0152 - Größer als die Sonne
Wichtige vom Unwichtigen getrennt. Der entsprechende Bericht, der dann an den Kommandanten abging, war kurzgefaßt und enthielt in verständlicher Sprache die wichtigsten Daten, so daß auch ein Laie die Angaben und deren Bedeutung verstehen konnte.
Oberstleutnant Thomas Herzog hatte den Bericht gelesen. Die Koordination hatte unter den vielen Sonnen um sie herum drei für den nächsten Anflug ausgewählt. Jener Stern, über den Tyll Leyden seine Voraussagen gemacht hatte, befand sich nicht darunter.
An den Lichtblitz, an diesen Tasterstrahl aus irgendeinem Hyperraum, denkt keiner mehr, grollte Thomas Herzog in Gedanken. Ihm ließ dieses unheimliche Ereignis keine Ruhe. Aber in seinem stummen Vorwurf tat er einigen Männern Unrecht. Gus Orff meldete sich über die Bordverständigung. Er fragte an, ob die Koordination seinen Hinweis auf den Taster im Kurzbericht aufgeführt hätte.
„Nein!" sagte Herzog. „Aber kommen Sie mir nicht wieder mit dem Argument, die Koordination hätte keine Existenzberechtigung.
Sie ist die einzige Stelle, die mir die Fachsprache meiner Experten in verständliche Worte übersetzt. Halbgötter sind die Männer in diesem Team schließlich nicht. Aber ich freue mich, daß Sie wegen dieses Falles angerufen haben, Orff. Man hat mir drei Ausflugsziele vorgeschlagen. Ich möchte von dem Vorschlag keinen Gebrauch machen, vielmehr Leydens Sonne anfliegen."
„Ich hätte es Ihnen ebenfalls vorgeschlagen, Herzog", meinte Orff impulsiv.
„Gut. Der Ansicht der Koordination und deren Positronik zum Trotz: Wir fliegen Leydens Sonne an", rief der Kommandant.
Er schaltete ab. Nachdenklich legte er den Kurzbericht vor sich hin. An den Inhalt dachte er nicht, auch nicht an das Gespräch mit Gus Orff. Er lauschte in sich hinein. Er kam sich fremd vor. Er hatte den Eindruck, anders zu sein.
Jeder Raumschiffkommandant des Imperiums hatte eine intensive, sämtliche Gebiete betreffende psychologische Schulung hinter sich. Thomas Herzog suchte in seinem Wissensschatz, um darin den Schlüssel für seine Gefühle zu finden.
Aus einem Impuls heraus setzte er sich mit Gus Orff in Verbindung. Er wartete die wenigen Sekunden nicht ab, bis das Bild auf dem Schirm stabil war. „Eine vertrauliche Frage, Orff: Wie fühlen Sie sich, wenn Sie an Leydens Sonne denken?"
„Gut..." Pause. Auf Orffs Gesicht zeigte sich zunächst Erstaunen, dann leichte Bestürzung. „Nein, Herzog, meine Angabe stimmt nicht. Eigenartig. Ich bin nahezu darauf versessen, möglichst schnell viel über Leydens Stern zu erfahren. Donnerwetter, sollte mein phlegmatischer Leyden über Suggestivkräfte verfügen?"
„Löschen Sie unsere Verbindung nicht, Orff. Ich rufe die Personalpositronik an."
Orff hörte den Kommandanten sprechen. Er vernahm auch die Auskunft der Positronik. Laut Psychotest besaß Tyll Leyden nicht die geringsten Anlagen zu irgendeiner Parafähigkeit.
„Dann hat uns mein Mitarbeiter mit seiner eigenartigen Arbeitsweise eben einfach so neugierig gemacht Sir", meinte Orff.
„Ich glaub's bald auch", erwiderte Herzog. Überzeugt klang es aber nicht. „Auf jeden Fall werde ich mir Ihren Tyll Leyden unter die Lupe nehmen. Warum winken Sie ab, Orff?"
„Weil ich mir das gleiche auch einmal vorgenommen hatte. Ich habe Leyden monatelang beobachtet. Aber dabei ist nichts herausgekommen. Er bleibt wie er ist: Phlegmatisch und redefaul und langsam in allem, was er tut."
„Na, so langsam ist er aber nicht gewesen, als er die faltonsche Theorie ausprobierte. Also, wir fliegen seine Sonne an. Ich bin dieses Mal gespannt, was uns erwartet."
„Mir ergeht es nicht anders, Sir."
*
Die acht Männer in der Koordination waren unzufrieden. Sie sahen ihre Existenzberechtigung wieder einmal in Frage gestellt.
Gegen ihren Vorschlag und den der Positronik hatte sich Oberstleutnant Herzog entschlossen, Leydens Stern anzufliegen.
Acht Mann wiesen in einer gemeinsamen Eingabe darauf hin, daß die Positronik diese Sonne erst an die 48. Stelle gesetzt hätte.
Herzog gab zurück: „Hier befiehlt keine Positronik, sondern immer noch der Kommandant!"
In der Zentrale löste sein Befehl keine Überraschung aus. Dieser Lichtblitz, der ein Tasterstrahl aus einem Hyperraum gewesen sein sollte, war immer noch Gesprächsthema Nummer eins. Eine gewisse Neugier, ob Tyll Leyden mit seinen Angaben wohl recht hätte, war auch vorhanden. Als Thomas Herzog einige Minuten später, aus seiner Kabine kommend, die Zentrale betrat, war die
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