017 - Orungu - Fratze aus dem Dschungel
gefallen war. Von dem Toten war nur ein aus dem Straßengraben
ragender Schuh zu sehen gewesen. Blindlings war Cechoir daran vorbeigefahren,
ohne dies zu bemerken. X-RAY-3 aber war es nicht entgangen, und er hatte kurz
gehalten, um nach dem Rechten zu sehen. Als er erkannte, dass hier nicht mehr
zu helfen war, hatte er den Toten vollends in den Straßengraben gezogen, um zu
verhindern, dass der Geschäftsfreund Cechoirs auf die Leiche aufmerksam wurde
und sich vielleicht dadurch irritieren ließ.
Und nun war der Mann da.
Die grauen Gehirnzellen Larry
Brents arbeiteten auf Hochtouren. Er versuchte die Dinge, die er angetroffen
hatte, in das Bild einzureihen, das Kunaritschews und er inzwischen von diesem
makabren Fall Leichenraub und -Versand gewonnen hatten. Der Tote am Straßenrand
- und der zweite Tote im Grab Nummer K 17 passten nicht in das Bild. Hier ging
noch etwas anderes vor. Und auch Cechoir selbst hatte dies zu spüren bekommen.
Als der Mann raschen Schritts
herankam und sich mit leiser Stimme erkundigte, ob alles in Ordnung wäre, da
machte der Sonderagent keinen langen Prozess. Im Handumdrehen war der
Überraschte überrumpelt. Mit einer Nylonschnur fesselte Larry den Franzosen.
Der Mann erwies sich hartnäckiger
als Cechoir. Kein Wort kam über seine Lippen. Er sprach weder über seine
Aufgabe noch verriet er seinen Namen. Papiere trug er nicht bei sich.
»Das Ganze ist im Moment auch nur
von zweitrangiger Bedeutung«, sagte X-RAY-3 gelassen. Der verhinderte
Leichenempfänger war etwa so groß wie Brent. Etwas schmaler. Sein Gesicht war
männlich geschnitten, mit einer etwas zu großen Nase. Der Mann unterstrich
seine äußerst gepflegte Erscheinung dadurch, dass er ein Toupet trug, um sich
eine Haarfülle zu verleihen, über die er nicht mehr verfügte. Leider war bei
dem kurzen Zweikampf mit dem PSA-Agenten diese Zierde verrutscht, so dass das
Aussehen des Franzosen etwas gelitten hatte.
Larry verfrachtete den zweiten
Gefangenen ebenfalls im Geräteschuppen und suchte dann seinen Wagen auf. Über
das Autotelefon rief er das Bezirkskommissariat in Marseille an und wurde wenig
später direkt mit der Wohnung des Kommissars verbunden.
»Die Dinge sind in Fluss geraten,
Montand«, sagte Larry. Kurz und präzise erfolgte sein Bericht, wie man es von
ihm gewohnt war. X-RAY-3 arbeitete seit seiner Ankunft mit dem Bezirkskommissar
Montand zusammen, der sich an die PSA gewandt hatte, als die Dinge ihm über den
Kopf zu wachsen drohten. »Allerdings gibt es jetzt einige Akzente, die einer
sofortigen Nachprüfung bedürfen«, schloss der Amerikaner.
»Ich komme sofort, Monsieur
Brent«, beeilte Montand sich zu sagen. Die schläfrige Stimme, mit der er sich
gemeldet hatte, war wie weggewischt.
Montand und seine Leute beeilten
sich. Schon nach einer halben Stunde tauchten die Scheinwerfer der beiden Wagen
in der Dunkelheit auf. Montand war der erste, der aus dem Wagen sprang und auf
den am Friedhofstor stehenden Agenten zuging. Während Montand die Dinge an Ort
und Stelle besichtigte und die beiden Gefesselten von einem Polizeiwagen zur
Vernehmung nach Marseille schaffen ließ, zeigte Larry zwei anderen Beamten des
Stabes den Toten im Straßengraben. Hier wurden Spuren gesichert, und die harte
Routinearbeit begann. Bei den Untersuchungen an Ort und Stelle stießen die
Beamten auf das ausgebrannte Autowrack in der Kurve nach St. Remy.
Und dieser Fund machte die
Vorgänge auf dem kleinen Friedhof noch rätselhafter.
X-RAY-3 versuchte eine klare Linie
zu finden.
Da war der Totengräber Cechoir. Er
und sein Mitspieler waren lediglich an dem Grab Nummer K 17 interessiert, in
dem eine zwei Tage alte Leiche lag. Der Ankunft Cechoirs war offensichtlich
etwas vorausgegangen.
Die Gedanken von X-RAY-3
überschlugen sich. Er konnte es kaum erwarten, bis der untersuchende Arzt das
erste Ergebnis mitteilte.
Für den Amerikaner war es vor
allen Dingen wichtig zu erfahren, wie der Bärtige in dem Grab zu Tod gekommen
war.
Der Arzt, ein Bursche, den man
eher in einem Catcherring vermutet hätte als hinter einem Schreibtisch, sagte:
»Das ist mir ein Rätsel. Ich kann selbstverständlich noch nichts Genaues sagen.
Ich muss weitere Untersuchungen vornehmen, die mir hier, an Ort und Stelle,
nicht möglich sind. Aber soviel lässt sich doch erkennen: Der Mann war
kerngesund. Äußere Verletzungen sind nicht festzustellen. Nach einer Vergiftung
sieht er mir auch nicht aus. Auf alle Fälle müssen wir obduzieren, dann
Weitere Kostenlose Bücher