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0162 - Die Menschenfalle

0162 - Die Menschenfalle

Titel: 0162 - Die Menschenfalle Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Friedrich Tenkrat
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Luft.
    Joan hatte das Gefühl, von Geistern und Kobolden umgeben zu sein. Sie glaubte, deren kalten Hauch über ihren Nacken streichen zu spüren.
    Wenn sie sich dann blitzschnell umdrehte, war nichts zu sehen. Sie tappte durch die Dunkelheit, wollte die Treppe erreichen, doch der Spuk führte sie in die Irre.
    Sie lief im Kreis, fand die Treppe nicht.
    »J-o-h-n!« rief oben in diesem Augenblick Professor Chandler.
    Schnelle Schritte polterten.
    Dann peitschte ein Schuß. Joan Duxbury zuckte heftig zusammen.
    Und sie zuckte gleich wieder zusammen, als sie den Eindruck hatte, eine kalte Hand würde ihren Rücken berühren und sie vorwärtsstoßen.
    Erschrocken schaute sie zurück. Da war niemand. Aber die unsichtbare Hand berührte sie wieder. Der zweite Stoß hätte sie beinahe umgeworfen. Ihr Herz hämmerte aufgeregt gegen die Rippen.
    Rückwärts gehend wich sie der Hand aus. Nach dem dritten Schritt stieß sie gegen den Sockel, auf dem die vier Steinfiguren standen. Selbstverständlich erschrak sie sofort wieder.
    Es riß sie förmlich herum. Ihr Blick richtete sich auf die Figuren, die seltsam hell aus der Dunkelheit herausragten, und plötzlich traf sie ein neuer Schock.
    Die Statue, die Nick Nagalesco darstellte, hatte keinen Kopf aus Stein, sondern einen Menschenkopf auf ihren Schultern!
    Nagalescos Kopf saß dort oben.
    Für Joan war das eine so grausige Entdeckung, daß sie grell aufschreiend herumwirbelte und die Flucht ergriff.
    ***
    »Professor! John!« schrie Joan Duxbury.
    Wir hörten sie. Charles Chandler warf mir einen gehetzten Blick zu. »Das ist Joan!«
    »Wir müssen zu ihr!« sagte ich. »Schnell, kommen Sie?«
    Wir verließen das Bad, in dem sich beinahe Chandlers Schicksal erfüllt hätte. Hastig eilten wir auf den Gang und zur Treppe zurück, über deren Stufen soeben das blonde Mädchen hochjagte.
    Weit waren ihre Augen aufgerissen. Ihr hübsches Gesicht war von Panik verzerrt. Wir liefen ihr entgegen. In der Mitte der Treppe trafen wir uns. »Joan!« stieß Professor Chandler beunruhigt hervor.
    »Wo ist Nick Nagalesco? Hat Sie dieser unzuverlässige Kerl allein gelassen?«
    Er nahm seine Sekretärin in seine Arme. Sie zitterte. Er preßte sie fest an sich. »Oh, Professor, es… es ist …« Das aufgeregte Mädchen brachte keinen zusammenhängenden Satz heraus.
    »Beruhigen Sie sich«, sagte der Parapsychologe eindringlich. »Sie brauchen keine Angst zu haben. Wir sind bei Ihnen. Nun beruhigen Sie sich doch. Wo ist Nagalesco?«
    »Ich… ich weiß es nicht.«
    »Wieso hat er Sie allein gelassen?«
    »Wir hörten ein Geräusch im Speisezimmer. Er wollte sehen, wer es verursacht hatte…«
    »Und?«
    »Wir fanden eine reich gedeckte Tafel. Erlesene Speisen. Nagalesco hat davon gegessen.«
    »Sie auch?«
    »Nein. Ich nicht. Plötzlich…«
    »Ja? Was passierte, Joan?«
    »Plötzlich wurde die Wand hinter Nagalesco weich. Ein Krokodilsschädel bohrte sich hindurch. Wenn ich Nagalesco nicht weggerissen hätte, hätte das Reptil ihm seine Zähne ins Fleisch geschlagen. Aber Nagalesco hat es mir nicht geglaubt, denn als er sich umwandte, war von dem Tier nichts zu sehen. Er… er hat mich geküßt. Ich habe ihm daraufhin eine Ohrfeige gegeben und bin aus dem Speisezimmer gerannt …«
    »Dieser Mistkerl!« knurrte Chandler ärgerlich. »Der kann etwas erleben!«
    »Ich bin noch nicht fertig, Professor!« sagte Joan.
    »Was ist noch passiert?«
    »Vorhin hat mich eine unsichtbare Hand durch die Dunkelheit gestoßen. Auf die Steinfiguren zu. Und da habe ich…«
    »Ja? Was haben Sie, Joan? Was?« drängte Charles Chandler.
    »Ich habe gesehen, daß die Steinfigur, die Nick Nagalesco darstellt, dessen Kopf auf den Schultern trägt.«
    Chandler blickte seine Sekretärin verdattert an. »Den echten Kopf?«
    »Ja.«
    »Und wo ist der andere?«
    »Das weiß ich nicht. Es sieht so grauenvoll aus, daß ich die Flucht ergriffen habe.«
    Während Chandler weiter darum bemüht war, das Mädchen zu beruhigen, eilte ich an ihnen vorbei.
    »Was war im Obergeschoß los?« wollte Joan wissen.
    Der Professor berichtete es ihr.
    »O mein Gott, was ist das für ein schreckliches Haus«, flüsterte das Mädchen.
    Die Dunkelheit verflüchtigte sich ein wenig. Ich lief auf die Steinfigurengruppe zu und sah, daß Joan Duxbury die Wahrheit gesagt hatte. Nagalescos steinerner Körper trug tatsächlich einen Menschenkopf.
    Mir war das nicht geheuer. Wenn sich Nagalescos Kopf dort oben befand, was war dann aus ihm geworden?

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