0152 - Der Tod aus der Urne
strahlenden Glorienschein versehen, Professor Zamorra.«
»Der gute David hat eben einen starken Hang zum Übertreiben«, gab der Para-Mann zurück. »Wir beide wissen das, Mr. Samuels.«
Zamorra schüttelte einige Dutzend Hände. Man reichte ihn herum wie ein Paradetier.
Er fühlte sich nicht besonders wohl in dieser Situation, konnte aber verstehen, daß die Leute auf ihn neugierig waren.
Schließlich begegnet man nicht jeden Tag einem Menschen, der nachweislich gefährliche Dämonen vernichtet hat. Für diese Menschen war Zamorra ein Wundertier. Ein Mann von unwahrscheinlichem Mut und einer nicht zu brechenden Tapferkeit.
Allmählich fing Zamorra an, die bewundernden Blicke der Mädchen zu genießen, wie er amüsiert feststellte.
Nachdem er den Spießrutenlauf hinter sich hatte, wollte Samuels ihm und Wagner unbedingt etwas zeigen.
Sie waren auf dem Weg zu seinem Arbeitszimmer, als Samuels' Schwiegersohn James Shreiner mit Barbara - Samuels' Tochter - die Treppe herunterkam.
Barbara Shreiner sah aus, als wäre sie aus weißem Porzellan gefertigt.
Sie wirkte ungemein zerbrechlich. Jeder, der sie sah, mußte den Wunsch haben, sie zu beschützen. Sie war blond. Ihre Augen vermochten angenehm zu strahlen.
James Shreiner wirkte neben ihr wie ein grober Klotz, aber bei genauerem Hinsehen bemerkte man, daß er sehr gut zu ihr paßte.
Er ergänzte Barbara in gewisser Weise. Alles das, was sie nicht besaß, hatte er: Härte, Energie, Tatkraft - und ein ungewöhnlich sicheres Auftreten.
Samuels machte sie miteinander bekannt.
Seltsam, dachte Zamorra. Manche Menschen mag man sofort. An andere muß man sich erst langsam gewöhnen. Und wiederum andere kann man vom ersten Augenblick an nicht riechen.
James Shreiner gehörte für ihn weder zur zweiten noch zur dritten Kategorie. Zamorra fand ihn auf Anhieb sympathisch. Und Shreiner den Professor auch, das spürte Zamorra an seinem Händedruck. Über Barbara braucht kein Wort gesagt zu werden. Sie schloß sowieso jeder sogleich in sein Herz.
Sie wollten sich später zu einem kleinen Gespräch zusammensetzen.
Doch nun war Ron Samuels nicht mehr zu bremsen. Er wollte ihnen sein derzeit liebstes Kind vorführen, wie er sagte, und David Wagner war genauso mächtig gespannt wie Zamorra, was für ein Kind das sein sollte.
Samuels machte Licht im Arbeitszimmer.
Vor seinem Schreibtisch stand ein zweiter großer Tisch. Samuels blieb mit stolzgeschwellter Brust davor stehen.
»Das hier ist mein derzeit jüngstes und mein liebstes Kind.«
Es war das Modell einer Stadt - mitten in London.
»Wie gefällt es euch?« fragte Samuels.
»Überwältigend«, sagte Zamorra.
»Sehr beeindruckend«, sagte Wagner.
»Kommunikationszentrum, Hypermarkt, Parkhochhäuser, Büro-Skyscraper… Alles ist da«, erklärte Ron Samuels. Seine Handbewegung schloß das gesamte Modell ein.
Als Architekt für dieses Traumprojekt war Samuels' Schwiegersohn Shreiner verantwortlich. Von ihm stammte auch dieses bestechende Modell, das bis ins kleinste Detail durchdacht und ausgefertigt war. Ein Milliardenprojekt.
Samuels konnte das trotz seines enormen Reichtums keinesfalls allein finanzieren. Aber Zamorra war sicher, daß er das hierfür nötige Geld ohne nennenswerte Schwierigkeiten bereits aufgetrieben hatte.
Samuels war in der Finanzwelt eine geachtete Persönlichkeit. Niemand sah in ihm einen Tagträumer, dem man keinen Penny anvertrauen konnte.
Wenn Samuels etwas in Angriff nahm, dann war der Erfolg von vornherein eine garantierte Sache, und alle, die mit ihm zogen, hatten wieder einmal verhältnismäßig leicht viel Geld verdient.
»Und wo soll das Ganze entstehen?« erkundigte sich David Wagner interessiert.
»In Shoreditch?« antwortete Samuels.
»Aber da stehen doch Häuser«, sagte Wagner erstaunt.
»Viele davon gehören seit langem mir«, erklärte Samuels. »Den Rest kaufe ich so nach und nach auf. Es sind alte Häuser. Sie werden abgerissen. Es ist das beste, was man mit ihnen machen kann.«
»Und was passiert mit den Leuten, die in diesen Häusern wohnen?« erkundigte sich Professor Zamorra.
»Die kriegen von mir herrliche Wohnungen im Grünen«, antwortete Ron Samuels lächelnd.
»Vermutlich am Stadtrand«, sagte Zamorra.
»Allerdings.«
»Erwarten Sie keine Schwierigkeiten?« fragte Zamorra. »Ich könnte mir vorstellen, daß nicht jedermann mit einer solchen Umsiedlung einverstanden ist.«
Samuels lachte. »Ich bitte Sie, Professor. Die Leute sind froh, aus ihren
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