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0161 - Zuletzt wimmern sie alle

0161 - Zuletzt wimmern sie alle

Titel: 0161 - Zuletzt wimmern sie alle Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Zuletzt wimmern sie alle (2 of 2)
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und dann standen wir in irgendeinem Raum.
    »Hier ist er, Chef!« sagte der Freundliche.
    Irgend etwas polterte vor mir, dann sagte eine leise Männerstimme:
    »Nehmt ihm das Zeug vom Kopf!«
    Man band mir das Tuch und den Sack los.
    Ich sah mich um.
    Wir standen in einem völlig leeren, kleinen Zimmer, das ein einziges Fenster hatte. Es war offen, und draußen konnte man den Fluß und ein paar kleine Schiffe sehen. Zwei Hafenschlepper lagen weiter hinten, und dazwischen gab es einen ganzen Wald kleiner Masten.
    Ich verstehe nicht viel von der christlichen Seefahrt, und deshalb kann ich nicht sagen, was für Boote es waren. Sie erschienen mir wie Fischerboote, aber ob sie es wirklich waren, weiß ich nicht.
    Der Freundliche stand links von mir. Der Bulle vermutlich in meinem Rücken, denn ich konnte ihn nicht sehen. Am Fenster stand der, den sie mit Chef angeredet hatten.
    Es war ein mittelgroßer Mann von gut vierzig Jahren. Er trug einen dicken Wintermantel, dessen Kragen er hochgestellt hatte, so daß man von seinem Gesicht kaum mehr als die Nase sehen konnte, da er den grauen Filzhut sehr tief in die Stirn gezogen hatte.
    Es mochte jetzt etwa zwischen vier und fünf Uhr früh sein, und draußen herrschte schon die Morgendämmerung. In ihrem Zwielicht konnte man nicht viel erkennen.
    »Also Sie sind dieses Wundertier vom FBI!« sagte der Chef leise.
    Ich fuhr mir mit der Zunge über die trockenen Lippen und erwiderte: »Vom FBI - ja. Wundertier - nein. Wenn ich ein Wundertier wäre, hätte ich mich nicht so leicht von Ihren Leuten überrumpeln lassen.«
    »Nicht schlecht«, sagte er, aber er ließ offen, worauf ich diese Äußerung zu beziehen hätte.
    Er hielt ein großes Fernglas in der Hand und trat jetzt ans Fenster, um durch das Glas hinaus auf den Fluß zu blicken. Ich nutzte die Gelegenheit und sah auch ein bißchen zum Fenster hinaus, weil ich feststellen wollte, ob wir am East River oder am Hudson waren.
    Aber ich fand keinen Anhaltspunkt, nach dem ich mich hätte orientieren können. Wasser führen beide Flüsse, und wenn man keine Gelegenheit hat, die nächsten Piers zu erkennen, kann man kaum sagen, wo man sich wohl befinden könnte.
    Da der Chef vor dem schmalen Fenster stand, konnte ich nicht auch hintreten und mich hinausbeugen. Dann hätte ich vielleicht die nächsten Piers und damit unseren ungefähren Standort erkennen können. Aber das Fenster war zu schmal, als daß sich zwei hätten davorstellen können.
    Eine Weile verging, ohne daß irgend jemand etwas sagte. Langsam wurde mir diese stundenlange Warterei überall zu bunt.
    »Vielleicht beschäftigen Sie sich erst einmal mit mir«, sagte ich. »Ich bin dieses ewige Herumstehen oder -sitzen leid!«
    Der Chef rührte sich überhaupt nicht. Er hielt sein Fernglas an die Augen gepreßt und starrte hinaus in die leicht neblige Morgenluft.
    »Zum Teufel!« knurrte ich böse, »entweder werde ich jetzt mal abgefertigt -«
    Der Chef drehte sich um: »Oder?« fragte er gelassen.
    Das war ja der wunde Punkt. Oder was? Was hätte ich schon mit meinen gefesselten Händen unternehmen können gegen drei Mann.
    Ich gab keine Antwort.
    Der Chef trat die zwei Schritte heran, die ihn von mir trennten. Und dann ging es so schnell, daß ich nicht einmal dazu kam, mich zu ducken. Urplötzlich schlug er mir von rechts und von links ins Gesicht.
    Da ich mich nicht mehr wegducken konnte, blieb ich kerzengerade stehen und steckte sie ein.
    Als er zurücktrat, spuckte ich ihm vor die Füßte und sagte: »Sehr tapfer!«
    Ich sah, wie seine Nasenspitze weiß wurde. Seine linke Hand fuhr wieder in die Höhe. Ich sah ihn an, ohne mit der Wimper zu zucken.
    Er ließ die Hand langsam sinken.
    »Vielleicht seid ihr wirklich aus einem anderen Holz geschnitzt als die Figuren, mit denen ich sonst immer zu tun habe«, murmelte er. »Ihr G-men..«
    Ich sagte nichts.
    »Möchten Sie eine Zigarette?« fragte er plötzlich.
    »Nicht von Ihnen«, sagte ich.
    Er lachte leise. Dann meinte er beherrscht: »Sie können mich nicht reizen, wenn ich ruhig bleiben will. Meine stärkste Seite ist meine Beherrschung. Aber ganz wie Sie wollen, Mister Cotton. Ich nehme an, die Handschellen sind Ihnen lästig?«
    »Noch mehr als das.«
    »Dann wollen wir ohne Verzug meinen Vorschlag durchsprechen, den ich Ihnen zu unterbreiten habe. Sie sind von unseren Leuten heute nacht beobachtet worden, als Sie wieder in das Haus gingen, in dem vor ein paar Wochen eine gewisse Raila Sheers - eh - wie soll ich

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