017 - Orungu - Fratze aus dem Dschungel
werden
wir mehr wissen .«
Bis nach Mitternacht hatten die
Männer um Montand auf dem Friedhof und in der Umgebung zu tun.
Larry zog sich einmal in seinen
Lotus Europa zurück und wählte das Amt an.
»Guten Abend, Klingelfee. Würden
Sie mir noch einen Gefallen tun ?«
»Wenn es sein muss, Monsieur .«
»Es muss. Ein Freund in Paris
erwartet meinen Anruf. Schaffen Sie das heute noch? Von Marseille eine
Verbindung nach Paris durchzuführen? Schwerarbeit, ich weiß, bei dieser
Entfernung .«
Das Mädchen am anderen Ende der Strippe
lachte.
»Bitte, nennen Sie mir die Nummer .«
Larry nannte die Nummer des
Hotels, in dem Iwan Kunaritschew untergebracht war. Er erreichte den
Nachtportier, aber nicht seinen Freund. Der Russe war noch nicht in sein Zimmer
zurückgekehrt.
»Dann versuche ich es später noch
einmal, danke«, sagte Larry und klappte das Telefon in das Armaturenbrett
zurück. Dass Iwan noch nicht auf seinem Zimmer war, beschäftige ihn. Sie hatten
abgesprochen, spätestens um Mitternacht miteinander zu sprechen. Vielleicht war
dem Russen etwas dazwischengekommen. Vielleicht saß er in der Klemme,
vielleicht... Es gab so viele Möglichkeiten. Er wusste selbst, wie aufregend
und strapaziös das Leben eines PSA-Agenten sein konnte.
Bevor X-RAY-3 der Kolonne nach
Marseille vorausfuhr, führte er noch ein Gespräch unter vier Augen mit Bezirkskommissar
Montand. Der Franzose zeigte offen seine Sorge.
»Ein neuer Fall, glauben Sie ?« fragte er, als er Larrys nachdenkliche Miene sah.
»Ich glaube, wir sind durch Zufall
auf etwas gestoßen, das mit dem Leichenraub gar nichts zu tun hat .«
Er hatte recht. Genau achtzehn
Stunden später erfolgte der große Knall!
●
Am nächsten Abend saß Philip
Garcienne in einem Bistro vor einer Flasche Rotwein. Seine Freunde saßen mit
ihm am Tisch. Die Männer sprachen über die letzten Neuigkeiten in der Stadt,
und einer machte sich darüber lustig, dass Garcienne den frühen Abend schon
wieder in einem Bistro verbringe.
Philip reagierte ziemlich scharf.
»Ihr habt aber noch nie erlebt, dass ich den ganzen Abend hier verbringe, oder ?«
»Streit mit Lynne ?« wollte ein anderer wissen und biss die Spitze einer
Zigarre ab.
»Unsinn«, entgegnete Philip.
»Sie macht wieder Überstunden, ihr
Trottel«, meinte ein dritter, der es ziemlich genau zu wissen schien. »Für
ihren Chef tut Lynne alles. Aber sie ist Philip dennoch treu .«
Die letzten Worte klangen ein
wenig spitz, aber Philip Garcienne überging diese Bemerkung, als wäre sie gar
nicht gefallen.
Er schob seinen Stuhl zurück und
erhob sich.
»Es ist viertel vor acht. Ich muss
Lynne abholen .«
»Wie ich gesagt habe«, freute sich
der letzte Sprecher.
»Du bist gut unterrichtet, Andre«,
sagte Garcienne. Er zupfte seine Krawatte zurecht .
»Lynne macht tatsächlich Überstunden. In zwei oder drei Tagen allerdings wird
diese Mehrarbeit zu Ende sein. Da sind einfach eine Menge Geschäftsbriefe, die
nicht liegenbleiben dürfen, die termingerecht erledigt werden müssen. Und
deshalb ist Lynne abends um acht noch im Büro .«
Er sah nur in grinsende Gesichter.
»Ihr seid wirklich komische Freunde«, bemerkte Garcienne, als er schon an der
Tür stand. Mit einer Kopfbewegung wies er auf die halbleere Rotweinflasche, die
noch auf dem Tisch stand. »Trinkt sie leer - auf mein Wohl. Und denkt daran: Es
hat keinen Sinn, mir Lynne zu missgönnen. Sie liebt mich wirklich. Und wir
passen sogar zusammen .«
Mit diesen Worten zog er die
Glastür hinter sich zu.
Die Luft war kühl und feucht. Wie gestern
Abend. Doch zum Glück regnete es nicht.
Philip Garcienne atmete tief die
frische Luft ein. Eine Weile hörte er noch das Lachen und die Stimmen hinter
den erleuchteten Fenstern des Gasthauses, dann lagen auch die letzten Wohnhäuser
hinter Garcienne.
Die Straße führte ein wenig
bergauf. Nach einem Weg von etwa fünfhundert Metern bog Garcienne in einen
Seitenpfad ein. Er musste an der Mauer des alten Friedhofs vorbei, der um diese
Zeit schon geschlossen war.
Die kleine Fabrik, in der Lynne
arbeitete, lag ungefähr zwei Kilometer außerhalb der Ortschaft. Es waren
mehrere flache Gebäude, in denen ein junger, geschäftstüchtiger Fabrikant
angefangen hatte, Zubehörteile für die elektronische Industrie zu produzieren.
Aus einem kleinen Raum, in dem man zwei Arbeiter angestellt hatte, waren
inzwischen vier lange Fabrikgebäude geworden, welche voll der Produktion
dienten.
Lynne Mignon hatte vor
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