0171 - Die Hexe vom Hyde Park
stieß einen Pfiff aus.
Niemand reagierte.
»Wo sind die Hunde?« schrie sie.
Die Henker hielten inne. Keiner von ihnen wusste eine Antwort.
Larissa ballte voller Wut die Hände. Sie lief ein paar Schritte am Ufer entlang und pfiff ein zweites Mal.
Diesmal allerdings lauter.
Die Hunde meldeten sich nicht. Geduckt blieb Larissa stehen. Ihre Augen wurden schmal. Sie überlegte, was geschehen sein konnte und wandte sich dann an Lady Sarah.
»Hast du gesehen, was mit ihnen geschehen ist?«
»Nein!« krächzte die Horror-Oma, denn das Sprechen fiel ihr schwer.
»Wenn sie sich nicht melden, sind sie tot!« flüsterte Larissa. »Aber wer kann sie umgebracht haben?« Sie gab sich selbst eine Antwort auf die Frage. »Dieser verfluchte Sinclair. Der verdammte Hund. Er hat sie getötet!« Abermals stampfte sie mit dem Fuß auf. »Es ist egal, du wirst davon nichts mehr haben, Alte. Dich werden wir ertränken. Schafft sie endlich ins Wasser!«
Lady Sarah stemmte sich in den Boden, doch die Kräfte der Henker waren zu stark. Ihnen hatte sie nichts entgegenzusetzen.
Würgende Angst setzte sich in ihrer Kehle fest, als die ersten Wellen ihre Füße umspielten. Der rechts neben ihr stehende Mann löste seinen Griff und schlug statt dessen die Finger wie eine Schraubzange in ihren Nacken.
Lady Sarah stöhnte.
Dann drückte der Henker sie tiefer.
Der andere trat ihr die Beine weg.
Lady Sarah fiel. Mit dem Gesicht landete sie im feuchten Schlamm.
Sofort schoben die beiden Henker sie weiter. Wie lange, gierige Arme griffen die Wellen nach ihr, überspülten ihren Kopf und auch schon die Hälfte des Körpers.
Lady Sarah hörte nichts mehr, sie sah nichts mehr. Sie fühlte nur das Wasser und den Schlamm, in dem ihr Gesicht steckte…
***
Ich hatte Glück im Unglück. Als ich zum erstenmal auftauchte, um Luft zu holen, stieß ich mit dem Kopf genau unter das auf dem Wasser treibende Brett.
Zuerst wollte ich einen Fluch ausstoßen, doch nach einer blitzschnellen Überlegung erkannte ich die Chance, die das Brett mir bot.
Ich konnte es als Deckung benutzen. Wenn ich mich daran festklammerte und mich dahinter hielt, wurde ich von den Personen am Ufer sicherlich nicht so rasch bemerkt.
Der Gedanke war kaum in meinem Gehirn aufgeflammt, als ich ihn in die Tat umsetzte. Mit beiden Händen umfaßte ich das hintere schmale Ende des Bretts und schwamm nur noch mit den Beinen, wobei ich mich am Holz festhielt.
Bevor ich etwas untertauchte, warf ich noch einen Blick über das Wasser. Glenda war nicht zu sehen. Hoffentlich hatte sie meinen Ratschlag befolgt und war dem Ufer entgegengesetzt geschwommen.
Ich bewegte mich weiter. Zuerst hatte ich leichte Schwierigkeiten, dann ging es besser. Ich gewöhnte mich an das Brett, das ich so leicht vor mir herschob.
Hin und wieder brachte ich den Kopf über Wasser, um Luft zu holen.
Dabei fiel mein Blick auch zum Ufer.
Es war dunkel, aber ich sah die Gestalten trotzdem. Die schmale Person zwischen den breitschultrigen Kerlen, das musste Sarah Goldwyn sein. Wie es aussah, wurde sie zum Ufer und damit ins Wasser gezerrt. Was die Henker vorhatten, war nicht schwer zu erraten.. Sie wollten Sarah töten.
Die Horror-Oma war in der letzten Zeit nicht nur zu einer guten Freundin, sondern manchmal sogar zu einer Partnerin geworden. Ich musste ihr helfen.
Ich schaffte es tatsächlich, noch schneller zu schwimmen. Jetzt kam es auf jede Sekunde an.
Die Gestalten die Sarah Goldwyn festhielten, kannten kein Erbarmen.
Sie nahmen keine Rücksicht auf die Kräfte und das Alter der Frau, sie wollten ihren Tod.
Meine Füße erfaßten bereits den Grund. Ich watete im Schlamm, der hoch bis zu den Schienbeinen reichte und durch meine Schritte weiter aufgewühlt wurde.
Wolkenförmig trieben die kleinen Teile an die Oberfläche, das Wasser wurde schmutziger Ich duckte mich zusammen, weil ich bereits über das Brett schauen konnte.
Da genau drückten die verdammten Peiniger das Gesicht der Sarah Goldwyn ins flache Wasser.
Aus war es mit der Tarnung. Nun ging es um das nackte Leben der alten Lady.
Ich schleuderte das Brett zur Seite, warf mich vor, stolperte durch das Wasser, das schaumig hoch spritzte.
»Da!« schrie die Hexe, denn nun hatte sie mich entdeckt.
Ich stürzte bereits auf den ersten Henker zu. Beide Fäuste wuchtete ich in seinen Nacken.
Der Hieb hätte einen Ochsen gefällt, aber vor mir stand ein dämonisches Wesen. Es wurde zwar zurückgeworfen, knickte auch ein, aber es kam wieder
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