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0144 - Nacht über Manhattan

0144 - Nacht über Manhattan

Titel: 0144 - Nacht über Manhattan Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heinz Werner Höber
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plötzlich war er wieder da. Ich schrak auf.
    »Na?« fragte ich. »Wie geht's Ihrer Frau?«
    »Sie liegt im Operationssaal«, stöhnte er. Seine Stirn war schweißnaß und glänzte. »Seit einer Stunde. Aber die Schwester sagt, es könnte noch drei, vier Stunden dauern.«
    »Es wird bestimmt alles gut werden«, sagte ich, und ich glaubte es in diesem Augenblick wirklich. Die Nacht, die Stille, alles hatte mich mit einem so tiefen inneren Frieden angefüllt, daß ich mir die Möglichkeit eines negativen Ausgangs irgendeiner Sache gar nicht vorstellen kann. So banal mein Satz auch geklungen haben mag, ich war fest davon überzeugt, daß er nichts als die Wahrheit sei.
    »Hoffen wir es«, stöhnte er.
    Ich fuhr ihn zurück. Er blieb schweigsam, und auch ich wußte nicht, was ich ihm hätte sagen sollen.
    Als er ausstieg, hielt ich ihn am Ärmel zurück:
    »Sobald Sie die nächste Pause haben, die es Ihnen erlaubt, rüber zum Hospital zu fahren«, sagte ich, »rufen Sie LO 4-3117 an. Das ist mein Standort. Verlangen Sie Green, das bin ich. Wenn ich unterwegs bin, fragen Sie nach Phil Holden. Das ist mein Freund. Wir fahren Sie rüber zum Hospital.«
    Er schwieg einen Augenblick. Dann sagte er leise:
    »Das ist verdammt anständig, Kamerad. Ich heiße Joe.«
    Ich schüttelte ihm die Hand.
    »Jerry«, sagte ich, nichts weiter.
    ***
    Phil hatte keinen schlechten Tausch gemacht, als er mit mir die Fahrten auswechselte.
    Er mußte ein Liebespärchen von einem Tanzsaal nach Hause fahren.
    Der junge Mann nannte das Fahrtziel, wie ein Maharadscha seinem Leibkutscher etwas zuruft. Phil überhörte den Ton großzügig.
    Gleich nach Beginn der Fahrt vernahm er hinter seinem Rücken ein heimliches Wispern und Flüstern — und ab und zu war es auch mal vollkommen ruhig.
    Aus Höflichkeit verzichtete Phil darauf, einen Blick in den Rückspiegel zu werfen.
    Als er das angegebene Ziel erreicht hatte, saß er eine ganze Weile still. Er wagte nicht zu unterbrechen.
    Schließlich merkte der Jnuge wohl, daß sie nicht fuhren.
    »Na, warum fahren Sie denn nicht endlich los?« fragte er.
    »Wir sind bereits da«, sagte Phil unbewegt.
    »Wir sind schon da?« wiederholten die beiden jungen Leutchen wie aus einem Mund.
    Ihre Enttäuschung konnte man nicht überhören.
    »Fahren Sie noch eine Runde um den Block!« sagte der Junge.
    Phil zuckte die Achseln.
    »Okay.«
    »Aber fahren Sie langsam!«
    »Selbstverständlich«, erklärte Phil hoheitsvoll.
    Er nahm sich wirklich soviel Zeit dazu, wie nur irgend angängig war, aber die Runde war den beiden anscheinend doch noch zu früh zu Ende. Bevor der Junge noch etwas sagen konnte, rief das Mädchen, etwas verlegen:
    »Würden Sie wohl noch eine Runde fahren — auf meine Rechnung?«
    »Selbstverständlich«, versicherte Phil und setzte' den Wagen langsam in Bewegung.
    Bei einer Trauerfeierlichkeit hätte er nicht langsamer fahren können. Aber auch diese Runde nahm schließlich ihr Ende, und Phil kassierte den Fahrpreis.
    Er wollte schon den Wagen wenden, als er sah, wie sich aus dem Schatten des Hauses, auf das das Pärchen zusteuerte, eine dunkle Gestalt löste und auf die beiden zustürzte.
    Phil stutzte.
    In der Dunkelheit, die hier herrschte, konnte er kaum etwas sehen, aber sein in solchen Dingen geschultes Ohr vernahm deutlich die Geräusche, die entstehen, wenn zwei Leute mit den Fäusten aufeinander losgehen.
    Phil stieg aus und lief zu den Kämpfenden. Seine Einmischung schien nicht von nöten. Das Mädchen hatte bereits die Kampfhähne getrennt.
    »Ihr Narren!« sagte sie. »Ich mache einen Vorschlag: Bob geht mit mir morgen abend um sechs ins Kino, und Walt holt mich um neun ab zum Tanzen. Einverstanden?«
    Phil grinste, drehte sich um und verdrückte sich. Weibliche Strategie, dachte er.
    ***
    Ich hatte eine kurze Pause am Union Square, als ich von der Zentrale den Auftrag erhielt, einen Mann von einem Nachtlokal am Broadway abzuholen.
    Ich setzte mich ans Steuer und spürte langsam die wohltuend aufmunternde Wirkung des Kaffees, den ich vorhin getrunken hatte.
    Inzwischen ging es auf drei Uhr morgens, und unsere Aufmerksamkeit hätte eher zu- als abnehmen müssen.
    Der Taximörder hatte seine beiden Opfer jedesmal in den Morgenstunden zwischen halb sechs und halb acht ermordet. Der Grund konnte ganz einfach darin bestehen, daß kurz vor der Morgenablösung jeder Fahrer das meiste Geld bei sich hat. Es konnte freilich auch ein Zufall sein, wir wußten es noch nicht.
    Ich steckte mir

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