0169 - Museum der Monster
Wärter.«
»Ach, der schläft.« Ernie hörte nicht mehr auf Sandys Warnungen, sondern lief los.
Sandy blieb für einen Moment stehen und nagte auf ihrer Unterlippe. Sie spielte wirklich noch einmal mit dem Gedanken, das Zelt zu verlassen, dann jedoch dachte sie daran, wie sich ihr Freund für sie eingesetzt hatte, und sie gab sich einen innerlichen Ruck. »Warte!« rief sie.
Abrupt drehte sich der Junge um. »Nicht so laut«, zischte er.
»Entschuldige.«
Man hatte das Innere des Zeltes unterteilt. Wände aus Spanplatten waren so aufgestellt, daß es regelrechte Gänge gegeben hatte. Manche standen auch im rechten Winkel zueinander. Es gab Ecken und Winkel. Die einzelnen Stücke aus dem Land der unbegrenzten Möglichkeiten standen auf Podesten. Zum Teil waren sie sogar hinter Kunststoffglas versteckt.
Sahen die Masken und Kultgegenstände bei Tageslicht schon schrecklich aus, so wirkten sie hier in der Dunkelheit beängstigend. Sie waren schaurig anzusehen, vor allen Dingen dann, wenn der Lampenstrahl über sie hinwegglitt oder zuckte. Da wirkten die grell bemalten Fratzen noch schlimmer, und im sich bewegenden Schein der Lampe sah es so aus, als würden sie ein eigenes Leben führen.
Sandy fürchtete sich.
Besonders angetan hatten es ihr die Augen der Masken und Kultgegenstände. Immer wenn sie nahe herangekommen war, glaubte sie daran, daß sich die Augen in den Höhlen bewegen würden, aber das war eine Täuschung und lag sicherlich an den dort herrschenden Lichtverhältnissen.
Bis auf ihre eigenen Schritte war es still in dem großen Zelt. Langsam näherten sich die beiden jungen Menschen dem Teil des Zeltes, wo die großen Statuen und Götterbilder der Indianer ausgestellt waren. Hier gab es keine Gänge mehr, denn die Aussteller brauchten für ihre Dinge Platz.
Plötzlich blieb Sandy stehen, denn der Lichtstrahl war auf die erste Statue gefallen.
Furchterregend sah sie aus. In ihrer Form erinnerte sie an einen Marterpfahl. Sie wuchs vor ihnen in die Höhe, war grell angemalt, und die breite Fratze an der Spitze schien die beiden jungen Menschen höhnisch anzugrinsen.
Ernie lachte, als er das Gesicht seiner Freundin sah. »Sag bloß, du hast immer noch Angst?«
Sandy nickte heftig.
»Komm weiter.« Er faßte das Mädchen unter und zog es fort. Beide wandten sich nach rechts, wo in einem Halbkreis graue Figuren aufgebaut waren, die irgendwie nicht zu den anderen passen wollten.
Sie sahen eher aus wie Überbleibsel aus der griechischen oder römischen Mythologie. Muskelbepackte Helden. Mal stehend, kniend oder sitzend. Von einem war auch nur der Kopf vorhanden; er stand auf einer brusthohen Säule.
Das Gesicht zeigte einen klassischen Schnitt. Krauses Haar war genau nachgebildet worden und ebenso ein Bart.
Vor dem Kopf blieben die beiden jungen Leute stehen. Ernie streckte die Hand aus und streichelte über den Schädel.
Kaum hatten seine Finger den Kopf berührt, da zuckten sie schon zurück.
»Was ist?« fragte Sandy.
Irritiert schüttelte Ernie den Kopf. »Nichts, eigentlich nichts, aber der hat sich so komisch angefühlt, als würde er leben.«
»Unsinn.«
»Ja. Richtig warm war das Gestein.«
Jetzt wollte es Sandy genauer wissen. Sie beugte sich vor, schaute in das Gesicht und sah auch die Augen, die seltsam weiß in den Höhlen schimmerten.
Im nächsten Augenblick fuhr sie zurück.
Die Augen hatten sich bewegt!
***
Jetzt war mir klar, was sich in der vergrabenen Schale befand. Blut!
Automatisch zog ich eine Verbindung und dachte an die beiden blutleeren Leichen. Sollte sich deren Blut vielleicht in der Schale befinden?
Das alles schoß mir in Bruchteilen von Sekunden durch den Kopf. Und mir war auch klar, daß mich der Mann entdecken würde, wenn er weiterging und ich stehenblieb.
Eine Chance hatte ich noch.
Ein seitlicher Schritt, der nicht zu hören war, brachte mich dicht an die Zeltwand, mit deren Schatten ich vollends verschmolz.
Zwei Atemzüge später passierte Peter Halifax mich. Er sah mich nicht, denn er schaute auf die mit einem Deckel geschlossene Schale, die er vorsichtig auf den Händen balancierte, damit auch kein Tropfen des kostbaren Lebenssafts verlorenging.
Mir fiel ein Stein vom Herzen, als ich den Rücken des Mannes sah. Der Kelch war an mir vorübergegangen.
Zum Glück…
Ich wartete so lange, bis die Gestalt des Mannes praktisch nur noch ein Schatten war und löste mich erst dann aus meiner sicheren Deckung.
Abermals nahm ich auf Zehenspitzen die
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