017 - Orungu - Fratze aus dem Dschungel
nickte.
»Ich weiß. Ich habe Sie die ganze
Zeit beobachtet. Wir wissen, dass Sie einer der Leichenräuber sind. Wir kennen
inzwischen auch einige Abnehmer. Die Umgebung von Marseille ist nicht der
einzige Ort, wo Leichen ein oder zwei Tage nach der Bestattung gestohlen
wurden. Es wäre vielleicht gut, wenn Sie ein umfassendes Geständnis ablegen
würden, Cechoir .«
»Sie kennen - meinen Namen ?«
»Ich beobachtete Sie seit drei
Tagen. , Ich weiß, wie Sie leben, ich kenne die Menschen, mit denen Sie sich
treffen. - Und deshalb ist mir auch Ihr einträglicher und makabrer Nebenjob
nicht entgangen. Mein Vorschlag ist gut gemeint, Cechoir. Sie sind nur ein
Werkzeug. Das wird auch der Staatsanwalt berücksichtigen, wenn es zum Prozess
kommt .«
»Prozess?« Daran schien der
Totengräber nie gedacht zu haben. Seine Gedanken hatten sich nie mit einer
solchen Möglichkeit beschäftigt. Er war der festen Überzeugung gewesen, dass
seine Taten ewig unentdeckt bleiben würden.
»Sie sollten sich beeilen«, setzte
X-RAY-3 seine Ausführungen fort, während er den Totengräber beim Kragen nahm
und ihn langsam aus der Gruft emporzog. »In spätestens zwanzig Minuten wird Ihr
Abnehmer hier eintreffen, um die Leiche in Empfang zu nehmen. Bis dahin sollten
wir unser Gespräch beendet haben. Ich muss mich nämlich auch noch um den Herrn
kümmern, der dann hier eintrifft. Dazu muss ich beide Hände freihaben. Der Herr
soll mir nicht entwischen .«
»Woher wissen Sie ?«
»Ich war der Lauscher an der
Holztür, Cechoir. Tut mir leid. Aber das bringt mein Beruf so mit sich. Ich
habe alles gehört - und dann bin ich Ihnen gefolgt. Der Beweis ist erbracht:
Sie sind hierher gekommen, um die Leiche zu holen. Und der andere wird kommen,
um sie wegzuschaffen. Teamwork. Und nun reden Sie sich Ihre Sorgen von der
Leber. Ich bin überzeugt davon, dass Sie die ganze Geschichte in ein paar
Sätzen zusammenbringen. Sie sind nur ein kleines Rädchen in einem
offensichtlich größeren Getriebe .«
Cechoir ließ die Schultern sinken.
Er war kein großer Kämpfer. Er sah seine Felle davonschwimmen. Da, zu seinen
Füßen, lagen zwei Leichen - und eine davon war einhundert Francs wert. Solche
Geschäfte würde er niemals wieder machen. Und plötzlich hatte er auch davor
Angst, seine jetzige Stelle als Totengräber zu verlieren. Wenn seine
Schandtaten ans Tageslicht kamen, dann . ..
Er nickte resigniert. »Sie sollen
alles erfahren, Monsieur«, sagte er kaum hörbar. Larry hatte den Franzosen
richtig eingeschätzt. Cechoir sah keinen Ausweg mehr aus seiner Situation. Er
wollte reinen Tisch machen. »Die Geschichte ist gleich erzählt .«
So erfuhr X-RAY-3 all die Dinge,
die unmittelbar Cechoir betrafen. Allerdings war der Franzose nicht in der Lage,
die Namen seiner Hintermänner zu nennen. Er konnte sie nicht einmal
beschreiben.
»Das macht nichts«, entgegnete
Larry Brent, als Cechoir geendet hatte. »Den ersten werden wir in wenigen
Minuten persönlich kennenlernen .«
Der Totengräber war einsichtig genug,
bis zu diesem Zeitpunkt gefesselt und geknebelt im Geräteschuppen Platz zu
nehmen, während Larry Brent am Grab hantierte und auf die Ankunft des Mannes
wartete, mit dem Cechoir verabredet war. Der Fremde musste völlig überrascht
werden. Es war ausgeschlossen, dass er auf den abgestellten Wagen des Agenten
aufmerksam wurde. X-RAY-3 hatte den Lotus gut getarnt in dem kleinen Waldstück
abseits des Friedhofs abgestellt. Der Agent war froh, über den schnellen und
wendigen Wagen zu verfügen. Eine amerikanische Militärmaschine vom Typ »Galaxy«
hatte den Wagen von den Staaten mitgebracht. Von Paris aus war Larry dann
Richtung Marseille gefahren. In der Hauptstadt des Landes hatte er seinen
Freund und Kollegen Iwan Kunaritschew zurückgelassen. Die Freunde bearbeiteten
den undurchsichtigen und makabren Fall gemeinsam.
Brent brauchte nicht lange zu
warten. Der geheimnisvolle Mittelsmann tauchte zur verabredeten Zeit auf. Larry
sah einen dunklen Schatten den Weg entlangkommen.
X-RAY-3 stand noch am Grab. Er
hatte den Sarg unberührt gelassen. Vor seinen Füßen lag die junge Frau in ihrem
weißen Totenkleid, das sich hell von dem dunklen Boden abhob.
Ein kaum merkliches Aufatmen kam
über Brents Lippen. Während seiner Verfolgungsfahrt hinter dem Renault her war
er auf den toten Claude am Straßenrand aufmerksam geworden. Der Mann wies eine
Reihe äußerer Verletzungen auf, die darauf hindeuteten, dass er aus einem
fahrenden Auto
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