0145 - Falschgeld, Gift und Gangster
Dielen?«
»Vier und eine halbe Minute, Sir!«
»Allerhand.«
Ich drehte mich um. Das Lokal war zum Bersten voll, und ich hätte mich auf der Stelle teeren und federn lassen, wenn nicht mindestens die Hälfte der Anwesenden Zuchthausmauern schon von innen gesehen hatten. Trotz der vielen Leute aber herrschte eine wohltuende Stille. Daß mich freilich alle anstarrten wie den Berg Sinai, das empfand ich als übertriebene Aufmerksamkeit.
Ich ging, noch ein wenig unsicher auf den Beinen, zu dem Pfeiler, in dessen Umgebung sich das Drama abgespielt hatte. Man machte mir bereitwillig Platz, und es gab keinen, der mich auch nur halbwegs schief angesehen hätte.
Mein Riese Goliath lag noch immer neben dem Pfeiler, genau dort, wo ich ihn hingeschickt hatte. Ich betrachtete mir einen Augenblick das massige Gebirge, das sich da zu meinen Füßen erstreckte, dann kam ich zu der Überzeugung, daß normale Menschenkraft wohl kaum ausreichen würde, es hochzuheben. Man hätte einen Flaschenzug oder einen Kran haben müssen.
»Warum habt ihr ihn nicht längst wieder auf die Beine gestellt?« fragte ich die Umstehenden. »Ihr wärt doch genug Leute dazu gewesen!«
Ein kleines Männchen mit einem pfiffigen Fuchsgesicht griente mich an und sagte mit heller Fistelstimme: »Woher sollen wir wissen, ob er‘s gern hat, von anderen Leuten auf die Beine gestellt zu werden, Sir? Wir sind heute nicht ganz so in Form wie Sie.« Die anderen lachten wieder. Ich zuckte die Schultern und marschierte steifbeinig zur Theke. Dort suchte ich eine Weile, bis ich zwei leere Schnapsflaschen gefunden hatte. Ich ließ sie voll Wasser laufen und machte mich damit auf den Rückweg.
Langsam ließ ich meinem Riesen Goliath das eiskalte Wasser ins Genick tröpfeln. Zuerst zeigte er überhaupt keine Reaktion. Dann grunzte er das erste Mal, freilich nur für einen Augenblick und ohne ein weiteres Lebenszeichen von sich zu geben.
Aber eine kalte Dusche bringt am Ende jeden Kämpfer wieder zu sich — wenn es bei ihm überhaupt noch etwas gibt, was zu sich gebracht werden kann.
Goliath jedenfalls fing auf einmal an, sich herumzuwälzen. Er versuchte mit dem Kopf, außerhalb des Wasserstrahles zu gelangen, der aus meiner zweiten Flasche erbarmungslos auf ihn herabgluckerte.
Ich ließ den letzten Tropfen auslaufen, dann brachte ich die leeren Flaschen zur Theke und holte dafür die angebrochene Flasche Whisky. Als ich bei Goliath ankam, schlug er gerade die Augen auf.
Das hat noch nicht viel zu bedeuten. In solchen Situationen hat man die Augen manchmal schon offen, wenn man noch so gut wie gar nicht vorhanden ist. Ich wartete, bis der glasige Blick allmählich schärfer wurde.
Dann beugte ich mich zu ihm hinab und setzte ihm die Whiskyflasche an die Lippen. Er ließ den ganzen Rest der Flasche in sich hineingluckern wie ein leeres Faß. Dann wischte er sich mit dem Handrücken über die schmatzenden Lippen und stöhnte zufrieden.
Und auf einmal erkannte er mich. Ich hatte alle meine Muskeln gespannt und wäre bereit gewesen, im Bruchteil einer Sekunde einen neuen, fürchterlichen Haken zu landen, um meinen ersten Erfolg nicht in Frage zu stellen, aber es kam anders.
Goliath grinste auf einmal.
»Du bist der tollste Kerl, den ich je kennengelernt habe. Wollen wir beide noch einer Flasche den Hals brechen?«
Totenstille war eingekehrt, als Goliath die Augen aufgemacht hatte. Jetzt schwoll ein Lärm an, der jedes eigene Wort unverständlich machte. Ich nickte Goliath zu und hakte ihn unter. Er kam auf die Beine, aber ich kann nicht sagen, daß ich je im Leben schon einmal so eine Last hochgewuchtet hätte.
Arm in Arm marschierten wir zur Theke. Das Lokal zitterte von dem Gebrüll der Männer, die abwechselnd Jeff und dann wieder mich hochleben ließen. Na schön, nach einer solchen Sache soll man nicht kleinlich sein. Ich stiftete zwei Pullen und Jeff tat das gleiche.
Dann beugte er sich zu mir herüber und kniff ein Auge ein:
»Für uns habe ich eine besondere Pulle im Keller. Ich hol' sie rauf!«
Mir war durchaus danach. Ich fühlte seine Freundschaftsbeteuerungen von vorhin noch an sämtlichen Körperstellen. Also nickte ich.
Es war ein besonderer 'Stoff. Französischer Cognac, gute dreißig Jahre alt. Wir tranken ihn wie Kenner. Goliath entwickelte einen überraschend guten Geschmack.
Als wir beim dritten Glas waren, sagte er:
»Und nun kannst du mir sagen, was du eigentlich hier willst, he?«
»Sag mir vorher, warum du mich an die Luft
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