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017 - Der Engel des Schreckens

017 - Der Engel des Schreckens

Titel: 017 - Der Engel des Schreckens Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Edgar Wallace
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gehalten hätte.
    »Miss Briggerland hat Ihnen soeben mitgeteilt, daß ich sie hasse«, sagte er bedächtig, »sie hat die reine Wahrheit gesprochen: Ich hasse sie derartig - Sie können das gar nicht verstehen, Mrs. Meredith.« Er legte besonderen Nachdruck auf die letzten beiden Worte, und Lydia zuckte zusammen. »Und eines Tages, falls die ... hm ... Umstände mich verschonen -«
    »... Umstände ... verschonen«, warf Jean Briggerland ein. »Ich verstehe Sie nicht, Mr. Glover - was wollen Sie damit sagen?«
    Glover lachte, aber es war kein angenehmes Lachen.
    »Vielleicht doch«, versetzte er kurz. »Und was den armen Jim betrifft, der Sie - so sehr liebte ... nun, das werden Sie ja selbst am besten wissen. Ich bemühe mich, Ihnen gegenüber möglichst höflich zu sein und nicht zu sehr meine Befriedigung sehen zu lassen, daß Sie zu spät kamen, um diese Heirat zu verhindern! Soll ich Ihnen sagen, warum Sie zu spät kamen?« Seine Augen blitzten auf. »Weil ich mit dem Geistlichen von St. Peter heute morgen neun Uhr vereinbart hatte. Ich wußte genau, Sie und Ihre kleine Armee von Spionen würden dies herausfinden und Sorge tragen, vor diesem Zeitpunkt hierzusein. Aber ich, Miss Briggerland, wandte mich an einen guten Freund in Oxford, und heute morgen, Punkt acht Uhr, war er an Ort und Stelle; er war nämlich schon gestern abend hier eingetroffen.«
    Sie sah ihn schweigend an, ohne etwas von der Entrüstung merken zu lassen, die nach Lydias Meinung sehr berechtigt gewesen wäre.
    »Ich hatte nicht den Wunsch, diese Heirat zu verhindern«, sagte das junge Mädchen leise. »Wenn Jim es vorzog, sich in dieser Weise mit jemand zu verheiraten, der ihn nicht kannte, so kann ich nichts anderes tun, als seine Wahl anerkennen. Es tut mir so sehr leid, Mrs. Meredith, daß diese Tragödie in Ihr Leben kommen mußte. Darf ich Ihnen ein größeres Glück wünschen als das, das Sie bisher fanden?«
    Gerührt von der unverkennbaren Aufrichtigkeit und zu gleicher Zeit durch Glovers Rauhheit etwas verletzt, ergriff Lydia die warme, kleine Hand, die sich ihr entgegenstreckte. Sie war froh, einen mitfühlenden Menschen gefunden zu haben.
    »Auch mir tut es leid«, sagte sie mit schwankender Stimme. »Vielleicht mehr, als Sie ahnen.«
    Jean Briggerland senkte die Augen, und wieder zuckten ihre Lippen. Dann wandte sie sich ab, zog den Mantel um sich und verließ ohne ein weiteres Wort den Salon.
    Es war schon Mittag, als Rennetts Wagen Mrs. Lydia Meredith vor der Tür ihrer Wohnung absetzte.
    Mrs. Morgan hatte die Sorge um ihre junge Mieterin beinahe von Sinnen gebracht, und sie vergoß Freudentränen, als sie Lydia vor sich sah.
    »Oh, Miss, Sie können sich ja nicht denken, was ich mir für Sorgen gemacht habe«, stieß sie hervor, »und vom Büro hat man geschickt, wo Sie stecken. Ich dachte schon, Sie wären überfahren worden, und das ›Daily Megaphone‹ hat in allen Krankenhäusern angefragt und -«
    »Ich glaube, ich bin wirklich überfahren worden«, sagte Lydia erschöpft. »Mein armer Verstand hat unter den Rädern von wenigstens einem Dutzend Bussen gelegen, und meine Seele mußte hundert Zusammenstöße durchmachen.«
    Mrs. Morgan starrte sie verständnislos an. Der Sinn für Vergleiche ging ihr ab.
    »Es ist alles in Ordnung, Mrs. Morgan«, rief Lydia über ihre Schulter zurück, als sie die Treppe zu ihrem Zimmer hinaufging. »Ich meinte das nur so - ich habe ein paar recht aufregende Stunden hinter mir und - was ich noch sagen wollte, ich heiße Meredith.«
    Mrs. Morgan fiel auf einen Stuhl in der kleinen Halle. »Meredith?« sagte sie ungläubig. »Aber ich kannte Ihren Vater und -«
    »Ich habe mich verheiratet, das ist alles«, sagte Lydia bitter. »Sie haben mir erst gestern erzählt, daß ich eine sehr romantische Heirat haben würde, aber in Ihren wildesten Träumen würden Sie sich niemals die tolle, verzweifelte Heirat vorstellen können, die ich heute eingegangen bin. Ich lege mich jetzt hin.« Sie blieb auf dem Treppenabsatz stehen und sah auf die behäbige Frau, die sprachlos zu ihr hinaufstarrte. »Wenn jemand nach mir fragt, ich bin nicht zu Hause. Aber halt - dem ›Megaphone‹ können Sie mitteilen, daß ich sehr spät nach Hause gekommen und zu Bett gegangen bin. Ich würde morgen ins Büro kommen und alles erklären.«
    »Aber Miss«, stammelte die Frau, »Ihr Mann -«
    »Mein Mann ist tot«, versetzte das junge Mädchen ruhig. Sie fühlte, ihre Worte klangen herzlos, aber sie konnte beim besten

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