0165 - Bis zum letzten Atemzug
Poolis teilt das Gelände auf. Jeder bekommt einen bestimmten Abschnitt. Mehr als eine Vorsichtsmaßnahme ist das freilich auch nicht.«
»Moment!«, wandte Phil ein. »Soll das heißen, dass ein einzelner G-man ein ziemlich großes Gebiet mitten in der Nacht allein abzugehen hat?«
»Genau.«
»Ist das nicht zu gefährlich?«
»Natürlich ist es gefährlich! Aber jeder Mann bekommt eine Leuchtpistole und die strenge Anweisung, sofort eine Rakete abzuschießen, wenn er etwas Verdächtiges bemerkt.«
»Was tut eigentlich der Werkschutz dabei?«, fragte ich.
Wagner zuckte die Achseln.
»Die Firma argumentiert, dass sie von dreißig Mann Werkschutz höchstens zehn für den Nachtdienst abstellen kann. Diese zehn müssen aber nicht nur die Korrale, sondern auch die Hallen kontrollieren.«
»Warum wird der Werkschutz nicht vergrößert?«
»Ganz einfach: Weil sich am Werkschutz nichts verdienen lässt. Bedenken Sie, Cotton, dass die Firma kein Wohltätigkeitsinstitut ist. Sie arbeitet für Gewinn. Und jeder Mann Werkschutz mehr schmälert den Gewinn. Früher hatte die Firma nur zwanzig Mann im Werkschutz. Jetzt sind es dreißig, aber mehr wären vom kaufmännischen Standpunkt aus nicht zu verantworten, argumentiert man.«
»Na ja, ich bin kein Kaufmann. Aber wöchentlich einige Hundert Stück gestohlenes Vieh scheinen mir auch nicht gerade kaufmännisch interessant zu sein.«
Wagner seufzte: »Ich kann es nicht ändern, Cotton. In der Beziehung können wir der Firma keine Vorschriften machen. Eine andere Sache, die mich interessieren würde, ist folgende: Hat man von Ihnen Beiträge für eine Gewerkschaft verlangt?«
Ich nickte: »Ja.«
»Wie viel?«
»Zwei Dollar die Woche.«
»Gab man Ihnen eine Mitgliedskarte?«
»Ja. Hier.«
Ich legte ihm die rote Karte auf den Schreibtisch. Er warf nur einen kurzen Blick darauf und gab sie mir zurück.
»Das ist in Ordnung. Das ist eine echte, saubere Gewerkschaft.«
Ich stutzte.
»Worauf wollen Sie hinaus?«
»Ach, Poolis meinte, es bestehe die Möglichkeit, dass sich ein Racket in der Firma breitgemacht hat. Er hat ein paar unbestätigte Gerüchte gehört, nach denen mindestens gewisse Kreise der Arbeiterschaft wöchentlich gewisse Beträge bezahlen müssen. Sie kennen ja die übliche Racket-Tour: Zahl oder du gehst ins Krankenhaus mit gebrochenen Knochen.«
»Ich habe bisher nichts dergleichen bemerkt.«
»Na, vielleicht ist es wirklich nur ein Gerücht. Auf jeden Fall können Sie ja die Augen aufhalten.«
»Ganz bestimmt«, versprach ich.
»Nun zu Ihnen, Decker! Was für einen Eindruck haben Sie vom Werkschutz?«
Phil legte los: »Einen denkbar schlechten. Es gibt ein paar anständige Burschen darunter, aber die sind bei Weitem in der Minderzahl. Der Chef des Werkschutzes, ein gewisser Frazer, versteht es, die ganze Arbeit auf einige wenige abzuwälzen, während die anderen Bereitschaft spielen und den ganzen Tag nur herumsitzen und pokern. Und sich den Bauch mit Bier volllaufen lassen.«
»Weiß der Personalchef von diesen Zuständen?«
»Offenbar nicht. Ich habe mit Newman, das ist einer der sauberen Burschen, darüber gesprochen. Er sagte mir, dass vor ein paar Monaten mal jemand wegen dieser Zustände beim Personalchef vorstellig geworden wäre. Er hatte Pech.«
»Wieso?«
»Zunächst schwor der ganze Verein Stein und Bein darauf, dass alles aus der Luft gegriffen sei. Niemandem konnte man etwas beweisen. Nicht eine Bierflasche fand sich im Aufenthaltsraum des Werkschutzes.«
Wagner lächelte.
»Natürlich nicht. So dumm wird man wohl nicht sein.«
»Außerdem soll dieser Mann, der damit zum Personalchef gegangen war, drei oder vier Tage später nachts überfallen worden sein. Er kam für sechs Wochen ins Krankenhaus. Täter natürlich unerkannt entkommen. Als er entlassen wurde, nahm er freiwillig seinen Abschied von dem Verein und verschwand.«
Wagner nickte grimmig.
»In dieser Firma wird einmal gründlich gesäubert werden müssen, scheint mir. Man kann dem Personalchef keinen Vorwurf machen. Die Anwürfe eines Einzelnen kann er nicht als Anlass zu disziplinarischen Maßnahmen nehmen, wenn sich kein Mensch findet, der sie bestätigt. Jedenfalls steht für mich jetzt fest, was ich schon immer ahnte: Auf den Werkschutz kann man sich nicht verlassen. Möglicherweise stecken die Diebe sogar mit ihm unter einer Decke.«
»Wenigstens mit gewissen Leuten vom Werkschutz«, schränkte ich ein.
»Oder das, ja. Nun, wir müssen uns etwas beeilen.
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