0146 - Die große Beute
ich mich in die Bücher und Abrechnungen des Goldschmiedes.
Webman hatte im vergangenen Jahr nicht schlecht verdient. Seine Arbeit brachte ihm rund zwanzigtausend Dollar jährlich ein, aber in diesem Jahr hatte er in acht Monaten erst fünftausend Dollar kassiert, mit Ausnahme von wenigen privaten Arbeiten waren die Quittungen fast vollständig von Barowick & Son ausgestellt. Ich verglich die Daten der Quittungen. Belege aus den letzten vier Monaten fehlten fast vollständig. Es sah so aus, als hätte der Goldschmied in den letzten vier Monaten fast nichts gearbeitet.
Sie erinnern sich, dass Henry Webman von einer Haushälterin versorgt wurde, die seine Wohnung sauber hielt und sein Mittagessen zubereitete, aber sich nie länger als ein oder zwei Uhr mittags in dieser Wohnung auf hielt.
Ich suchte die Frau auf. Sie erkannte mich wieder.
»Guten-Tag, Agent Cotton«, sagte sie. »Haben Sie den Mörder des armen Mister Webman immer noch nicht gefasst?«
»Leider nicht, Mrs. Law. Darf ich noch ein paar Fragen an Sie stellen?«
»Bitte, kommen Sie herein.«
Sie führte mich in das Wohnzimmer.
»Mrs. Law, hat Henry Webman drei oder vier Monate vor seinem Tod besonders wenig gearbeitet? Bitte, überlegen Sie genau, bevor Sie antworten.«
»Ich brauche nicht zu überlegen. Er hat soviel gearbeitet wie immer. Ich glaube, ich kann sogar sagen, er hat noch mehr gearbeitet als sonst. Wenn ich morgens kam, saß er schon an seinem Arbeitsplatz oder stand an dem Schmelzofen.«
»Können Sie sich nicht erinnern, was er gearbeitet hat?«
»Komische Frage, Agent Cotton. Natürlich irgendetwas mit Edelsteinen, Ringe, Ketten und Armbänder.«
»Arbeitete Webman eigentlich frei aus dem Gedächtnis oder nach einer Vorlage?«
»Mal so und mal so. Wenn seine Kunden ihm freie Hand ließen, dann formte er die Stücke nach seiner Fantasie und brauchte keine Vorlage. Aber oft wollten Kunden auch vorher sehen, wie das Stück aussah, und dann fertigte er eine Zeichnung an, und wenn sie gefallen hatte, hielt er sich auch daran.«
Sie runzelte die Stirn, überlegte und sagte dann: »In den letzten Monaten hat er fast nur nach Vorlagen gearbeitet. Er hatte ein Brett, auf dem er die Zeichnungen anheftete. Ich habe das Brett in letzter Zeit nie leer gesehen.«
»Mrs. Law, versuchen Sie sich zu erinnern, welche Art Steine Henry Webman hauptsächlich verarbeitete!«
»Rote«, antwortete sie wie aus der Pistole geschossen.
»Rubine?«
»Keine Ahnung, wie die Dinger heißen. Jedenfalls waren sie rot, und ich weiß es genau, weil Mr. Webman an einem Morgen stöhnte: Ich kann die widerliche Farbe dieses roten Schunds bald nicht mehr sehen!«
Mich durchzuckte es wie ein elektrischer Schlag.
»Sagte er: roter Schund? Sind Sie ganz sicher, Mrs. Law?«
»Klar. Ich weiß, dass ich gelacht habe und sagte: Ich wünschte, ich könnte mir einiges von diesem Schund leisten.«
»Darauf antwortete Webman nichts?«
»Nein, er redete im Allgemeinen nicht viel.«
»Halten Sie es für denkbar, dass Henry Webman sich an einem Verbrechen beteiligt hätte?«
Sie fuhr auf und sah mich zornig an.
»Ausgeschlossen, Agent Cotton, Mister Webman war die Ehrlichkeit und Zuverlässigkeit in Person.«
»Entschuldigen Sie, Mrs. Law. Ich wollte nichts gegen ihn sagen. Jedenfalls vielen Dank für Ihre Auskünfte.«
Draußen auf der Straße überlegte ich. Eine von vier Personen musste ich jetzt nach gewissen Dingen fragen: Fred Barowick jun., Hedy Hayser, Liane Wandrey oder Joan Legrow.- Ich entschied mich für Hedy Hayser. Sie schien mir das geringste Risiko zu bieten.
***
Es fiel mir schwer, meine Ungeduld bis zum Abend zu bezwingen. Schon viel zu früh patrouillierte ich vor dem Appartementhaus, in dem Hedy Hayser wohnte, auf und ab.
Sie kam wie üblich gegen acht Uhr, und ich atmete auf, als ich sie allein sah.
»Ich muss Sie noch einmal sprechen, Miss Hayser. Vielleicht können wir drüben in dem Drugstore einen Kaffee zusammen trinken.«
Sie seufzte. »Na schön, Polizisten sind hartnäckiger als Liebhaber.«
Wir fanden in dem Drugstore einen ruhigen Tisch. Als der Kellner den Kaffee gebracht hatte, sagte ich ernst: »Miss Hayser, von diesem Gespräch darf niemand etwas erfahren. Barowick nicht, keine ihrer Kolleginnen und auch nicht einer von Ihren Freunden. Wenn ich erfahre, dass Sie zu irgendjemanden darüber gesprochen haben, werde ich sofort einen Haftbefehl gegen Sie beantragen.«
Mein Emst erschreckte sie. »Natürlich werde ich schweigen,
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