0167 - Kampf der schwarzen Engel
die Herrschaft, aber sie hatten sich verändert. Sie gingen nicht mehr so recht ihrem Tagewerk nach, die Weinberge verkamen, und wenn Fremde in Nareno eintrafen, wurden sie manches Mal getötet.«
»Aber die Engel besaßen keine Waffen«, warf ich ein.
»Nein, Signore. Die Waffen sollten wir ihnen besorgen, doch niemand von uns schaffte es, die Schwerter aus dem Fels zu ziehen. Eine starke Kraft hielt sie fest. Bis zu dem Tag, als die schwarzen Engel endlich zwei Gastkörper fanden, damit sie vollends erstarken konnten. Es waren keine beliebigen Körper, sondern sie suchten nach bestimmten Menschen. Die fanden sie nicht in Nareno, sondern irgendwo auf der Welt. Immer wieder flogen sie weg, und jetzt müssen sie die Körper gefunden haben, denn die Schwerter befinden sich nun in ihrem Besitz.«
Da hatte der Pfarrer recht. Die Engel hatten sich wirklich die Klingen geholt.
Von den beiden Toten in Wien und London hatte ich noch keine Ahnung, für mich stand nur fest, daß die Engel leider sehr stark geworden waren.
»Das ist meine Geschichte, Signore Sinclair. Ich weiß nicht, ob es Ihnen geholfen hat.«
Ich erhob mich. »Das denke ich schon, Hochwürden«, sagte ich und reichte dem Pfarrer die Hand.
»Dann versuchen Sie, den Fluch von uns und dieser Stadt zu nehmen, Signore Sinclair.«
»Das werde ich. Aber wo kann ich die Engel finden?«
»Gehen Sie zu Don Causio. In seinem Haus steckt das Grauen. Dort werden Sie vielleicht auch die Engel finden. Aber gehen Sie schnell, die Zeit drängt.«
Der Geistliche mahnte nicht umsonst. Ich beeilte mich und verließ die Kirche durch eine Seitenpforte an der Sakristei.
Draußen traf mich abermals die Hitze. Im Innern war es kühl gewesen, hier stand die Luft und flimmerte. Die Sonne war etwas weitergewandert und blendete nicht mehr, aber wenn ich Atem holte, hatte ich das Gefühl, heiße Luft zu trinken.
Vor mir sah ich eine dichte Hecke aus Rhododendron. Die Blätter zeigten eine Staubschicht. Ich lief an der Hecke entlang und fand ein kleines Tor, das sich teilte. Dahinter lag eine Gasse, die sogar auf die Hauptstraße führte. Keinen Menschen sah ich an der Einmündung. Deshalb lief ich schnell los, drückte mich dicht vor dem Treff der beiden Straßen an die Wand und schaute auf die Hauptstraße.
Nicht weit entfernt sah ich das Haus des Don Causio. Das große Tor zum Garten stand offen. Es war eine direkte Einladung, der ich nicht widerstehen konnte.
Auf Zehenspitzen huschte ich voran. Mich machte es mißtrauisch, daß niemand auf der Straße zu sehen war. Vielleicht hielten sich Don Causios Schergen auch im Haus auf. Dort würden sie mich sicherlich erwarten.
Ich drehte es hin und her, doch ich sah keinen Ausweg, wie ich der Falle entrinnen sollte. Es gab keine Chance, ich mußte auf das Haus zu- und auch hineingehen.
Nicht sehr eilig schritt ich vor. Ich hielt mich auch nicht mehr in Deckung, sondern ging mitten auf der Straße, wo die Sonne erbarmungslos auf meinen Kopf brannte.
Schritt für Schritt näherte ich mich dem Haus. Kein Geräusch um mich herum.
Hitze und Totenstille – das war alles.
Ich erreichte das Haus. Im blühenden Vorgarten ließen die Blumen ihre Köpfe hängen und verwelkten. Ein betäubender Duft strömte mir entgegen. Er erinnerte mich gleichzeitig an die Vergänglichkeit, an den Moder, an Vergangenheit, den Tod…
Unter meinen Füßen knirschten die kleinen Steine, das Kreuz hing vor meiner Brust und schien explodieren zu wollen, wenn das Licht der Sonne es traf. Der Schweiß sammelte sich in meinem Nacken. Er rann auch über die Stirn. Tropfen blieben in meinen Augenbrauen hängen. Ich wischte sie weg.
Gern hätte ich jetzt das Schwert bei mir gehabt, das ich Destero abgenommen hatte, aber das lag in London, so leicht konnte ich es nicht transportieren.
Die Dämonenpeitsche befand sich in Sukos Händen, zusammen mit dem Stab und der Beretta. Ich trug nur das Kreuz, den Dolch und die mit geweihten Silberkugeln geladene Waffe.
Der Weg machte einen Knick, bevor er zum Eingang des Hauses führte. Es war ein regelrechtes Portal, sehr breit und mit Steinsäulen versehen, die das Vordach stützten.
Obwohl sich niemand hatte blicken lassen, wurde ich das Gefühl nicht los, von zahlreichen Augen beobachtet zu werden. Sie schienen in den Büschen und Hecken zu lauern, und die Blicke brannten sich auf meinem Rücken fest.
Ich warf einen Blick über die Schulter. Bisher hatte ich mich zusammengerissen, jetzt riskierte ich es und sah
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