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0158 - Wenn die Wolkenkratzer wackeln

0158 - Wenn die Wolkenkratzer wackeln

Titel: 0158 - Wenn die Wolkenkratzer wackeln Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wenn die Wolkenkratzer wackeln
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was kam jetzt?
    Irgendwo, mir gegenüber, war einer aufgestanden und rief dem Redner etwas zu.
    Niemand konnte verstehen, was er sagte, andere mischten sich ein, aber mit einer einzigen Handbewegung hatte der Mann auf dem Podium Ruhe geschaffen.
    »Wollen wir ihn anhören?« fragte er die Menge.
    Ein einziger Schrei antwortete ihm.
    »Gut!« dröhnte seine sonore Stimme. »Komm her, mein Freund, vor das Mikrophon, damit dich alle hören! Platz für den Herrn von der Opposition!« rief er, und unter dem Gelächter der Menge kam ein junger Mann den Mittelgang herunter und auf das Rednerpult.
    Kaum, daß er vor den Mikrophonen stand, holte er Atem.
    »Das ist ja alles gar nicht wahr«, rief er, noch außer Atem. »Was hier gesagt wird, stimmt ja gar nicht! Begreift ihr das denn nicht?«
    Drohendes Murren erhob sich nach dem ersten Augenblick der Stille.
    »Ruhe! Hört ihn euch an, Freunde, dann urteilt!« donnerte der Redner. Sein neuer Konkurrent blickte ihn unsicher an.
    »Wer nur eine Sekunde nachdenkt«, setzte er aufs Neue an, »wer wirklich nachdenkt — aber das könnt ihr ja gar nicht!«
    Das Echo auf seine Worte war überwältigend. Eine Weile konnte auch der Redner des Abends nicht zu Worte kommen. Aber der andere versuchte es, und schrie etwas in die Mikrophone, ich verstand nur:
    »… nicht so gemeint… zuhören.« Der Lärm legte sich für einen Moment, und alle verstanden: »… nur einen einzigen, der an allem Schuld ist, und das seid ihr selber! Wer das bis jetzt noch nicht eingesehen hat, ist gar nicht wert, daß er überhaupt…«
    Ich verstand nichts mehr. Ohne daß ich wußte, wovon eigentlich die Rede war, merkte ich doch, daß sich der Junge fast um Kopf und Kragen redete. Wenn man der Menge etwas Unangenehmes sagen will, muß man schon ein sehr erfahrener Redner sein, und das war er nicht.
    Der Sprecher des Abends stand gelassen lächelnd an seinem Mikrophon, während der Junge immer unsicherer wurde. Er versuchte noch ein paarmal, etwas zu sagen, aber er wurde einfach niedergeschrien. Ich blickte zum Eingang hinüber und sah Phil mit dem Leutnant auftauchen. Sie blickten fassungslos in diesen Hexenkessel.
    Gerade in diesem Augenblick stand ein dritter auf, nahe an der Manege. Er drehte sich zu denen um, die hinter ihm saßen und rief ihnen etwas zu..
    Begeisterte Zustimmung antwortete ihm, und sie erhoben sich alle von ihren Plätzen. Noch einmal fragte er die jungen Leute anscheinend, und wieder brüllten sie. Dann stand einer plötzlich auf der Bank und schwang die Arme. Die ersten Stühle polterten in die Manege, dann stiegen die Leute über die Barriere und in die Arena hinein. Sie stießen die völlig ahnungslosen Musiker beiseite und stürmten auf das Podium zu, während gleichzeitig von der anderen Seite eine zweite Gruppe herankam.
    Mit den Augen suchte ich Phil, aber der war schon wieder fort, und mit ihm der Leutnant. Sie mobilisierten wohl unsere Abteilungen — es schien an der Zeit, einzugreifen.
    Für einen Augenblick nur hatte ich nicht zum Podium hinübergesehen. Aber da hatte sich einiges verändert. Der junge Mann war versdiwunden, und der Redner selbst kniete anscheinend am Boden. Durch die Luft kamen die ersten faulen Tomaten geflogen, die ihm zwar nicht zugedacht waren, aber dennoch trafen.
    In der Arena war das Getümmel in vollem Gang, ohne daß man eigentlich sehen konnte, was vor sich ging. Ich fürchtete,- daß sie den jungen Mann erwischt hatten… mit einem Sprung war ich auf der Barriere, mit dem zweiten in der Manege und mitten unter denen, die sich da schreiend und händefuchtelnd drängten. Da dröhnten die Lautsprecher wieder los:
    »Freunde — da oben sucht unser Redner das Weite! Wollen wir ihn nicht zurückhalten, damit er weiter zu uns spricht? Bringt ihn wieder herunter zu mir, Freunde!«
    Das klangvolle Organ hatte etwas Zwingendes an sich. Das mußte selbst ich zugeben. Ich sah auf, und da erkannte ich den Redner mit einemmal. Es fiel mir wie Schuppen von den Augen. Gleichzeitig spürte ich aber auch, wie sich alles auf den Ausgang konzentrierte, wo angeblich der junge Mann gesehen worden war, und schon drängten die Leute aus der Manege über den Mittelgang hinauf zu der Tür.
    Die Bewegung hatte genau mit den Worten des Redners eingesetzt, und das brachte mich blitzartig auf den Gedanken, daß dies alles sorgsam inszeniert war. Der Punkt schien erreicht, wo die Empörung allgemein wurde. Die Versammlung begann sich aufzulösen, alles schob zum Ausgang,

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