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0154 - Der Schädelberg

0154 - Der Schädelberg

Titel: 0154 - Der Schädelberg Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wilfried Antonius Hary
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blieb dahingestellt, ob er einen Fehler gemacht hatte. Auf jeden Fall hatte er gewollt, daß Zamorra den Dingen unvoreingenommen begegnete. Darin hatte er einen Vorteil gesehen. Denn sein eigenes Wissen war zugegebenermaßen unzureichend. Es gab eine Menge Details, von denen er nur etwas ahnte.
    Zamorra wußte -inzwischen mit Bestimmtheit mehr als das, was Dufay in mühevoller Kleinarbeit zusammengetragen hatte.
    Schweiß trat ihm auf die Stirn. Ein Schwächeanfall. Er umklammerte das Steuer und stierte nach vorn auf die nächtliche Straße. Linker Hand die Grachten. Ein roh zusammengezimmertes Hausboot schwamm auf dem Wasser. Rechts uralte Gebäude mit viel Fachwerk und noch mehr Verschnörkelungen. Manche waren bunt angemalt, andere wirkten verfallen. Meistens waren sie kaum breiter als ein Handtuch. Amsterdam war für seine Altstadt berühmt. Aber für die Zeugen der ruhmreichen Vergangenheit, in der diese Stadt im Welthandel die bedeutendste Rolle gespielt hatte, zeigte Professor Dufay in dieser Nacht wenig Sinn. Er blickte gehetzt umher, fühlte sich auf einmal beobachtet.
    Seine Hände zitterten. Er fuhr schneller. Die Straße war hier menschenleer.
    Und da erschien ihm die Gestalt - nur fünfzig Meter vor ihm. Unwillkürlich ging er vom Gas herunter und bremste ab. Die Gestalt winkte ihm zu. Sie hatte einen langen, im Wind flatternden Umhang an und eine Kapuze auf dem Kopf.
    Nur noch fünf Meter. Dufay stoppte den Wagen, runzelte die Stirn. Was sollte das? Ein Anhalter? Der hatte ihm gerade noch gefehlt.
    Der Fremde trat näher und hob dabei beide Arme zum Himmel. Der Umhang glitt zurück - und Dufay sah die bleichen Knochenhände! Ein verirrter Lichtstrahl traf das Gesicht des Fremden.
    Gesicht? Es war eine Totenfratze, in deren leeren Augenhöhlen das Grauen nistete.
    »Nein!« ächzte Josquin Dufay.
    Erst jetzt gewahrte er, daß die Gestalt leicht durchsichtig war. Wie in Zeitlupe brach sie zusammen.
    Im nächsten Moment bewegte sich ringsum der Boden. Der Wagen wurde geschüttelt. Dufay hatte den Eindruck, das Pflaster würde sich verflüssigen. Seine Oberfläche kräuselte sich wie das Meer bei einem beginnenden Sturm.
    Noch fester umklammerten seine Hände das Lenkrad. Der Motor tuckerte leise. Das einzige Geräusch.
    Aber nicht mehr lange. Ein Grollen pflanzte sich im Boden fort. Schlagartig reckten sich Hunderte von Knochenhänden aus dem Pflaster. Sie tasteten nach Halt, zogen die vom Fleisch befreiten grausigen Körper nach.
    Ein Knochenheer, das überall aus der Erde stieg, um Dufay heimzusuchen!
    Josquin Dufay schrie gellend. Er legte den ersten Gang ein.
    Bloß weg hier!
    Er trat auf das Gaspedal. Die Reifen drehten durch. Endlich bekamen sie Halt. Der Wagen schoß vorwärts, mitten hinein in die Knochengerippe, die abwehrend die Arme hoben. Der Wagen rollte einfach über sie hinweg.
    Der zweite Gang. Noch mehr Gas!
    »Nein!«
    Einige der Skelette hatten es geschafft, auf das Dach zu klettern. Sie rutschten nach vorn, krachten auf die Kühlerhaube, schlugen gegen die Frontscheibe.
    Der dritte Gang! Die Tachonadel zitterte auf die Siebzig zu.
    Noch immer war alles übersät mit kriechenden Gerippen.
    Josquin Dufay konnte kaum mehr etwas sehen. Die Gerippe auf der Kühlerhaube nahmen ihm die Sicht.
    Plötzlich tauchte schräg vorn eine Hauswand auf. Dufay riß das Steuer herum. Die Gerippe verloren den Halt und schlitterten von der Haube.
    Dufays Ausweichmanöver kam zu spät! Der Wagen traf schräg gegen die Mauer, verlor einen Kotflügel, prallte ab, schlitterte quer über die Straße. Die Brüstung zum Kanal. Verzweifelt kurbelte Dufay am Steuer. Diesmal schaffte er es. Der Wagen traf mit dem Heck gegen die Brüstung, zertrümmerte einen Pfosten. Mehr passierte nicht.
    Dufays Ford raste im Zickzackkurs weiter.
    Und dann verlor Dufay wieder die Herrschaft über das Lenkrad. Der Ford brach nach links aus, schepperte eine weitere Hauswand entlang, drehte sich halb um sich selbst und blieb stehen.
    Die Tür war aufgesprungen. Dufay löste den Sicherheitsgurt und taumelte hinaus.
    Das Knochenheer hatte ihn umzingelt. Sie würden ihn nicht entkommen lassen.
    Schreiend rannte Dufay zur Gracht. Das dunkle Wasser erschien ihm wie die letzte Rettung. Dort zeigten sich die Knochengestalten noch nicht.
    Skeletthände erwischten ihn an den flatternden Hosenbeinen. Doch es gelang ihm, sich loszureißen.
    Endlich erreichte er die Brüstung. Dufay war Nichtschwimmer, und das kalte, schmutzige Wasser der Gracht

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