0165 - Bis zum letzten Atemzug
recht!«
Ich grinste schwach: »Danke.«
Ich stieß die Tür der Kabine mit der Fußspitze auf, weil ich noch nasse Hände hatte. An einem kleinen Tisch, der mit einigen Papieren bedeckt war, saß der Vorarbeiter der Halle zwei: Rohnes.
Ich habe schon viele Bullen in meinem Leben gesehen. Rohnes übertraf sie alle. Als er wankend aufstand von dem Drehstuhl, auf dem er bei meinem Eintritt; gehockt hatte, sah ich, dass er fast sieben Fuß groß war. Er musste weit über zweihundert Pfund wiegen, aber nichts davon war Fett. Sein Kopf war kahl wie eine Billardkugel, aber auf der Oberlippe spross ein dicker schwarzer Bart.
Mit einem Schritt war er bei mir, sah auf mich herab, packte mich mit beiden Händen, hob mich mühelos hoch und schleuderte mich zur Tür hinaus. Ich landete auf den nassen Fliesen, schlidderte darauf entlang und stieß mit der Schulter unsanft gegen eine Maschine.
Zuerst war mir, als hätte ich sämtliche Knochen gebrochen. Ächzend rappelte ich mich auf und tastete meine Glieder ab. Ein paar blaue Flecken schienen alles zu sein, was mir diese Bauchlandung eingebracht hatte. Ich hob den Kopf und sah mich um.
Rohnes stand neben mir. Sein Gesicht war bewegungslos, als sei es eine Wachsmaske.
»Bei mir wird angeklopft, bevor einer reinkommt. Klar?«
Er hatte es so ohne jede Betonung gesagt, als verlese er eine uninteressante Statistik. Ich sah ihn an. Er war der Vorarbeiter. Ich war ein Neuer. Aber ich hatte diese Arbeit angenommen, um einen Auftrag zu erfüllen.
»Okay«, sagte ich. »Okay. Entschuldigen Sie.«
Er verzog keine Miene.
»Komm, ich zeig dir deine Arbeit!«
Schweigend ging ich hinter ihm her. Er musste mindestens Schuhgröße siebenundvierzig haben.
***
Vier Tage vergingen in der öden Gleichförmigkeit einer Arbeit, die von den Maschinen bestimmt wurde. Ich gewöhnte mich an das Brüllen der aufgetriebenen Tiere, an das Plumm des Schussapparates, an den Geruch und an die rauen Sitten der Arbeiter.
Phil verrichtete in der gleichen Zeit einen langweiligen Dienst. Von morgens bis abends hatte er nichts anderes zu tun, als am Tor zu stehen und einfahrenden Lastwagen das Tor zu öffnen, um es hinter ihnen wieder zu schließen.
Der fünfte Tag war ein Sonnabend, an dem nicht gearbeitet wurde. Wir hatten schon am Abend vorher Wagner angerufen. Er sagte, wir sollten unter Einhaltung der üblichen Vorsichtsmaßnahmen am Sonnabend früh ins Chicagoer Districtgebäude kommen.
Um neun Uhr früh marschierten Phil und ich in unseren alten Anzügen durch die Straßen bis zur nächsten Bushaltestelle. Wir stiegen als letzte ein, als der Bus schon anfuhr. Sorgfältig beobachteten wir die Straße hinter uns. Niemand folgte.
Trotzdem wechselten wir dreimal den Bus, wandten ein paar Tricks an und fuhren schließlich mit einem Taxi zum FBI.
Es war zehn Uhr, als wir Wagners Arbeitszimmer betraten.
Nach der Begrüßung bot er uns Zigaretten an. Wir bedienten uns. Phil gab Feuer. Wagner rauchte ebenfalls und ließ aus der Kantine Kaffee kommen.
»Wie sieht’s aus?«, fragte er.
»Schlecht«, erwiderte ich. »Ich habe einiges gelernt über maschinelle Schlachtungen. Aber von Viehdieben habe ich nicht das Geringste gesehen.«
»So schnell war das auch nicht zu erwarten. Poolis hat in Erfahrung gebracht, dass am Montag früh eine neue Herde angetrieben wird. Zwölftausend Rinder. Bis abends werden sie gezählt und in die Korrale aufgeteilt sein. Am nächsten Morgen beginnt die Schlachtung dieser Herde. Erfahrungsgemäß werden die Diebe, wenn sie bei diesem Auftrieb überhaupt in Aktion treten, ab Montagnacht erscheinen. Bis Freitagabend muss mit ihnen gerechnet werden.«
»Können die Korrale nicht gründlich überwacht werden?«
Wagner lachte.
»Wie stellen Sie sich das vor, Cotton? Wissen Sie, wie viel Platz nötig ist, um zwölftausend Rinder unterzubringen?«
Ich rieb mir das Kinn.
»Das kann man wohl sagen. Stellen Sie sich Korrale vor, die jeweils zweihundertfünfzig Stück Vieh auf nehmen. Je vier liegen quadratisch zusammen, sodass ein großes Quadrat immer tausend Stück Vieh beherbergt. Dazwischen gibt es die Gänge, durch die das Vieh auf die Schlachthallen zugetrieben wird. Wir müssten ein Heer von mindestens fünfhundert G-men einsetzen, um dieses ganze Gelände mit Aussicht auf Erfolg beobachten zu können. So viel haben wir nicht. Nicht einmal einen annehmbaren Bruchteil kann ich auf die Beine stellen. Mit Poolis werden ab Montagnacht zehn G-men Kontrollgänge machen.
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