016 - Die Schlangenköpfe des Dr Gorgo
Stäbchen pro Tag angelangt. Ich denke, dass ich
in ein paar Tagen die lästige Angewohnheit ganz hinter mir habe .«
Higgins pfiff leise durch die Zähne. »Ihre Disziplin ist
bewundernswert. Ich habe es auch mal versucht, aber nicht geschafft. Bei der
Pfeife schließlich bin ich hängengeblieben .«
»Nun schießen Sie mal los,
Edward«, fuhr X-RAY-3 fort. »Unmittelbar nach meiner Ankunft bin ich hier in
einen j Bienenschwarm geraten. Alles geht
drunter und drüber, scheint mir .«
»Ja, das kann man wohl sagen. Dr. Gorgo hat zugeschlagen! Das
heißt, das Verbrechen liegt schon wieder drei Monate zurück. Aber erst heute
sind wir darauf gestoßen .«
»Erzählen Sie mir mehr, Edward .«
»Die Vorgeschichte ist schnell berichtet: Vor drei Monaten fand
ein Zeitungsjunge einen menschlichen Torso im Hinterhof einer Fabrik. Da fing
das ganze Unglück an. Kurz hintereinander wurden noch mehr Leichenteile
gefunden, die zu verschiedenen Personen gehörten. Bis zur Stunde jedoch konnten
wir nicht einen einzigen Kopf finden. Es sieht gerade so aus, als ob Gorgo sie
sammeln würde und die scheußlichen Morde nur aus diesem Grund geschähen. «
Larry kniff die Augen zusammen. »Sieben Morde wurden inzwischen bekannt,
nicht wahr ?«
»Wir vermuten sieben. Sechs konnten wir eindeutig registrieren.
Wobei die Feststellung der Identität einer Verschwundenen heute Abend gelang.
Seit drei Tagen wird ein junges Mädchen namens Peggy Lawson vermisst. Wir
befürchten, dass auch sie ein Opfer Gorgos wurde, konnten bis zur Stunde aber
ihre Leiche noch nicht finden .«
»Wie kommt die Bezeichnung Dr. Gorgo zustande, Edward ?«
»Irgendwann machte einer der Beamten hier im Yard eine
diesbezügliche Bemerkung. Gorgo ist ein Ungeheuer aus einer Homer-Sage, Ein
Monster, das mit einem grausigen, hässlichen Haupt beschrieben wird. Insofern
hat unser Mann, der auf die Idee kam, den unheimlichen Mörder so zu bezeichnen,
eine ziemlich lebhafte Phantasie bewiesen. Wir wissen nämlich überhaupt nicht
wie Gorgo aussieht. Aber die Bezeichnung hat irgend etwas mit Köpfen zu tun und
scheint der Kollege noch gewusst zu haben. Offenbar kannte er seinen Homer
jedoch nicht mehr genau genug .«
»Warum dann noch Doktor - und nicht einfach nur Gorgo?«
»Das wiederum hat seine Bedeutung. Wir stellten fest, dass ein
medizinischer Laie unmöglich diese verabscheuungswürdigen Verbrechen begangen
haben kann. Die Glieder wurden fachgerecht vom Körper getrennt. Nur ein Chirurg
konnte solch eine furchtbare Tat begehen. «
»Ein Wahnsinniger?«
»Offensichtlich, ja!« Higgins zündete seine inzwischen erkaltete
Pfeife wieder an.
Der Chiefinspektor wusste eine ganze Menge zu berichten, und der
aufmerksam zuhörende Spezialagent unterbrach die Ausführungen mit gezielten
Fragen nur dann, wenn es sich nicht vermeiden ließ. Larry Brent gewann ein
umfangreiches Bild.
»Jetzt weiß ich schon viel und doch reicht es bei weitem nicht
aus, sich auch nur vorzustellen, wer diese scheußlichen Taten begeht und warum
sie begangen werden. Eines sticht als Merkmal hervor: ausschließlich junge Frauen
sind die Opfer. Keine ist älter als dreiundzwanzig. Es würde mich interessieren,
von welchen Familien diese Mädchen abstammen - vielleicht käme man in dieser
Richtung weiter .«
Der Amerikaner ließ sich die gesamten Akten reichen, die bisher
von den mysteriösen Leichenfunden angefertigt worden waren. Zwischen den
knallroten Aktendeckeln hatte Higgins insgesamt fünfhundertvierzig
engbeschriebene Schreibmaschinenseiten zusammengetragen.
Es handelt sich um detaillierte Untersuchungsbefunde, um
Zeugenaussagen, soweit vorhanden, um Fotos und Zeitungsausschnitte, die Higgins
pedantisch genau gesammelt hatte. Die Hinweise durch Zeugen waren äußerst dünn.
Hin und wieder glaubte jemand, in dieser oder jener Straße einen Schrei gehört
zu haben - aber mehr kam dabei nicht heraus. Eine Beschreibung von Gorgo gab es
nicht. Er war der große, unheimliche Unbekannte im Hintergrund.
»Er schlägt bei Nacht und Nebel zu, und es gibt kein System,
wonach man sich richten könnte«, murmelte Higgins. Er näherte sich dem Fenster,
öffnete es weit und atmete tief die kühle, feuchte Luft ein.
»Es ist schon kein Genuss mehr, die Londoner Luft zu atmen«,
murrte er und rümpfte die Nase. »Nur noch Abgase und Schmutz. Der Sauerstoff
wird rar. Wenn es so weitergeht, dann atmet man die beste Luft in den
Wohnräumen, wenn man die Fenster geschlossen hält und sich ein
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