und er soll es auch bekommen!«
Ich gab keine Antwort.
Gordon Fariac lächelte knapp. Er gab seinen Leuten einen Wink, und die verstanden.
Sie bauten sich rechts und links der Platte auf und starrten auf mich nieder.
Es war grausam.
Acht Vampirfratzen, Männer und Frauen. Blutgierige Bestien, die mich in ihren Reigen aufnehmen wollten.
Ich hörte Bill schwer atmen und sagen: »Bleib mir vom Leib, du Dreckskerl!«
Ein Fauchen erklang. An diesem Geräusch erkannte ich den Vampir-Grafen. Wahrscheinlich hatte er sich auf Bill Conolly werfen wollen, zuckte aber zurück, als sein Bruder ihn anschrie.
»Bring das Blut!«
Schlurfende Schritte erklangen, als der Vampir-Graf im Hintergrund des Gewölbes verschwand.
Ein paar Sekunden vergingen.
Gordon Fariac baute sich hinter mir auf.
Dort wartete er.
Nach wenigen Sekunden kehrte sein Bruder zurück. Er schob sich an den mich umringenden Vampiren vorbei und hielt irgend etwas in den Händen. Ein Lichtstrahl brach sich auf dem goldenen Metall. Es war der Kelch.
Gordon nahm ihn entgegen.
Er hielt ihn in der linken Hand. In der rechten hatte er die Weinflasche.
Sie war bereits geöffnet.
Es wurde wieder still in dem alten Gewölbe.
Beide Arme streckte der Vampir aus, so daß sich Kelch und Flasche über meinem Gesicht befanden. »Das Blut meiner Ahnen wird in diesem Kelch dampfen und dich, John Sinclair, in die Familie der Vampire aufnehmen. Der Fluch ist gesprochen, das Todesurteil wird vollstreckt, denn die Zeit ist reif!«
Er kippte die Flasche.
Langsam quoll die rote Flüssigkeit hervor. Sie gluckerte aus der Öffnung und lief dann als roter, dicker Strahl in den goldenen Kelch, wo sie sich rasch verteilte und an den Wänden des Gefäßes hochstieg. Das Blut war warm, denn ich sah einen leichten Dampfschleier über dem Kelchrand schweben.
Ein Tropfen fiel vorbei. Ich sah ihn auf mich zukommen und schloß hastig die Augen.
Er klatschte rechts auf die Stirn und rann an der Haut entlang nach unten.
Zum Glück berührte er nicht meine Lippen, aber er hinterließ eine rote Spur.
Ich merkte, wie ich innerlich immer erregter wurde. Das übertrug sich auch auf meine Haut, und die Narbe an der
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