0162 - Londons Pflaster ist heiß
verreist«, antwortete der Geschäftsführer knapp.
Das war alles. Und trotzdem hatte ich das Gefühl, als würde die Atmosphäre immer schwefliger.
In der dritten Nacht nach dem Zusammentreffen mit Nollan kam ich gegen drei Uhr von meiner vergeblichen Suche nach den verschwundenen Gang-Mitgliedern in Lesters Atelier.
Ich steckte den Schlüssel ins Schloss, und dabei pfiff ich ein Liedchen vor mich hin.
Plötzlich brach ich mit dem Pfeifen ab. Wenn meine Ohren mich nicht getäuscht hatten, dann hatte ich einen halb erstickten Laut, irgendetwas wie einen dumpfen Schlag und einen lang gezogenen Seufzer gehört, und alle diese Geräusche schienen aus Brights Atelier zu kommen.
Ich lauschte. Jetzt war es absolut still. Vielleicht hatte ich mich doch geirrt, aber von der ersten Stunde hämmern sie uns beim FBI ein, dass Vorsicht viel besser ist als eine noch so erstklassige Beerdigung.
Ich fischte mir die Pistole aus der Tasche, nahm sie in die rechte Hand und handhabte den Schlüssel mit der linken. Als das Schloss auf sprang, stieß ich die Tür mit dem Fuß auf. Selbst blieb ich in der Deckung der Mauer.
Im Atelier brannte kein Licht.
»Hallo, Lester!«, rief ich.
Keine Antwort!
Ich rief lauter, wieder ohne Erfolg. Ich konnte nie feststellen, dass Lester Bright einen bombentiefen Schlaf gehabt hatte, und ich hatte laut genug gerufen, um ihn aufzuwecken.
Vorsichtig schob ich einen Arm um die Mauer und tastete nach dem Lichtschalter.
Meine Hand stieß gegen etwas Weiches. Bevor ich begriff, worum es sich handelte, wurde meine Hand gepackt. Irgendwer versuchte, mich ins Zimmer hineinzuziehen.
Probieren Sie es mal, einen Mann am Arm um eine Mauerecke herumzuziehen. Es ist gar nicht so einfach.
Ich kapierte, dass irgendwer darauf gelauert hatte, dass ich das Atelier betrat, um mir, sobald ich den Fuß über die Schwelle gesetzt hatte, eins über den Schädel zu ziehen.
Der Angreifer aus dem Dunkel gab endlich einen Ton von sich.
»Los, Jungs!«, keuchte er. Es waren also noch mehr freundliche und liebe Gäste im Atelier.
Ich gab ein wenig nach, ließ mich so weit nach vorne zerren, dass ich die rechte Hand freihatte, und schlug mit dem Pistolenlauf in die Dunkelheit hinein zu.
Ein Aufbrüllen antwortete dem Schlag. Meine Hand wurde losgelassen. Ich tat einen Riesensatz in das Atelier hinein, schmetterte die Tür mit einem Fußtritt ins Schloss und sprang mit einem zweiten Sprung in die Richtung, wo sich ungefähr die Sessel der Klubgarnitur befinden mussten. Ich stolperte über einen der Sessel, rollte darüber hinweg und 46 kauerte mich hinter die massive Lehne. So, die Deckung würde ausreichen, falls es noch ernster werden sollte.
Im Atelier waren das Getrampel von Schritten und das Wimmern eines Mannes zu hören. Dann wurde es still, nur das Gewimmer hörte nicht auf. Die Dunkelheit war absolut. Man konnte die Hand nicht vor den Augen sehen.
Ich ließ ein oder zwei Minuten verstreichen. Dann fragte ich ruhig: »Wie soll es nun weitergehen?«
Niemand antwortete.
»Ich bin gespannt darauf, was ihr mit meinem Freund Bright gemacht habt. Solltet ihr so leichtsinnig gewesen sein, ihn ausgelöscht zu haben, kommt keiner von euch lebendig aus diesem Raum.«
Wieder keine Antwort, aber ich hörte, dass die Dielen unter den Tritten eines Mannes knackten. Dann gab es ein schabendes Geräusch in der Nähe der Tür.
»Bevor du die Tür öffnest, denke daran, dass im Flur ständig das Licht brennt«, warnte ich. »Du würdest eine prächtige Zielscheibe abgeben.«
Irgendwer räusperte sich. Eine raue Stimme sagte: »Wir wollen keinen Streit mit dir, Sten!«
Ich erkannte die Stimme und lachte.
»Mein alter Freund Slim. Okay, jetzt weiß ich wenigstens, mit wem ich es zu tun habe. Mache Licht, Slim, und ich werde nachsehen, ob ich noch ’nen Schluck Whisky für dich finde.«
»Mach du doch Licht«, grunzte er wütend.
»Ich wette, dass du eine Kanone in der Hand hältst. Slim, ich will dich nicht in Versuchung führen, sie zu benutzen.«
»Du hast doch auch ein Schießeisen.«
»Natürlich, aber ich bin ein viel anständigerer Mensch als du und werde sie nicht verwenden.«
Glads schien von meiner Anständigkeit so wenig zu halten wie von seiner eigenen. Er schwieg.
Ich war ziemlich scharf darauf, eine Schießerei zu vermeiden. Wenn es zu knallen anfing, dann ließ es sich nicht vermeiden, dass irgendwer den Feuerzauber hörte und die Polizei alarmierte. Immer noch wollte ich diesen Fall ohne die Hilfe
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