0158 - Wenn die Wolkenkratzer wackeln
eintönigen Redner in den zweiten Weltkrieg ein. Es war — in seiner Darstellung — ein absolut uninteressantes Ereignis.
Ich mußte gähnen. Gähnen steckt an, und Phil sah unglücklicherweise gerade zu mir herüber. Wenig später riß auch er den Mund auf und hob die Hand. Ich blickte weg.
***
Der Streifenwagen 715 war an diesem Abend mit zwei Beamten besetzt und rollte gemütlich durch die wenig belebten Straßen der unteren Bronx. Die beiden hatten ihr Funkgerät eingestellt, die Kontrollampen brannten am Armaturenbrett, und nur zuweilen kam ein Ruf oder ein Einsatzbefehl durch den Äther.
»Merkwürdig still heute nacht«, bemerkte der Fahrer. Sein Kamerad sog an der Zigarre und schüttelte den Kopf.
»Da muß irgendwo schon allerhand los sein. Von uns sind auch ein paar Wagen dabei, aber man konnte nicht erfahren, wozu.«
»Ach? Wirklich?«
»Ja. Die Geheimhaltung hat geklappt. Die G.-men sollten beteiligt sein.«
Die Funkzentrale meldete sich, und die Nummer des Wagens wurde gerufen. Der Beifahrer nahm den Hörer.
»715 auf Streife!«
Die Antwort kam erst, nachdem er seine Meldung wiederholt hatte. »715, Sie sind sehr schlecht zu verstehen, ändern Sie Ihren Standort und melden Sie sich wieder!«
»Verstanden«, sagte der Polizist. Er legte den Hörer hin und sagte:
»Jack, fahr ein Stück weiter! Die Zentrale hört uns so schlecht.«
Der Fahrer schaltete und bog nach links ein. Die Straße war fast unbeleuchtet.
»Die könnten hier auch mal von den vielen Steuern eine Lampe aufhängen«, brummte er. Dann kniff er plötzlich die Augen zusammen und bremste Sein Kollege beugte sich interessiert vor.
»Ach so. Laß den Betrunkenen nur liegen.«
Aber der Fahrer schüttelte den Kopf und brachte den Wagen zum Stehen.
»Der liegt mir ein bißchen zu komisch da«, sagte er und stieg aus. Er nahm seine starke Handlampe und richtete sie auf die verkrümmte Gestalt. Dann beugte er sich nieder und pfiff durch die Zähne. Er winkte seinem Kollegen, und als der herangekommen war, standen sie beide vor dem bewußtlosen Jungen.
Während der Beifahrer niederkniete und nach dem Herzschlag des Jungen horchte, sagte der andere wie im Selbstgespräch: »Junge, Junge! Den haben sie aber ganz schön fertiggemacht. Die Lippen kaputt, ein Auge zu, Kratzwunden im Gesicht… und was sonst noch los ist, kann auch nicht wenig sein. Wieso ist denn der so schmutzig?« Sein Kollege ließ den Strahl der Lampe ein Stück zurückwandern und sie sahen die Spur, die der Junge beim Kriechen hinter sich hergezogen hatte.
»Merkwürdig«, wunderte sich der Fahrer. »Werde mal die Ambulanz holen.«
Er stiefelte zurück zum Wagen und rief die Zentrale. Der Empfang war jetzt anscheinend besser, und die Zentrale sagte zu, einen Ambulanzwagen zu schicken. Er wollte gerade das Gespräch beenden, als er einen Kollegen plötzlich wilde Zeichen machen sah.
»Bleiben Sie bitte am Apparat«,, sagte er, und dann lief er mit langen Schritten hinüber.
Sein Kollege hockte über den Jungen gebeugt am Boden. Der Junge hatte das linke Auge geöffnet und sprach. Die Worte kamen sehr langsam und kaum verständlich über seine geschwollenen Lippen:
»Bitte… FBI… anrufen… Mister Cotton…«.
»Ja, warum denn?« fragte der Beamte leise.
»Versammlung nicht bei Healey .., falsch… sofort zur Hafenmission… verstehen Sie… Cotton… Laternenpfahl…«
Der Fahrer hatte vorsichtshalber, und weil es Vorschrift ist, auf seinem Meldeblock mitgeschrieben. Als der Junge nun wieder seinen Kopf zurücksinken ließ, blickten die beiden Polizisten verständnislos auf die wenigen Worte.
»Cotton vom FBI kenne ich«, sagte der eine. »Aber der Teufel mag wissen, was er mit der Hafenmission zu tun hat und mit dem Laternenpfahl.«
»Quatsch nicht lange, gib es durch an die Zentrale«, riet der andere.
Während sein Kollege die seltsame Botschaft weitergab, hörte er von fern die Sirene des Ambulanzwagens. Mit zuckendem Warnlicht kam er um die Ecke gefegt und hielt. Wie tausendfach geübt, sprangen die Sanitäter heraus, einer öffnete die rückwärtige Tür des Wagens und holte die Trage, während ein anderer sich um den Jungen kümmerte.
»Sieht ja gut aus, was?« murmelte er. »Bewußtlos?«
»Eben hat er geredet«, sagte der Polizist. »Würde gern noch erfahren, wer ihn so jämmerlich verprügelt hat. Kannst du ihn nicht noch für’n Moment aufwecken?«
Der Sanitäter zuckte mit den Schultern. Er zog etwas aus der Tasche seines Kittels,
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