Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
0158 - Der Panthermann

0158 - Der Panthermann

Titel: 0158 - Der Panthermann Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Werner Kurt Giesa
Vom Netzwerk:
sich und kroch aus seinem Schlafsack hervor. Es half nichts; er mußte hoch. Rex’ feuchte Schnauze stupste ihn wieder und wieder an; der Schäferhund schniefte gemütlich. »He, alter Junge, langsam«, murmelte Alfred, als der Hund begann, ihn abzuschlecken. »Nicht im Gesicht, Rex, wie oft soll ich es dir noch… ups!« Er richtete sich halb auf, legte einen Arm um die Schulterpartie des großen Hundes und warf ihn um. Spielerisch schnappte Rex nach seinen Händen. Alfred von Truygen lachte.
    »Immer mit der Ruhe, mein Alter«, murmelte er und richtete sich auf. Die Sonne kroch bereits über den niedrigen Horizont. Er hätte normalerweise noch ein paar Stunden geschlafen, bis in den frühen Vormittag hinein, aber Rex hinderte ihn nachhaltig daran. Das Felltier, Fabrikat Deutscher Schäferhund, hockte jetzt vor ihm, die lange Zunge herabhängend, und sah ihn listig an, als wolle er sagen: Morgenstund hat Gold im Mund!
    »Bloß sieht Gold im Mund aus wie Zahnersatz«, murmelte Alfred in einem Anflug von Verdrossenheit und taumelte verschlafen die paar Schritte zum Bach, um sich hineinzustürzen und zu erfrischen. Er hatte Semesterferien und machte Urlaub à la Wanderbursche mit Übernachtungen im Freien, weil das am preisgünstigsten war. Von Jugendherbergen hielt der Student nicht allzuviel. Er war der typische Einzelgänger, sein einziger und daher bester Freund war der Hund.
    Rex gesellte sich zu ihm in den Bach. Gemeinsam veranstalteten sie eine gewaltige Balgerei. Endlich schaffte Alfred es, das Wasser wieder zu verlassen, sich abzutrocknen und anzukleiden. Aufmerksam sah Rex ihm bei der Prozedur zu.
    »Kommen wir zum Frühstück«, murmelte Alfred. Er warf dem Schäferhund einen vorwurfsvollen Blick zu. »Wenn du es endlich einmal übers Herz bringen würdest, einen Hasen zu fangen, könnten wir eine Menge Geld sparen!«
    Rex klappte ein Ohr herunter und schniefte bedauernd.
    »Ist ja schon gut, Bursche«, grunzte Alfred und packte seine Siebensachen zusammen. Schwungvoll warf er sie nebst Schlafsack in den gigantischen Kofferraum des fahrbaren Rostbombers, den er mitten in die Heide kutschiert hatte. Ein Schlachtschiff; ein Cadillac aus den fünfziger Jahren, der schon so manchen Sturm erlebt und mittlerweile Rost angesetzt hatte. Vielleicht war er deshalb so billig gewesen. Der Wagen war neben Rex Alfreds Stolz. Er bot wahnsinnig viel Platz, schluckte wahnsinnig viel Sprit und erregte überall wahnsinnig viel Aufsehen. Autos dieser Art gab es in Old Germany nur äußerst wenige. Für den Staat, den der Caddy machte, zahlte Alfred gern die wahnsinnig hohe Hubraumsteuer für den Sechs-Liter-Motor und die wahnsinnig vielen PS. Daß die rollende Rostlaube dank eines durchlöcherten Auspuffs wahnsinnig laut röhrte, machte ihm wenig aus. »Fährt wie ein Panzer, macht Krach wie ein Panzer, muß also ein Panzer sein«, sagte er sich, obwohl er als Pazifist eigentlich mit echten Panzern wenig im Sinn hatte.
    »Rein mit dir«, rief er dem Schäferhund zu. »Wir fahren frühstücken!«
    Rex legte kurz die Ohren an, sprang dann durch die geöffnete Tür und ließ sich wie ein braves Hündchen auf dem Beifahrersitz nieder. Alfred von Truygen klemmte sich hinter das Lenkrad, startete und fuhr los. Sein Ziel war das nächstliegende Dorf; irgendein Gasthof oder eine Pommes-frites-Bude würde geöffnet haben und ihm ein Frühstück und Rex eine leckere Wurst oder etwas Ähnliches bieten können. Auch um diese frühe Morgenstunde. Um die Verpflegung hatte Alfred sich nie Sorgen machen müssen. Hin und wieder hatte er schon in Kur-Pensionen vorgesprochen und einen netten Eindruck hervorgerufen, der ihm ein reichhaltiges Frühstück bescherte.
    Der Motor, normalerweise geräuschlos flüsternd, donnerte wie ein Diesel-Traktor zwei Sekunden nach dem Start. Der riesige Wagen, der in Großstädten stets zwei der neuerdings nur noch für Mikro-Autos genormten Parkplätze benötigte, hoppelte bedächtig durch die Heidelandschaft, Alfred pfiff vergnügt einen Schlager, Rex sah ihn mit einem geöffneten und einem geschlossenen Auge nachdenklich an.
    »Zweifelst du etwa an meinen musikalischen Qualitäten, undankbarer Hund?« fragte Alfred.
    »Wau!« nickte Rex.
    »Vielleicht hast du recht«, gestand Alfred und stellte seine musikalische Betätigung ein. Bald mußte die Straße kommen, von der aus er das Dorf erreichen konnte.
    Aber… da lagen doch Leute mitten in der Landschaft?
    Ohne Schlafsack, einfach so? Am hellen Vormittag? Da

Weitere Kostenlose Bücher