0157 - Wer mit Gedanken töten kann
denken?«
»Jerry, nicht wahr?« Sie sprach abgehackt und tonlos, ohne Modulation in der Stimme, wobei sie jetzt mit starrem Blick ins Leere stierte.
»Er war es.« Smith hielt der Frau die Zigarettenschachtel hin. Sie nahm das Stäbchen, zerbrach es und schleuderte die Reste auf den Tisch. »Er hat mein Leben zerstört!« flüsterte sie. »Ich hasse ihn, verdammt, ich hasse ihn!«
Sie wollte schreien. Smith bemerkte es rechtzeitig und verschloss mit seiner Hand ihren Mund.
Elaine aber sackte zusammen und begann zu weinen. Erst jetzt drang die natürliche Reaktion durch.
Smith ließ sie, obwohl die Zeit drängte. Aber mit einer nervenschwachen Person konnte er nichts anfangen.
Schließlich hatte sich Elaine wieder gefangen.
»Wir müssen das Blut wegwischen«, sagte der Mann.
»Das Blut?« Die Frau sprach so, als hätte sie gar nichts gehört. Sie schaute ins Leere: Smith schüttelte sie. »Ja, verdammt, das Blut. Holen Sie einen Eimer und einen Wischer.«
»Sicher.«
Smith rückte zur Seite, damit sie aufstehen konnte. Dabei ging sie wie eine Marionette, die von irgendeinem Lenker geleitet wurde. Smith hatte das Gefühl, ihre Beine würden gar nicht zum Körper gehören. Sie verließ das Zimmer. Der Agent folgte ihr sicherheitshalber, doch die Frau war nur in der kleinen Diele vor einem Einbauschrank stehengeblieben, hatte die Tür aufgezogen und holte das Putzzeug hervor. Sie besaß noch einen alten Metalleimer.
Ihn ließ sie zur Hälfte mit Wasser vollauf en, feuchtete den Aufnehmer an und wischte über den Boden.
Smith zog die Tischdecke ab. Er befreite sie notdürftig vom Blut und stopfte sie in den Mülleimer.
Elaine mußte noch dreimal frisches Wasser holen, dann hatte sie den Boden befreit.
Smith war zufrieden. So langsam beruhigte er sich wieder. Er schaute auf sein Chronometer.
Schon zwanzig Uhr.
Bald musste etwas geschehen, dieses Warten hier machte ihn noch verrückt. Plötzlich schrie Elaine Peters auf. Smith fuhr herum.
Die Frau stand in der Mitte des Raumes und hatte die Hände in ihr Haar gekrallt.
»Was ist los?«
»Er hat mich gerufen.«
»Wer? Jerry?«
»Ja, er.«
»Und was will er?«
Sie schaute ihn an. Lauernd und fordernd. »Er will, dass ich sofort zu ihm komme.«
»Und? Gehen Sie?«
»Ja, ich muss doch oder nicht?« Staunend schaute Elaine Peters den Fremden an.
Smith grinste. »Klar müssen wir. Kommen Sie, meine Liebe, auch ich kann es kaum erwarten…«
***
Es war die Ruhe vor dem Sturm.
Eine trügerische, gefährliche Ruhe, die sich über den kleinen Ort Oakville gelegt hatte.
Inzwischen wußten wir auch, dass nicht allein die Brücke eingestürzt war, sondern dass es auch vier Tote und mehrere Verletzte gegeben hatte.
Allgemein rätselte man über die Ursache. Wir wussten es besser, hüteten uns jedoch, etwas zu sagen.
Die Polizisten waren aus dem Ort abgezogen worden. Sie mussten helfen. Nur Crane, Horn, Suko und ich waren geblieben. Wir hatten unser Hauptquartier in der kleinen Polizeidienststelle aufgeschlagen.
Cranes Beine lagen auf dem Schreibtisch. Ein Zigarillo klemmte in seinem Mundwinkel.
Er starrte nur das Telefon an. Crane wartete auf eine Nachricht, die ihm sagen sollte, wo sich Jerry Peters befand, damit er ihn abholen konnte.
Aber der Apparat blieb stumm.
Jack Horn spielte mit seiner Waffe. Es war ein 38er Smith & Wesson und roch nach Öl.
Mich machte die Warterei nervös. Ich spürte, dass irgendetwas geschehen war und noch geschehen würde, und das Herumsitzen hier trieb mich fast zum Wahnsinn.
Suko dachte ähnlich wie ich, das sah ich an seinem Blick. Schließlich hielt ich es nicht mehr aus und erhob mich.
Sofort schaute mich Crane an. »Was ist los, Sinclair? Wollen Sie uns verlassen?«
»Ja, ich mache einen Rundgang.«
Jack Horn grinste. »Wie früher der Sheriff, wie?«
»So ähnlich«
Suko war ebenfalls aufgestanden und kam zu mir. Er wollte mich begleiten.
»Na dann viel Spaß!« rief Crane uns nach, als wir die Tür hinter uns schlossen.
Wir gingen die Treppe hinunter und blieben auf dem schmalen Gehsteig stehen.
»Was hältst du von denen da?« fragte Suko.
Ich atmete tief die kühle Nachtluft ein. Das tat gut nach dem Tabakgestank in der verräucherten Bude. »Nichts«, erwiderte ich auf Sukos Frage. »Wenigstens nicht viel. Sie haben sich nicht geändert. Sind noch so wie ich sie kenne. Kalt, arrogant, überheblich und halten sich für den Nabel der Welt.«
Wir hatten uns ein Stück vom Polizeirevier entfernt.
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