0163 - Der Hexenhenker
Menge geschehen. Überall gibt es das Negative, aber das Positive sorgt stets für einen Ausgleich.«
»Jetzt sprichst du eher wie eine Närrin«, konstatierte die Siebzehnjährige. »Begreifst du nicht, daß mein eigener Freund bei den Schergen des Bösen war? Wir haben uns letzte Woche verlobt und in einem halben Jahr, wenn wir genug gespart haben, soll die Hochzeit sein. Und jetzt hat er mich im Namen dieser Hexe verschleppt und tat dabei, als wäre ich wirklich eine Hexe und ihm völlig unbekannt.«
Nicole Duval konnte sich vorstellen, wie es in dem Mädchen aussah. Trotzdem erachtete sie es als ihre Pflicht, die Unglückliche zu trösten, obwohl sie selber nicht daran glaubte, was sie sagte.
»Vertraue darauf, daß alles noch gut wird. Ich habe mich sehr genau mit der Magie beschäftigt. Der Tag schwächt die Mächte der Finsternis. Wenn sie trotzdem im solchen Maße wirksam werden, dann verschleißen sie sich sehr stark. Wer weiß, vielleicht ist um Mitternacht gar nicht mehr viel davon übrig?«
Die Siebzehnjährige forschte in ihrem Gesicht, doch Nicole vermochte sich meisterlich zu beherrschen. Das überzeugte die Siebzehnjährige. Jetzt lächelte auch sie. Mit dem Ärmel ihrer Weste putzte sie Tränen weg. Spontan hauchte sie Nicole einen Kuß auf die Wange.
»Ich danke dir, Fremde.«
Nicole war gerührt. Sie lehnte sich wieder zurück und schloß die Augen.
Wenn ich nur daran glauben könnte. Aber ich bin leider sicher, daß es für uns alle keine Rettung mehr gibt. Denn nur der Chef könnte diese Rettung bringen, und auf ihn dürfen wir nicht zählen.
Ihre Gedanken suchten nach einem Ausweg, suchten nach der Möglichkeit, sich ohne Fremde Hilfe zu befreien.
Eine solche Möglichkeit existierte nicht!
Also blieb nur noch das Warten auf die Hinrichtung um Mitternacht.
Einmal tauchte über dem Gitter des Lichtschachtes eine finstere Gestalt auf. Ein bodenlanger Umhang wehte im Wind und ein grollendes Gelächter ertönte.
Jede der Gefangenen wußte: das war ihr Henker.
Der Schatten zog sich zurück und ließ sie allein - allein mit der Todesangst.
»Ich will nicht sterben«, murmelte eines der Mädchen. Es war Lydiä.
Nicole konnte sie sehr gut verstehen. Trotzdem hielt sie es wie die anderen, indem sie so tat, als hätte sie es gar nicht gehört.
***
Die Nebel lichteten sich, aber das Brüllen der furchtbaren Kräfte blieb. Sie hatten ihren Ursprung in James Withe. Der Junge war völlig unfähig, sie zu kontrollieren. Schon spürte er, wie sehr sie ihn auslaugten. Wenn es nicht gelang, dieses sinnlose Toben zu unterbinden, dann fand er sein Ende.
Er blickte mit verzerrtem Gesicht zu Zamorra. Der Meister des Übersinnlichen war in Trance. Er hielt noch immer das Amulett in beiden Händen. Licht brach daraus empor. Das Licht drang in James Withe ein und drängte die magischen Energien zurück. Das war die Wechselwirkung. Im Grunde genommen war Withes Magie neutral. Sie stand weder auf der Seite des Guten, noch auf der Seite des Bösen. Bisher war noch nicht entschieden, ob aus James Withe einmal ein Schwarzer Magier oder ein Weißer Magier werden würde. Falls er dies alles hier überhaupt überlebte.
Wie es aussah, stand er unter dem Bann des Fluches und würde auch durch ihn sterben.
Ein Gedanke in James Withe begehrte auf: Stimmt das wirklich? Hat mich Zamorra nicht in eine andere Sphäre entführt, wo der Fluch nicht mehr wirksam werden kann?
Er sah an Zamorra vorbei und richtete seine Aufmerksamkeit auf die Vorgänge jenseits der Nebel. Da war nicht mehr das Innere der Schankstube, sondern etwas anderes, eben eine andere Welt, die für James Withe noch nicht faßbar war.
Gestalten liefen hin und her. Sekundenbruchteile tauchten bärtige Gesichter auf, die zu ihm hinstarrten. Stählerne Waffen klirrten.
Langsam hob Zamorra sein Amulett höher. Jetzt kämpfte das Licht nicht mehr gegen die Magie in Withe, sondern verbündete sich damit. Der Effekt war, daß dieses Brüllen und Tosen verebbte und Stille Platz machte. Sofort fühlte sich James, Withe erleichtert. Der nagende Strom magischer Energien war nicht mehr. Aber es gab noch einen weiteren Effekt: Die Nebel verflüchtigten sich zusehends. Die Umgebung wurde deutlicher.
Zamorras Blick klärte sich. Er blinzelte ein wenig verwirrt und mußte sich erst zurechtfinden. Aber dann setzte seine Erinnerung ein und vertrieb die Verwirrung. Zamorra ließ das Amulett sinken, behielt es allerdings in der Hand.
Eine Gruppe von Kriegern in
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