0170 - Entführt in die Schattenwelt
bekommen!«
***
Eileen O’Shea war eine kleine, zarte junge Frau, deren hellrotes Haar und helle, sommersprossengepunktete Gesichtshaut deutlich auf ihre irischen Vorfahren hindeuteten. In dem matten Licht der abgedunkelten Wandleuchte wirkte sie seltsam krank und schmal.
Doktor Wellington legte leicht seine Hand auf ihren Arm. »Wenn Sie sich zu schwach fühlen, Eileen«, sagte er leise, »dann werden wir natürlich auf Sie Rücksicht nehmen und die Seance auf morgen verschieben!«
Karmann warf ihm einen spöttischen Blick zu.
Das Mädchen runzelte die Stirn. Ihre sensiblen Sinne registrierten die Spannung, die zwischen den beiden Männern knisterte, und sie fühlte, daß Karmann ungeduldig und zornig war.
Lächelnd schüttelte sie den Kopf. »Machen Sie sich keine Sorgen, Doktor!« erwiderte sie. »Es macht mir wirklich nichts aus.«
Karmann stieß geräuschvoll die Luft aus der Lunge. »Können wir beginnen?« fragte er barsch.
Eileen nickte. »Sie haben noch nie an einer Seance teilgenommen, Mister Karmann?«
Der Industrielle schüttelte den Kopf. Ein ironisches Lächeln stahl sich in seine Züge, aber es verschwand sofort wieder, und das Mädchen war sich nicht sicher, ob sie es tatsächlich gesehen oder sich nur eingebildet hatte.
»Einige Dinge müssen beachtet werden«, erklärte sie ruhig. »Es ist wichtig, daß wir während der ganzen Sitzung Körperkontakt haben! Berühren Sie bitte meine Finger - und was auch geschieht, was Sie auch sehen, hören oder spüren, lassen Sie auf keinen Fall los, denn sonst ist alle Anstrengung vergebens gewesen.«
Eileen legte ihre Hände auf den Tisch und wartete, bis sie Wellingstons und Karmanns Finger an den ihren fühlte, dann schloß sie die Augen und begann in tiefen, regelmäßigen Zügen zu atmen.
Wellington senkte die Lider und beobachtete das Mädchen. Trotz ihrer Zusicherung ahnte er, daß er sie über Gebühr strapazierte. Sie hatté in der letzten Zeit zu oft die Tür zu der Welt neben der Wirklichkeit aufgestoßen und zuviel Dinge gesehen, die ihre Seele belasten mußten. Ihn schauderte unwillkürlich, als er an die Berichte zurückdachte.
»Entspannen Sie sich!« flüsterte das Mädchen.
Wellingten lockerte seine Muskeln und bemühte sich, alle anderen Gedanken zu verdrängen. Ein merkwürdiges Gefühl des Unwohlseins erfaßte ihn, eine dumpfe Ahnung, deren Ursprung nicht genau auszumachen war.
»Bitte entspannen Sie sich!« wiederholte Eileen O’Shea.
Der Parapsychologe schluckte, und er fragte sich, ob Karmanns Gegenwart etwas mit seiner Nervosität zu tun hatte.
Aber dann gelang es ihm endlich, jene gewisse innere Ruhe zu erlangen, die für das Gelingen der Seance nötig war.
Seine Verbindung mit seinem Körper verdünnte sich auf seltsame Weise. Ihm schien, als würde er schweben. Dunkelheit umgab ihn. Einsamkeit, doch nur für wenige Sekunden, dann registrierte er deutlich die Anwesenheit zweier anderer Geister - Karmann und Eileen.
Ein sanfter Druck erfaßte ihn und führte ihn in Richtung eines winzigen, in seiner Helligkeit fast schmerzhaften Punktes. Rasend schnell gewann der winzige Riß in der allgegenwärtigen Finsternis an Ausmaß, verbreitete sich blitzartig, bis er alles erfüllte.
Wellington wurde heiß. Sein Geist schien in Flammen zu stehen. Voller Panik krümmte er sich zusammen und stieß einen lautlosen, entsetzten Schrei aus, dann drangen beruhigende Impulse auf ihn ein.
Eileen!
Dankbar nahm er ihren Trost entgegen und fragte sich gleichzeitig voller Verwirrung, warum diesmal alles so anders als sonst war. Irritierte ihn Karmann derart, daß er seine Beherrschung zu verlieren drohte?
Dann durchstießen sie den flammenden Ball und stießen in ein Universum des Entsetzens ein.
***
Wellingtons erster Eindruck war der völligen Chaos’. Sie schwebten über einer grauen, öden Ebene, die sich ständig in Bewegung befand, sich krümmte und zusammenzog, rollte und stampfte, stöhnte und eruptierte.
Der Himmel war eine Fläche aus obszönem Grün, eine neblige Kloake, in der man schattenhafte, verstümmelte Kreaturen erkennen konnte - in alptraumhafter Qual verzerrte Fratzen, sabbernde Münder, boshaft funkelnde Augen, deren Blicke allein genügten, Angst zu entflammen.
Ein stinkender, schwefliger Wind wehte seufzend durch den fettigen Nebel, trieb ihn auseinander, legte für Sekunden grauenhafte Szenen von Folter und Pein frei, in denen teuflische Wesen längst vergessen geglaubte Riten zelebrierten.
Wimmern und
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