Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
0154 - Der Schädelberg

0154 - Der Schädelberg

Titel: 0154 - Der Schädelberg Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wilfried Antonius Hary
Vom Netzwerk:
Schrecken. Der Tod war mein ständiger Begleiter. Man fürchtete und man haßte mich. Ich wurde zu Gor, dem Unbesiegbaren. Ich kam in andere Länder und beherrschte sie bald. Und wenn es mir keinen Spaß mehr machte, der Herrscher zu sein, zog ich weiter, eroberte ich das nächste Land. Wenn meine Körperkraft und mein Kampfesmut nicht ausreichten, setzte ich meine Magie ein. Immer weiter bildete ich sie aus. Und eines Tages kehrte ich nach Zartas zurück -als der Eroberer. Ich stand vor dem Stadttor, breitbeinig, drohend, verhöhnte die Wächter, forderte sie alle zum Kampf heraus. Zunächst glaubten sie, ich wäre mit einem ganzen Heer gekommen, doch ich war allein. Deshalb öffneten sie, um mir eine Lektion zu erteilen. Es waren für zartasische Begriffe wilde Burschen, doch Weichlinge gegenüber denen, die ich auf meinem blutigen Weg besiegt hatte. Ich tötete einige von ihnen und betrat dann unangefochten die Stadt. Die Menschen hörten von mir. Das nackte Grauen breitete sich aus. Sie verkrochen sich ängstlich in den Häusern. Ich lachte über sie und über ihre Feigheit und begriff nicht, daß Friede der Ausdruck des Guten ist und daß ich das Böse nach Zartas brachte. Die Stadtwächter ließen mich ungeschoren. Sie hatten Angst vor mir und trauerten um ihre toten Kameraden, die ich in meiner Blindheit ermordet hatte. Als der Sieger, als der Eroberer schritt ich über die Prachtstraße zum Palast. So leicht hatte man es mir noch nie gemacht. Kaum erreichte ich den Festplatz, als sich die Pforte des Palastes öffnete. Die Palastwachen stürzten sich todesmutig auf mich. Ich spielte mit ihnen mein tödliches Spiel, bis die wenigen Überlebenden von mir abließen. Und dann kam die Überraschung!«
    Gor hielt ein. Sein Atem ging keuchend. Sein Gesicht war kreidebleich.
    Die Augen hielt er geschlossen. Er erlebte noch einmal, was damals geschehen war.
    Und er erzählte es: »Ein alter Mann mit weisen, wissenden Augen. Er allein schaffte es, mich aufzuhalten. Plötzlich stand er im Portal. Er hob die Linke und sagte feierlich. ›Halt ein, Gor!‹
    ›Du erkennst mich?‹
    ›Oh, du hast dich verändert, bist zu einem Mann geworden - und zu einem Töter! Aber ich wußte sofort, daß du zurückgekehrt bist. Der Augenblick, vor dem sich manche fürchteten. Deine Eltern haben inzwischen das Zeitliche gesegnet. Doch das wird dich wenig interessieren. Der Tod ist dein Freund und Wegbegleiter. Eine Aura des Bösen hast du um dich erzeugt. Ich spürte sie schon, als du noch hundert Kilometer entfernt warst !‹
    ›Zum Teufel mit dir, Alter, geh mir aus dem Weg!‹
    ›Du brauchst es mir nicht zu befehlen, Gor. Schreite einfach aus, und du wirst mich überrennen, als wäre ich nicht vorhanden. Gegen dich bin ich doch ein Nichts, oder?‹ Etwas regte sich in mir, was ich nicht kannte. War es Ehrfurcht, Respekt? Ich ärgerte mich maßlos darüber und wollte den Alten tatsächlich einfach überrennen. Doch das brachte ich nicht fertig. Es war keine magische Kraft, die mich abhielt, sondern nur dieses Gefühl, und es kam aus mir selbst. Allein die Gegenwart des Alten genügte, um mich zu einem Schwächling zu degradieren. ›Wer bist du überhaupt?‹ fragte ich. ›Ich kenne dich nicht!‹
    ›Das ist kein Wunder, denn schon als Kind hast du die Lehren des Guten verächtlich abgelehnt. Von diesem Palast hier wird Zartas regiert. Doch er ist nicht nur Regierungssitz, sondern darüber hinaus ein Tempel. Zartas ist ein Hort des Friedens. Einst erbauten wir die Stadtmauern, obwohl wir sie längst nicht mehr brauchen. Niemand greift Zartas an. Wenn die Barbaren kommen, um Zartas zu erobern, ziehen sie weiter, ohne gekämpft zu haben. Der Friede ist ansteckend, Gor. Nur auf dich wirkt er nicht. Das Böse in dir ist bereits zu stark. Du wurdest zu einem Sklaven der Hölle, ohne daß es dir je zu Bewußtsein gekommen ist. Deine Unbesiegbarkeit ist ein Werk von Asmodis, dem Höllenfürst, der seine schützende Hand über dich hält.‹
    ›Was redest du da für einen Unsinn, Alter? Ich bin Gor, der Unbezwingbare, der Eroberer! Niemals bin ich ein Sklave, und dein Asmodis kann mir gestohlen bleiben. Soll er mir erscheinen, daß ich ihm den Schädel einschlage!‹ Bedauernd schüttelte der alte Mann den Kopf. Mit seinem weißen Bart spielte der Wind. ›Du bist noch immer das Kind, das du einmal warst, und begreifst nichts. Einer der Schrecklichsten aller Dämonen ist der Dämon des Todes. Ihn hast du geweckt. Er ist bei dir, ohne

Weitere Kostenlose Bücher