0161 - Medusas Rache
zwischen den Gräbern ist Platz.«
Ich ging vor. Das Schwert hatte ich jetzt aus der Scheide gezogen.
Sollte ich die Medusa sehen – und dann hoffentlich nicht von vorn –, wollte ich sofort zuschlagen können.
Mit der Klinge schob ich sperrige Buschzweige zur Seite, die manchmal mit ekligen Dornen bestückt waren. Wir erreichten einen schmalen Pfad, der zu beiden Seiten von Grabfeldern flankiert war.
Blicke nach links und rechts.
Nichts zu sehen. Die Luft war rein. Auch Versteinerte bekamen wir nicht zu Gesicht.
Bis wir das Brechen von Zweigen hörten.
Sofort duckten wir uns, und Suko streckte seinen Arm aus. Der Mafioso hatte von sechs Versteinerten gesprochen. Einer oder zwei zumindest befanden sich in unserer Nähe.
Wir huschten nach verschiedenen Seiten davon und nahmen hinter Grabsteinen Deckung.
Die vor mir aus dem Boden wachsende Platte war mit Moos bedeckt. Ich beugte mich ein wenig zur Seite und peilte hinter ihr hervor.
Noch sah ich nichts, jedoch vor mir, jenseits des Weges, bewegten sich die Zweige.
Sie kamen.
Es waren zwei, das sah ich genau.
Obwohl die Sonne schien, durchlief mich ein Frösteln, denn die Toten sahen schlimm aus.
Erst kurze Zeit hatten sie in der Erde gelegen, jetzt waren sie den feuchten Gräbern entkrochen und wollten schaurige Rache nehmen.
Ihre Leichenhemden waren zum Teil zerrissen. Als Fetzen hingen sie um ihre steinernen Körper.
Ich weiß nicht, ob sie uns irgendwie bemerkt hatten, auf jeden Fall blieben sie stehen.
Lauernd, wie mir schien.
Ich warf einen Blick zu Suko hinüber. Der Chinese sah mich aber nicht, weil er sich soeben zur Seite bewegte. Daran erkannte ich, daß er den Monstern in den Rücken gelangen wollte.
Das war gut.
Suko machte es geschickt. Er wartete ab, bis die beiden Steinernen in eine andere Richtung schauten und huschte dann über den Weg.
Blitzschnell fand er hinter einem anderen Grabstein Deckung. Dort blieb er erst einmal hocken.
Die Monster überquerten den Weg. Beide setzten sich in Bewegung. Sie trampelten über die Gräber und zerstörten Vasen und sorgfältig gesetzte Pflanzen.
Ich hätte langst schießen können, der peitschende Knall aber hätte nur andere Gegner aufgeschreckt. Wenn es eben ging, wollte ich sie lautlos erledigen.
Ein Schritt, und die steinerne Leiche stand auf dem schmalen Pfad, der mit Kies bedeckt war. Zwischen den einzelnen Steinen wuchs hin und wieder ein Büschel Unkraut hoch.
Ich spannte meinen Körper, verlagerte das Gewicht und hockte wie ein Läufer vor dem Start.
Noch hatte mich das Monster nicht gesehen.
Der nächste Schritt.
Ich schoß aus meiner Deckung hoch.
In diesem Moment entdeckte mich die steinerne Leiche. Sehr schnell fuhr sie herum und wuchtete sofort auf mich zu.
Auch das andere Monster hatte gesehen, was geschehen war und setzte sich in Bewegung.
Wie ein Irrwisch tauchte Suko hinter der lebenden Figur auf, und schlug mit der Dämonenpeitsche zu.
Ich hörte noch das Klatschen, dann jedoch nichts mehr. Ich mußte mich um meinen Gegner kümmern. Der wollte mir beide Fäuste gegen den Kopf rammen.
Ich brachte mich zur Seite hin in Sicherheit und hob das von Destero erbeutete Schwert.
Beinahe langsam schlug ich zu.
Die Klinge traf haargenau und trennte mit einem einzigen Schnitt den Schädel ab.
Aus!
Der Kopf rollte, und ich atmete auf. Das war geschafft.
Staub rieselte aus der Öffnung am Hals. Als ich gegen die Figur trat, löste sie sich auf…
Auch Suko hatte es geschafft. Er winkte mir zu und sprang über ein Grab.
»Nur noch vier«, sagte er.
»Falls es dabei geblieben ist und Asmodina nicht noch mehr Tote aus den Gräbern geholt hat«, gab ich zu bedenken.
»Stimmt auch wieder.«
Der Chinese schaute sich um. »Wo geht es jetzt lang?« wollte er wissen und schwang unternehmungslustig die Peitsche.
»Erst hol mal den Spiegel.«
»Verflixt, du hast recht. Den habe ich abgestellt und vergessen.«
Suko lief davon.
Ich blieb auf dem Weg zurück und schaute mir den Staub an, der von unseren Gegnern übriggeblieben war Plötzlich hatte ich das Gefühl, nicht mehr allein zu sein. Irgend etwas war anders.
Gefährlich anders…
Da hörte ich auch schon Sukos Stimme. Warnend klang sie hinter einem Grabstein hervor. »Um Himmels willen, John, nicht umdrehen! Sie steht hinter dir…«
***
Medusa!
Sie war tatsächlich erschienen.
Und stand in meinem Rücken.
Ich hatte selbst das Gefühl, zu einem Steinblock zu werden, und ein Kälteschauer sauste mein Rückgrat
Weitere Kostenlose Bücher