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017 - Der Engel des Schreckens

017 - Der Engel des Schreckens

Titel: 017 - Der Engel des Schreckens Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Edgar Wallace
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zurückzufahren.«
    »Zurück nach London?« wiederholte er überrascht. »Ich dachte, du wolltest noch einen Monat hierbleiben.«
    »Wahrscheinlich werde ich das jetzt auch tun.« Sie zog einen Korbsessel heran und setzte sich an seine Seite. »Gib mir eine Zigarette, bitte.«
    »Du rauchst in letzter Zeit sehr stark«, sagte er, als er ihr das Etui hinhielt.
    »Das weiß ich.«
    »Deine Nerven überanstrengt?«
    Jean blickte ihn von der Seite an; ihre Lippen kräuselten sich.
    »Wäre es so merkwürdig, wenn ich etwas von deiner Zaghaftigkeit geerbt hätte?« fragte sie kühl. Er brummte in seinen Bart hinein. »Nein, meine Nerven machen mir keinen Kummer, aber eine Zigarette hilft mir beim Nachdenken.«
    »Zaghaftigkeit - Angst wolltest du sagen!« Mr. Briggerland war sichtlich gekränkt. »Und seit fünf Uhr morgens bin ich schon auf und -« Er brach ab.
    »Und?« fragte sie neugierig.
    »Ach . . . nichts!«
    So saßen die beiden geraume Zeit, jeder mit seinen Gedanken beschäftigt.
    »Jean.«
    »Ja?« sagte sie, ohne den Kopf zu wenden.
    »Hältst du es nicht wirklich für besser, wir geben das -das hier auf und fahren nach London zurück? Lord Stoker wartet ja nur auf dich.«
    »Aber ich nicht auf ihn«, versetzte sie entschieden. »Er hat sein Offiziersgehalt, fünfhundert Pfund Zinsen, zwei über und über verschuldete Besitzungen, einen Titel und keinen Verstand. Was nützt mir der Titel? Gar nichts!«
    Er kicherte.
    »Glaubst du, daß der Anwalt in das Mädel verschossen ist?«
    »Jack Glover?«
    Mr. Briggerland nickte.
    »Ich glaube - ja«, sagte Jean überlegend. »Weißt du, ich habe Jack gern - er ist ein kluger Mensch. Er besitzt all die moralischen Vorzüge, die man so sehr - bei den anderen bewundert. Ich könnte mich sogar in ihn verlieben.«
    »Und er?«
    »Niemals«, antwortete sie kurz. »Jack wäre glücklich, wenn er mich an derselben Stelle in Old Bailey sehen würde, wo Jim Meredith verurteilt wurde. Nein, über Jacks Gefühle mir gegenüber mache ich mir gar keine Illusionen.«
    »Ich nehme an, er ist hinter Lydias Geld her.«
    »Mach dich doch nicht lächerlich«, war die ruhige Antwort. »Männer wie Jack machen sich keine Gedanken um das Geld des Mädchens, das sie lieben. Ich wünschte, Lydia wäre tot«, fügte sie ohne jeden Groll hinzu. »Das würde alles so sehr vereinfachen.«
    Mr. Briggerland schien etwas hinunterzuschlucken.
    »Manchmal kannst du einem einen Schreck einjagen, Jean.«
    Das junge Mädchen lachte leise auf.
    »Du bist auch nur - halb und halb.« Eine verächtliche Note schwang im Ton ihrer Worte mit. »Du warst völlig bereit, Jim Meredith zu ermorden, wie du auch den armen kleinen Bulford ermordet hast, und doch wimmerst und heulst du, wenn man dir die Dinge beim richtigen Namen nennt. Was macht es aus, ob Lydia jetzt oder in fünfzig Jahren stirbt? - Die Heiligkeit, die Unverletzlichkeit des menschlichen Lebens sind lächerliche Begriffe -erfunden von Feiglingen, die den Tod fürchten - wie du.«
    »Und du - fürchtest du ihn nicht?« fragte ihr Vater leise.
    »Ich - ich fürchte ein Leben ohne Geld, ich fürchte die endlose Arbeit für einen anspruchsvollen Vorgesetzten, die Fahrten in den überfüllten Bahnen, die ständige Sorge um das tägliche Brot. Bei Nacht und Nebel aufstehen, mein Bett machen, Taschentücher und Blusen selbst waschen, den vorjährigen Hut umgarnieren, daß er aussieht wie ein diesjähriger - das sind die Dinge, die ich fürchte!«
    Sie stäubte Asche von ihrem Kleid und stand auf.
    »Unser Leben in Ealing habe ich noch nicht vergessen«, sagte sie bedeutungsvoll.
    Sie blickte über die Bucht von Monte Carlo, das im Morgensonnenschein herüberschimmerte, nach der smaragdgrünen Spitze von Cap d'Ail, nach Beaulieu, dem in graue Felsen gebetteten Juwel der Côte d'Azur.
    »Es stehet geschrieben«, sagte sie schwermütig und ließ ihn mitten in einer Frage stehen, die er an sie richten wollte. Sie schlenderte ins Haus zu Lydia zurück, die in einem neuen, silbergrauen Kleid entzückend aussah.

Kapitel 20
    »Haben Sie schon das Rätsel des triefenden Bettes gelöst?« fragte Jean.
    Lydia lachte.
    »Ich habe mich nicht weiter darum gekümmert«, sagte sie. »Die arme Mrs. Cole-Mortimer war außer sich.«
    »Kann ich mir denken - ihr eigenes Daunenbett!«
    Dies war auch für Lydia der erste Hinweis, daß die Villa möbliert gemietet worden war.
    Kurze Zeit später fuhr sie nach Nizza. Lydia fiel die Bemerkung Jack Glovers über den Chauffeur

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