0167 - Kampf der schwarzen Engel
überhaupt nicht behindert. Man konnte merken, daß er sich in diesem Raum oft genug bewegte.
»Wenn Sie ein Glas Wein haben wollen, Signore Sinclair, dann müssen Sie sich beides aus dem Schrank dort an der Tür holen. Schließen Sie den rechten Flügel auf.«
»Danke sehr, ich habe keinen Durst auf Wein. Wenn es vielleicht ein Glas Wasser sein kann…«
»Natürlich, nehmen Sie nur.«
Wasser fand ich im Nebenraum. Ich wollte wirklich keinen Wein trinken, denn Alkohol bei dieser Wärme wirkte wie ein doppeltes Gift. Zudem brauchte ich meine Kräfte noch.
Ich ließ ein Glas bis zum Rand vollaufen und nahm die ersten Schlucke. Sie erfrischten. Als ich zu Pfarrer Leone zurückkehrte, da lächelte er.
»Was wollen Sie nun genau wissen, Signore Sinclair?«
»Mehr über die schwarzen Engel. Über ihre Entstehung und vielleicht etwas darüber, wie man sie besiegen kann.«
Der Pfarrer nickte und meinte: »Viel Zeit haben Sie nicht, deshalb werde ich versuchen, mich kurz zu fassen. Trotzdem muß ich etwas ausholen, denn der Beginn liegt in der Vergangenheit dieser Landschaft und dieses Dorfes begraben.«
»Das überlasse ich ganz Ihnen«, sagte ich und setzte mich entspannt hin, obwohl ich innerlich fieberte, denn die Sorge um meine Freunde wurde immer stärker und quälender.
Der alte Pfarrer hielt die Augen halb geschlossen. Von seiner Blindheit war nun nicht mehr viel zu sehen. Er atmete nur flach, als er redete. »Damals, es ist vielleicht fünf Jahre her, sah es in Nareno ganz anders aus. Wir unterschieden uns in nichts von zahlreichen anderen Dörfern des Landes. Und wenn ich sage in nichts, dann meine ich auch die Herrschaft der Mafia damit. Sie war sehr schlimm, denn die ehrenwerte Gesellschaft sorgte dafür, daß unsere Bauern auf keinen grünen Zweig kamen. Sie arbeiteten und schufteten, die Berge gaben guten Wein, er wuchs fantastisch auf diesem Boden, aber der Capo kassierte alles. Den Leuten blieb gerade soviel, daß sie existieren konnten. Der Unmut wuchs, doch niemand fand sich, um gegen den Capo anzugehen, denn seine Leute töteten sofort und schnitten den Bedauernswerten die Zungen aus den Mündern. Auch Causio litt unter dem Terror. Er wohnte nicht in diesem prächtigen Haus, das hatte dem Capo gehört. Don Causio lebte in einer bescheidenen Hütte. Des öfteren unternahm er Ausflüge in die Berge, erkundete sie und erforschte auch die Höhlen. Eines Tages kam er zurück und berichtete von den fliegenden Schlangen, die er in einer Höhle gesehen hatte und von den versteinerten Abbildern zweier Engel. Wir lachten ihn aus, doch Causio ließ sich nicht beirren. Er führte uns zur Höhle. Wir sahen die Engel, und wir holten sie bei Nacht und Nebel hervor.«
Die Rede hatte den Pfarrer angestrengt. Er bat um ein Glas Wasser, das ich ihm gern holte. Nachdem er sich erfrischt hatte, fuhr er fort. »Wir entdeckten bei den Engeln aber noch mehr. Und zwar eine Steinplatte, auf die ein eng aneinandergefügter Text eingemeißelt war. Ich habe mich immer mit alten Sprachen beschäftigt und konnte dieses uralte Latein lesen. Der Text war eine Warnung. Die Menschen sollten sich vor den schwarzen Engeln hüten, die aus einer anderen Zeit stammten, aus einem Kontinent mit dem Namen Atlantis, wenn ich das jetzt mal so übersetzen darf. Der zweite Teil des Textes befaßte sich mit der Beschwörung dieser Engel. Diejenigen, die sie beschwören, würden die Macht erringen, eine Macht, die aber nicht aus der Hand Gottes stammte, dies hatte ich sofort erkannt und warnte auch meine Mitbürger. Sie wollten nicht hören, denn sie dachten an die Mafia und an den Terror, unter dem sie zu leiden hatten. Besonders Don Causio tat sich hervor. Er überzeugte die anderen gegen meinen Willen und beschwor die beiden schwarzen Engel. Das geschah in einer finsteren Nacht, und die Beschwörung klappte sogar. Die schwarzen Engel wurden lebendig. Voller Demut fragten sie, was Causio befehle. Er bat darum, die Mafia brutal auszurotten. Das geschah auch. Die schwarzen Engel töteten jeden Mafioso. Die Leichen warfen sie in eine finstere Schlucht, wo die Knochen heute in der heißen Sonne bleichen. Dann aber diktierten die Engel ihre Bedingungen. Plötzlich fielen die Menschen hier von einer Sklaverei in die andere. Sie waren jetzt von diesen grausamen Geschöpfen abhängig. Mich blendete man, meinen Küster machte man wahnsinnig, und die Engel suchten sich Don Causio als ersten Diener aus. Die Zeit verging, die Menschen gewöhnten sich an
Weitere Kostenlose Bücher