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0144 - Nacht über Manhattan

0144 - Nacht über Manhattan

Titel: 0144 - Nacht über Manhattan Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heinz Werner Höber
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Mister Decker muß schlafen! Er hat viel Blut verloren!«
    »Ich muß zu Mister Decker!« beharrte ich. »Ich muß, Herrgott, begreifen Sie das doch!«
    »Was wollen Sie denn von Mister Decker?« sagte in diesem Augenblick eine ruhige Stimme in meinem Rücken.
    Ich drehte mich um. Es war ein Arzt, der an die sechzig Jahre alt sein mochte und ein gütiges Großvatergesicht hatte.
    »Ich will ihn nur sehen«, sagte ich. »Ich bin — ich bin sein Freund.«
    Der Arzt musterte mich kurz. Dann nickte er:
    »Und mich bestürmte soeben dieser Decker, auf jeden Fall sofort eine gewisse Taxizentrale anzurufen und mich nach einem gewissen Cotton zu erkundigen. Ich gehe wohl nicht fehl in der Annahme, daß ich diesen Mister vor mir habe, w'e?«
    »Ich bin Cotton.«
    Der Arzt lächelte.
    »Dann kann ich mir ja den Anruf sparen. Gehen Sie zu ihm! Zimmer 344.« Ich nickte. Und dann würgte ich die Frage hervor, die mir die ganze Zeit auf der Zunge gelegen hatte, die ich aber nicht gewagt hatte, auszusprechen. »Doc, wie geht es ihm?«
    »Nun«, dehnte der Arzt. »Er hat ein bißchen viel Blut verloren. Aber er hat einen gesunden Körper, eine zähe Konstitution. Ich zweifle nicht, daß er bei der richtigen Ernährung und zwei, drei Tagen Ruhe den Blutverlust bereits aus eigener Kraft ersetzt haben wird.« Alles, was ich bisher im Zusammenhang mit Phil gehört und gesehen hatte, war so tödlich ernst, so an das Schlimmste mahnend gewesen, daß ich eine Zeit brauchte, bevor ich diese frohe Gewißheit verdaut hatte.
    »Es besteht also keine Lebensgefahr?« fragte ich heiser.
    »Aber wovon denn? Mit ein wenig Blutverlust werden Leute wie Ihr Freund doch fertig, mein Lieber! Wer hat Ihnen denn den Bären von der Lebensgefahr aufgebunden?«
    Ich atmete auf.
    »Zimmer 344, nicht wahr?« rief ich. »Doc, Sie sind der prächtigste Mensch unter der Sonne!«
    Ich jagte schon den Flur entlang.
    Phil sah blaß aus, hatte einen Verband um den Hals und grinste schwach, als ich bei ihm eintrat. Eine Schwester saß in der hintersten Ecke des Zimmers und war mit Eintragungen auf der großen Krankheitskarte beschäftigt.
    Ich setzte mich auf seine Bettkante. Phil kniff ein Auge ein und hauchte: »Hast du keinen Whisky bei dir?«
    Ich schüttelte den Kopf, sprach ein par belanglose Sätze und flocht dann ein:
    »Meine Güte, jetzt habe ich doch den Brief vergessen, den ich dir im Auftrage von Mister High übergeben sollte. Er liegt unten im Wagen. Warte, ich hole ihn.«
    »Hoffentlich ist der Brief nicht so ein kleines Briefchen!« rief Phil mir noch nach.
    Ich lief überglücklich den Flur entlang, überquerte die Straße und trommelte solange mit beiden Fäusten gegen die Tür eines Drugstores, bis ein verschlafener Mann erschien und tief Luft holte.
    Ich ließ ihn gar nicht erst zum Brüllen kommen, sondern drückte ihm gut den doppelten Preis einer Whiskyflasche in die Hand und machte ihm klar, daß ich mit einer ohne Rückgeld genug hätte.
    Das brachte ihn in Bewegung.
    Ein paar Minuten später schob ich die Flasche heimlich unter Phils Bettdecke. Er grinste.
    Dann wurde er dienstlich:
    »Habt ihr den Kerl?«
    Ich zuckte die Achseln.
    »Ich weiß es nicht, Phil. Als ich abfuhr, hatten sie ihn noch nicht.«
    »Zum Teufel!« brummte Phil. »Soll uns der Kerl immer wieder durch die Lappen gehen?«
    »Wir wollen mal abwarten«, sagte ich. »Mich würde interessieren, ob du ihn mir beschreiben kannst. Die Vermutung, die ich habe, ist leider kein Beweis.«
    »Was für eine Vermutung?« fragte Phil schnell.
    »Das sage ich dir gleich. Erzähle erst einmal, wieviel du von dem Kerl gesehen hast.«
    »Leider so gut wie gar nichts. Du weißt ja, wie das in dieser Morgendämmerung in einem Wagen ist. Man sieht was aber es reicht nicht aus, um es deutlich zu erkennen.«
    »Sprach er vielleicht irgendeinen Akzent?« fragte ich unsere alte Routinefrage.
    Phil tippte sich an die Stirn.
    »Vielleicht denkst du mal dran, daß ich unsere Fragen auch kenne«, sagte er. »Wenn er einen Akzent gesprochen hätte, hätte ich es dir sofort gesagt. Eigentlich gab es nur eine einzige auffällige Sache. Er roch nach einem seltenen Parfüm oder einem Rasierwasser — ich verstehe mich nicht so gut auf Düfte.«
    »Siehst du«, sagte ich. »Genau das ist mir in deinem Wagen aufgefallen. Und soll ich dir sagen, wo ich diesen Duft schon gerochen habe?«
    »Na?«
    »Gestern abend, bei meiner ersten Fahrt. Da mußte ich einen jungen Burschen in die 32. Straße bringen. Und dann

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