0144 - Nacht über Manhattan
verbinden? Wäre besser, was?«
Jetzt, bei Licht, konnte Phil erkennen, daß der Mann jünger sein mußte als er zunächst gewirkt hatte. Wahrscheinlich war er — um die Zweiundzwanzig. Jetzt zog er seine Hand von der Wunde am Hals weg.
Es war ein Streifschuß. Phil kannt: diese Art von Wunden nur zu gut. Ein bißchen geronnenes Blut saß an den Wundländern.
Der junge Bursche war sichtlich am Ende seiner Kraft. Er kämnfte mit den Tränen. Phil gab ihm Feuer.
Nachdem sie eine Weile schweigend geraucht hatten, sagte Phil:
»Erzählen Sie mal Ihre Story. Dann werden wir weitersehen.«
Der Bursche nickte ein paarmal.
»Ich bin Bankangestellter«, begann er leise. »Meine Wohnung liegt in der 11. Straße. Dort hat sich in den letzten Wochen eine Bande von jungen Leuten gebildet, die die ganze Straße terrorisiert.«
»Die Studeway-Gang?« warf Phil ein.
Der junge Mann nickte verdutzt. »Woher kennen Sie die Gang?«
Phil machte eine wegwerfende Geste. »Als Taxifahrer hört man so allerlei.«
»Aber es weiß doch kaum einer, wie der Boß der Bande heißt!« wandte Phils Fahrgast noch ein.
»Das denken Sie! Manche Dinge sprechen sich so schnell rum, das glauben Sie gar nicht. Man muß nur an der richtigen Nachrichtenquelle sitzen.« Natürlich war diese Nachrichtenquelle nicht unser neuer Taxiberuf, sondern die allmorgendlichen Dienstbesprechungen beim FBI, wo alle Neuigkeiten in Unterweltskreisen kurz erörtert wurden. Aber das konnte Phil ja nicht sagen.
»Jedenfalls wollte mich diese Bande keilen«, sagte der junge Bursche. »Ich sollte mitmachen. Vielleicht dachten sie, daß sie mit mir zusammen die Bank überfallen könnten, in der ich arbeite.«
»Das wird's gewesen sein, warum Sie für die Bande interessant waren«, bestätigte Phil. »Und Sie haben nicht mitgemacht?«
Der Junge schüttelte dep Kopf.
»No. Ich bin doch nicht verrückt, mir eine aussichtsreiche Laufbahn mit so etwas zu verderben.«
»Ist nur vernüftig«, lobte Phil. »Erzählen Sie mal weiter. Ich nehme an, die Bande wird versucht haben, Sie ein bißchen unter Druck zu setzen, was?« Der junge Bursche nickte.
»Ja. Sie drohten mir furchtbare Prügel an, wenn ich mich nicht entschließen sollte, bei ihnen mitzu mischen. Aber ich ließ mich dadurch nicht einschüchtern. Wenigstens zeigte ich es nicht. Angst hatte ich schon, ehrlich gesagt.«
»Das ist klar«, stimmte Phil zu. »Nur Dummköpfe haben nie Angst, weil sie sich keine Gefahr vorstellen können.«
»Ich rechnete jeden Abend, wenn ich von der Bank kam, mit einem Überfall, aber sie ließen mich in Ruhe. Und dann lernte ich zufällig eine Frau kennen. Sie war älter als ich, aber sie sah verdammt gut aus.«
»Lieber Himmel!« stöhnte Phil, indem er die Erzählung unterbracht. »Sie Goldkind! Zufällig! Mensch, die war der Ersatz für den ausgebliebenen Überfall. Man wollte es eben mal auf die Tour bei Ihnen probieren.«
Der Junge nickte unglücklich. »Stimmt genau. Wir trafen uns ein paarmal, und dann fing sie auf einmal an, so komische Bemerkungen zu machen. Den ganzen Tag über wühlte ich im Geld, und trotzdem hätte ich nur einen Hungerlohn und so weiter.«
»Kapierten Sie denn da endlich, daß die Frau von der Bande geschickt worden war?«
»Nein. Daran hätte ich nicht im Traum gedacht.«
»Gott segne Ihre Naivität«, seufzte Phil. »Na schön, erzählen Sie weiter.«
»Heute abend wollte ich mich wieder mit der Frau treffen. Als ich an die Ecke kam, wo wir verabredet waren, stand sie schon da.«
»Und die ganze Bande auch«, nickte Phil.
»Richtig! Woher wissen Sie es?«
Phil tippte gegen seine Stirn.
»Reine Routine«, sagte er und hätte sich beinahe verraten. Schnell setzte er noch hinzu: »Ich bin so eine Art Amateurdetektiv, wissen Sie? Es gibt keinen Kriminalfall von einiger Bedeutung, den ich nicht aufmerksam verfolgt hätte.«
»Ach so. Also Sie haben recht. Die Bande war da. Und jetzt merkte ich Esel erst, daß die Frau zu der Bande gehörte. Sie hat wohl,so eine Art Lockvogel gespielt.«
»Darauf können Sie Gift nehmen!«
»Ich wurde vor die Wahl gestellt, mitzumachen oder von der Bande zusammengeschossen zu werden.«
»Im Ernst?«
Phil war überrascht. Im allgemeinen hüten sich auch die brutalsten Gangster, allzu schnell die Kanone anzuwenden.
»Sie meinten es verdammt ernst«, versicherte der junge Mann. »Studeway hielt mir seine Pistole unter die Nase und drohte, er würde mich auf der Stelle umlegen, wenn ich nicht mitmachte.«
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