Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
0144 - Nacht über Manhattan

0144 - Nacht über Manhattan

Titel: 0144 - Nacht über Manhattan Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heinz Werner Höber
Vom Netzwerk:
eine Zigarette an, während ich den Broadway hinauffuhr. Im Vergnügungsviertel hatte der Hochbetrieb bereits etwas nachgelassen. Zwar konnte man annehmen, daß jetzt noch einige Zehntausende in den Nachtbars herumsaßen, aber die hatten bereits -so viel Alkohol getankt, daß sie wenig Neigung zum Wechseln der Lokale verspürten.
    Aus diesem Grund war der Broadway, obgleich lichterflammend wie immer, doch ziemlich ruhig. Auch nur noch wenige Autos waren zu sehen.
    Als ich mein Ziel erreicht hatte, stand der Mann schon draußen vor dem Lokal und unterhielt sich mit dem Pförtner.
    Er war nicht gerade betrunken, aber er war auch nicht mehr nüchtern. Als er zu mir in den Wagen kletterte, fiel mir sofort der Rasierwasser-Duft auf. Und da wußte ich auch, daß ich meinen ersten Fahrgast von dieser Nacht wieder im Wagen hatte.
    »32, West«, sagte der Mann mit schwerer Zunge.
    »Okay.«
    Dort hatte ich ihn an diesem Abend schon einmal hinbringen müssen. Wahrscheinlich wohnte er da.
    Wie viele Betrunkene hatte er die Neigung sich zu unterhalten.
    »Wa — was glauben Sie, was mir passiert ist?« fragte er.
    »Keine Ahnung. Hat Ihnen jemand den Hut vertauscht?«
    »Hut vertauscht! Einfach lächerlich! Ich habe mit so einer giftigen Kröte um irgendwas gewettet — viel zu hoch, muß ich sagen.«
    »Und die Kröte hat die Wette gewonnen?«
    »Genau! Hat mir die letzten fünfzig Dollar abgenommen! Was sagen sie dazu?«
    Nach dem bekannten Grundsatz, daß Betrunkene immer recht haben, erklärte ich entrüstet:
    »Glatte Unverschämtheit!«
    Er kicherte.
    »Sie — Sie gefallen mir. Ehrlich! Noch nie so 'nen vernünftigen Driver gefunden! Sie sind ein klassisch begabter Mensch, Sir. Jawohl! Ausgesprochen sympathisch.«
    Ich grinste mir eins, während ich in die Siebente Avenue einbog, weil das Haus, zu dem ich ihn schon zu Beginn der Nacht gebracht hatte, mehr zur Siebenten als zum Broadway hing lag.
    Mein Fahrgast war plötzlich eingeschlafen, und ich hatte Mühe, ihn wachzukriegen, als ich in der 32. anhielt. Es dauerte eine hübsche Weile, und mit dem ganzen Eigensinn eines Betrunkenen ließ er sich jedesmal zur Fortsetzung seiner Nachtruhe in die Polster zurücksinken, sobald ich ihn losließ, weil ich irrtümlich glaubte, nun würde er aussteigen.
    Bis mir die Geduld ausging, und ich den Burschen völlig an die Luft zog. Da wurde er wieder munter.
    »Wi — wissen Sie, was ich jetzt mache?« lallte er.
    »Keine Ahnung. Aber erst bezahlen Sie mir die P'ahrt!«
    »O — okay. Sobald ich wieder runterkomme. Ich hole mir jetzt von meiner Freundin noch ‘n paar Bucks, und dann stellen wir den Broadway erst richtig auf den Kopf, mein Lieber! Aber goldrichtig!«
    »Okay«, sagte ich. »Zwitschern Sie ab! Aber lassen Sie mich nicht allzu lange warten, sonst komme ich nach und besuche Ihre Freundin ebenfalls.« Er kicherte, weil er das für einen Witz hielt. Nicht restlos sicher auf den Beinen, marschierte er auf das Haus zu.
    Ich sah, wo Licht wurde, nachdem er einige Male geklingelt hatte. Sollte er mich aufs Kreuz legen und vergeblich warten lassen wollen, weil er glaubte, ich wüßte nicht, in welcher Vohnung er verschwunden wäre, so hatte er sieh gründlich geirrt.
    Ich lehnte mich beruhigt ins Polster zurück und wollte mich einmal richtig recken, aber dazu war nicht genug Platz. Also stieg ich aus und streckte in der frischen Nachtluft meine Glieder einmal gründlich durch.
    Über Manhattan verfärbte sich der Himmel langsam grau. Schon sah man hier und da einen ersten Frühaufsteher aus dem Hause kommen. In wenigen Stunden würden wir wissen, ob auch diese Nacht wieder ein Opfer von den Taxichauffeuren Manhattans gefordert hatte.
    Es dauerte ziemlich lange, bis er wieder zum Vorschein kam, aber er kam. Vollkommen nüchtern.
    »Hallo!« lachte er. »Ich habe eine Tasse Kaffee getrunken.«
    »Scheint Ihnen gut bekommen zu sein«, erwiderte ich.
    »Ja«, sagte er, »es war aber auch ein Kaffee, der Tote aufgeweckt hätte. Es geht doch nichts über die Fürsorge einer Frau.«
    Ich stimmte ihm zu, obgleich ich für diese Frage eigentlich nicht zuständig war.
    »Und wo soll‘s jetzt hingehen?« fragte ich.
    Er zeigte mir ein paar Geldscheine.
    »Zum Broadway! Wohin sonst?«
    Na, es war seine Sache, wenn er sich seine Vergnügungstouren von seiner Freundin bezahlen ließ und nichts dabei fand.
    Ich setzte ihn an einem Nachtlokal ab, das bekannt war für seine sogenannten Schönheitstänze und ähnliche Witzchen.
    Er bezahlte

Weitere Kostenlose Bücher